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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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allerlei Gesten und Fingerzeigen in die vorbeiziehende Landschaft wurden sie es nicht müde, Informationen preiszugeben. Bald schwirrte Lewis der Kopf vor all den fremden Begriffen, die man ihm zwar erklärte, aber nicht allzu verständlich machte. Da war die Rede von Heinzenkunst und Schrämarbeiten, von Gefludern und Bermen, vom Abteufen und anderen Dingen, von denen Lewis noch niemals zuvor gehört hatte, ganz abgesehen davon, dass es sich um deutsche Begriffe handelte. Vielleicht hätte er ein munteres Fachgespräch beginnen können, wenn er aus Südwales gestammt hätte, aber so war er gezwungen, nur zuzuhören und dann und wann matt zu nicken.
    Als der Wagen Martinroda, das zwischen waldigen Hügeln voller Eiben mit rotleuchtenden Früchten lag, fast erreicht hatte, hielt Goethe unvermittelt an.
    „Nur ein kurzer Gruß, wie ich sagte“, meinte er und sprang vom Bock. Lewis sah sich um: Kein Mensch war zu sehen und auch kein Haus außer jenen, die noch ein gutes Stück Wegs entfernt die Grenzen des Dorfes markierten. Einzig eine alte, sehr dicke Eiche wuchs neben dem Weg. Goethe ging zu ihr, klopfte mit der flachen Hand auf die Rinde, wie er einem alten Freund wohl auf die Schulter geklopft hätte, und umrundete den Baum dann einmal. Lewis reckte den Kopf, um zu sehen, ob sich jemand hinter dem breiten Stamm verbarg, doch er konnte nichts erkennen. Schließlich kam Goethe zurück, zog die Revers seines Rockes gerade und stieg wieder auf den Wagen.
    „Das ... war die liebe Bekannte, die Sie hier treffen wollten?“, fragte Lewis erstaunt.
    Goethe nickte, als sei dies nicht ungewöhnlich. „Ja. Solange ich sie kenne, hat mich jeder Besuch bei ihr sehr erbaut.“ Er sah die drei Männer an. „Fahren wir weiter.“
    Schließlich fuhren sie in Martinroda ein. Im Osten erhob sich auf einem Hügel die schiefergedeckte Kirche, sonst schien es ein belangloser, eher verschlafener Weiler wie hundert andere in Thüringen zu sein. Doch dann erreichten sie das Mundloch des Martinrodaer Stollens. Bergleute mit breitkrempigen Hüten und langen Westen liefen hier mit geschulterten Schaufeln und Hacken umher, andere schoben Karren mit Aushub, es herrschte eine rege Geschäftigkeit.
    Die Männer stiegen vom Wagen und traten hinzu. Die Öffnung gähnte, und auf einmal sah Lewis weder das Grün der Wiesen und Wälder ringsum noch das Blau des Himmels und das Weiß der Wolken, sondern einzig die braunschwarze Düsternis, die sich da auftat. Auch die Bergleute sah er nicht mehr, und selbst Goethe schien ihm ein ferner Schatten.
    Allein schien er dazustehen, und das Innere der Erde, das hier so plötzlich offenbar war, wollte ihn anlocken und in sich aufnehmen, in sich hineinziehen. Lewis schwankte.
    „Na, na“, rief Goethe und stützte den Engländer. „Ist Ihnen der Schoppen nicht bekommen? Oder die Fahrt?“ Er sah Weihrach und Muntzer an, die einen amüsierten Gesichtsausdruck an den Tag legten. Goethe schnalzte mit der Zunge. „Oder vielleicht waren die Ausführungen der Herren gar zu schwer verdaulich und liegen wie Steine in Ihrem Magen?“
    Weihrach und Muntzer grinsten nicht mehr.
    Lewis hob die Hand an die Stirn. „Wahrscheinlich von allem ein bisschen. Die letzten Stunden und die Sonne waren doch recht anstrengend.“
    „Also doch der Schoppen“, vermutete Goethe.
    „Ich denke, der junge Mann meint wirklich die Hitze, nicht das Gasthaus“, sagte Muntzer. „Vielleicht sollten wir in den Stollen gehen, da ist es kühl. Er sollte auch etwas Wasser trinken.“
    „Guter Vorschlag.“ Goethe führte Lewis am Arm auf den Eingang zu.
    Lewis blinzelte. „Nein ...“
    „Wollen Sie einen Hitzschlag bekommen? Sie wirken recht angegriffen“, sagte Goethe und übte etwas Druck auf Lewis’ Arm aus.
    „Nein, es ist die Erde, das Loch ...“
    Weihrach trat hinzu. „Haben Sie etwa Angst vor der Dunkelheit?“
    „Nein, ich ...“, stotterte Lewis.
    Goethe nickte. „Rein mit ihm, er ist schon ganz durcheinander. Weiß der Himmel, warum. Muntzer, besorgen Sie bitte einen Becher Wasser.“ Zusammen schoben sie den sich schwach widersetzenden Lewis in den Eingang.
    Dort war es kühl und weit weniger bedrückend, als er gedacht hatte. Ein ausgedehntes Gewölbe war in den Fels gehauen worden. Grobe Bögen und Säulen erweckten den Anschein, als befände man sich in einer verwitterten, niedrigen Kapelle. Licht fiel durch weitere Seiteneingänge herein.
    Weihrach zog einen Schemel heran und ließ Lewis darauf sinken. Muntzer

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