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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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er ein sehr produktiver Naturforscher, und ich darf hinzufügen, dass des guten Geheimrat Goethes Begeisterung, der Natur das eine oder andere Geheimnis zu entreißen, von eben diesem Buchholtz stammt!“
    Lewis nickte.
    Böttiger wollte noch etwas sagen, sein Blick wanderte zur Seite, dann schien er es sich anders zu überlegen und wandte sich um, wobei er zur entfernten Seite des Marktplatzes deutete. „Dort hinten ist das Gasthaus Zum Elephanten , ebenso gewaltig und berühmt wie sein Namenstier. Ein sehr angenehmes Haus, obwohl ich Ihnen keineswegs einen neuerlichen Umzug empfehlen möchte – Sie haben Ruhe nötig.“ Ehe Lewis etwas erwidern konnte, sprach Böttiger weiter. „Direkt daneben wohnt der geschätzte Wieland. Gegenwärtig, möchte ich hinzufügen, denn trotz seines fortgeschrittenen Alters und seines Kindersegens scheint er nicht müde zu werden, den Wohnort zu wechseln. Er ist seit seiner Ankunft in Weimar vor rund zehn Jahren schon dreimal umgezogen, und ich zweifele nicht daran, dass er es auch noch weitere drei Male tun wird. Ein richtiggehend rastloser Mensch, unangebunden geradezu, was sich, nun ja, nicht wenig in seinen Worten, ob geäußert oder niedergeschrieben, niederschlägt. All dieses Hin und Her muss ja seinen Effekt haben!“
    Lewis begann, sich zu fragen, was Böttiger zu seiner solch strikten Ablehnung, ja Missbilligung von Wohnungswechseln und Umzügen bewogen haben mochte.
    Er sah, dass Böttiger Schweiß über die Schläfen lief, obwohl es so heiß nicht war. Am Himmel zeigten sich etliche Wölkchen, welche die Sonnenstrahlen zu mildern wussten. Böttiger schritt eilig auf einen nahen Brunnen zu und bedeutete Lewis halbherzig, ihm zu folgen. Böttiger tauchte die Hände bis zum Puls ins kühle Wasser, hielt sie dort einige Atemzüge und netzte dann sein erhitztes Antlitz. Währenddessen betrachtete Lewis diskret den Schmuck des Brunnens, der aus einer Neptunfigur bestand, die aus dem wassergefüllten, steinernen Rund aufragte wie aus der ausnahmsweise gnädigen und ruhigen Weltsee.
    Böttiger schnaubte kurz und wandte sich dann wieder an Lewis. Er schien erfrischt und wiederhergestellt, nichts erinnerte an seine vorige Schwäche als einige dunkle Wassertropfen auf dem hellen Rock. Munter sprach er weiter, als sei nichts geschehen, deutete auf ein Haus direkt gegenüber. „Hier, junger Master Lewis, wohnt eines der verehrtesten und gefeiertsten Geschöpfe der Kunst, auch wenn sie keine Zeile Schrift aufs Papier geworfen hat, wie sonst alle hier ansässigen Größen. Vielmehr zeigt sie sich kreativ in der leider so vergänglichen Kunst der Stimme. Hier wohnt die Bühnendame Corona Schröter. Da oben, im Haus neben der Apotheke, im Dachgeschoss. Goethe hat sie in jungen Jahren nach Weimar geholt, und sie war die Seele des Theaters.“ Böttigers Gesichtsausdruck wurde etwas säuerlich, und seine Stimme nahm nach dieser Lobeshymne wieder den gleichen schnappenden Unterton an wie bei seinen früheren Tratschereien. „Allerdings war das vor meiner Zeit, ehe ich selbst nach Weimar kam, nun ja.“ Er wies zu einer Straße, die vom Marktplatz wegführte. „Wir sollten weitergehen, es ist noch ein Stück.“
    Auf dem weiteren Weg schwatzte Böttiger, dann und wann von einem kleinen Kommentar über diesen oder jenen Passanten unterbrochen, und schließlich bogen sie in eine Gasse ein, die Ackerwand hieß.
    „Ich weiß leider nicht genau, wo er sich derzeit aufhält“, gestand Böttiger.
    Lewis zuckte mit dem Kopf. „Wie meinen Sie das? Ich dachte, wir würden erwartet?“
    „Natürlich werden wir das“, sagte Böttiger geschwind. „Ich weiß nur nicht ...“ – er nestelte an einem Knopf seines Rockes, der sich zu lösen schien – „... wo.“
    „Was meinen Sie damit?“
    „Nun, derzeit befinden wir uns auf dem Weg in die Marienstraße, dort liegt das sogenannte Große Jägerhaus, in dem Goethe bislang wohnte …“
    „Warum bislang?“, fragte Lewis unschuldig, obwohl er ahnte, wo der Grund zu suchen lag.
    „Weil er ... umzieht“, knirschte Böttiger. „Weil er wieder ins Haus am Frauenplan zieht. Helmershausen, der frühere Besitzer und auch Goethes Vermieter vor einigen Jahren, hat es dem Herzog verkauft, und der hat es dem Herrn Geheimrat geschenkt.“
    „Geschenkt!“, rief Lewis und sah Böttiger groß an.
    „Natürlich! Als Herzog macht man seinem besten Manne schon einmal ein kleines Präsent ... aber ganz im Vertrauen ...“ Böttiger trat näher an Lewis

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