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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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kam mit einem Krug und schenkte ihm einen Becher Wasser ein. Lewis trank.
    „Danke“, sagte er. „Sie müssen entschuldigen, aber ich habe von meiner Mutter die Angst vorm Erdinneren, dem lebendig Begrabensein geerbt, und beim Anblick des Eingangs kam mir dies auf grausige Weise wieder ins Gedächtnis.“ Er sah Goethe an. „Verzeihen Sie. Ich hätte dies schon früher erwähnen können. Aber ich muss gestehen, ich kam kaum zum Nachsinnen, so rasch, wie Sie mich von einem Ort zum anderen bewegten.“
    Weihrach strich sich über den Vollbart. „Dann können Sie ja Ihrer werten Frau Mutter berichten, wie tapfer Sie diese Angst besiegt haben. Schließlich sind Sie wohlauf und trotzdem in der Erde.“ Er zwinkerte. „Sie müssen ja nicht erwähnen, dass wir Sie gewissermaßen hineingetragen haben.“
    Lewis schüttelte den Kopf. „Leider lebt meine Mutter nicht mehr.“
    Weihrach schaute betreten. „Dann bitte ich um Verzeihung für meine Unbedachtheit.“ Für einen Moment sprach niemand.
    Goethe brach das Schweigen, indem er sich nach kurzem Blick auf Wände und Decke an Muntzer wandte. „Sieht ausgezeichnet aus. Wie geht es auf den unteren Örtern voran?“
    „Gut“, antwortete Muntzer und löste den mitfühlenden Blick von Lewis, der seinen Kopf gesenkt hatte und in seinen Becher schaute. „Wir könnten ja hinuntersteigen ...“ Glücklich sah er bei diesen Worten allerdings nicht aus. „Aber in Anbetracht des Zustands Ihres Begleiters ...“
    „Ach was“, sagte Goethe und wandte sich an Lewis. „Kommen Sie mit, machen Sie, dass Ihre Mutter stolz auf Sie wäre. Oder tun Sie es für sich selbst, als Beweis Ihrer seelischen Stärke!“
    Weihrach fühlte sich von Goethes Worten ermutigter als Lewis, und so lächelte er breit, dass die Zähne in seinem Bart sichtbar wurden: „Ja, gehen Sie mit, am Ende finden Sie Geschmack, und es wird noch ein Knappe aus Ihnen!“
    Lewis gab sich einen Ruck und stemmte sich hoch. Es schien ihm, als könne er dies am schnellsten beenden, wenn er all dem guten Zureden nachkam, einen schnellen Blick auf alles warf und dann geschwind wieder ans Tageslicht zurückkehrte. So würde er sich späterem Spott entziehen können. Es war nicht nötig, dass er half, den ihm jetzt schon zugeschriebenen Eigenschaften auch noch jene der Scheu und Feigheit beizufügen. Er seufzte und sehnte sich dabei in sein Studierzimmer in Weimar zurück. „Alsdann! Wohin führt uns der Weg? Ich bitte aber darum, mich nicht allzu nahe ans Purgatorium oder den Leibhaftigen zu führen.“ Lewis beschloss, sich mit einem Schlag all den Schrecknissen zu stellen, die ihn beschäftigten, rührten sie nun von seinem Erbe oder der vorigen Nacht her.
    Weihrach und Muntzer bekreuzigten sich.
    „Na, na“, ermahnte ihn Goethe. „Nicht so forsch mit dem blasphemischen Mundwerk! Wir sind hier bei achtbaren, gottesfürchtigen Leuten.“

    Schließlich wanderten sie die Schächte entlang, Laternen in Händen, deren Licht die grauen, steinernen Wände ein wenig mit Leben versah, indem es die Schatten der Träger darüber gleiten ließ. Muntzer und Weihrach führten sie in einen Abschnitt, der momentan noch nicht bearbeitet wurde, um ungestört von den Hauern Goethe und Lewis weitere Erläuterungen zu geben.
    Der Geheimrat zeigte sich unzufrieden. Die Arbeit ging nicht so schnell vonstatten, wie er es sich gewünscht hatte. Muntzer wies weitschweifig auf die schwierige Entwässerung hin, die den Vortrieb und Abbau verlangsamte.
    „Aber hier ist doch alles trocken“, entgegnete Goethe. „Mir scheint es eher an Männern zu fehlen.“ Er überlegte. „Ich muss sagen, ich habe draußen nur recht wenige gesehen und hier drinnen auch nicht viele. Von Arbeitsgeräuschen ganz zu schweigen.“ Goethe deutete den Gang entlang, aus dem sie gekommen waren.
    Muntzer und Weihrach sahen zu Boden, und Lewis schien es, als hätten sie vorher einen flüchtigen Blick ausgetauscht, den Goethe nicht bemerkt hatte.
    Der begann nun, ungehalten zu werden. „Frei heraus! Woran fehlt es? Ich weiß, die Gewerken hinken oft mit den Zahlungen hinterher, die wir von ihnen verlangt haben. Aber wenn wir keine Erfolge liefern können, dürfen wir auch keine große Begeisterung erwarten.“
    Muntzer und Weihrach schwiegen.
    Goethe wurde laut. Seine Stimme hallte dumpf vom Fels wider. „Was sind Sie so schweigsam? Herrje, Muntzer! Sonst haben Sie doch immer nicht mit Ihrer Meinung und Ihren Forderungen hinterm Berg gehalten! Was Sie brauchten,

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