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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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dass Anteilsscheine, die man Kuxen nennt, ausgegeben werden. Deren Inhaber, die Gewerken, zahlen dafür eine gewisse Summe. Aber man musste in jüngster Zeit allzu oft Geld von ihnen nachfordern, für neue Wasserhaltungsmaschinen und so fort, und wenn dieses Geld ausbleibt, fehlt der Lohn für die Bergleute.“ Er seufzte. „Das Unternehmen kostet viel und ergibt zunächst wenig, also kann man die Gewerken verstehen, wenn sie unwillig sind, immer mehr und mehr Louisdor zu geben. Insofern war der Zorn des Mannes gerechtfertigt, wenn auch an die Falschen gerichtet.“ Lewis nickte und gab sich verständig.
    Goethe führte ihn an dem großen Bauwerk vorbei, das rechtwinklig zum Rathaus stand. Ein breiter Mitteltrakt teilte die helle Fassade. Darunter führten einige Stufen zu einem sandsteinummauerten Tor.
    „Das Amtshaus“, erklärte Goethe, „hier habe ich bei meinen ersten Besuchen zum Teil wochenlang gewohnt. Sehen Sie die Initialen über dem Eingang ...“ Er wandte sich um. „Habe ich da einen knurrenden Magen gehört?“
    Lewis fühlte sich ertappt. „Nun ...“
    Goethe stemmte die Fäuste in die Seiten. „Dann eben keine Stadtführung, sondern zum Essen in den Adler. “ Er stutzte. „Oder besser in die Sonne ?“ Er überlegte. „Ja, wir gehen in die Sonne , da sind die Klöße besser! Kommen Sie!“
    Lewis war es einerlei, wo sie einkehrten, denn er verspürte gehörigen Hunger, und so kam er Goethes Aufforderung allzu gern nach.

    Eine halbe Stunde später waren sowohl die Pferde als auch die Reisenden gefüttert und getränkt. Goethe lehnte sich zurück und blinzelte ins Sonnenlicht, das in die Gaststube fiel.
    „Ist das nicht herrlich“, meinte er, als er auf die Knochen auf den Tellern schaute. „Thüringer Rippenbraten. Es gibt nichts Besseres.“
    Lewis nickte, während er versuchte, mit der Zunge unauffällig ein Fleischfitzelchen zu lösen, das sich zwischen den Zähnen festgesetzt hatte.
    „Das Geheimnis liegt in der Soße“, sagte Goethe und senkte die Stimme, als sei es tatsächlich ein Geheimnis. „Da braucht es Thymian, Lorbeer und Portwein ...“ Er klopfte auf den Tisch und beugte sich vor. „Da kommt mir der Gedanke, dass ich Sie demnächst zu mir einlade. Ich habe lang nicht mehr selbst auf dem Zwiebelmarkt in Weimar eingekauft, und da er bei meinem neuen Haus geradewegs vor der Türe liegt ... ja, das mache ich, und dann wird dieser Braten noch übertroffen!“ Zur Bekräftigung hob Goethe sein Glas.
    Lewis nickte nochmals, während er noch immer mit den Überbleibseln seiner Mahlzeit beschäftigt war. Dann sagte er: „Wer war eigentlich der Herr, den Sie so freundlich begrüßt haben, der auf dem Fuhrwerk?“
    „Oh, das war der Glashüttenbesitzer Gundelach. Ich war mit dem Herzog mehrfach bei ihm zu Gast. Drüben in Stützerbach, am anderen Ende des Tales.“
    „Ich hatte erwartet, es sei der Mann, der uns das Bergwerk würde zeigen können.“
    „Nein, nein, der kommt noch, ich habe vorhin beim Wirt nach ihm schicken lassen. Wir werden dann den Schacht in Martinroda, dem Nachbardorf, besuchen. Zwar könnte man auch den Johannisschacht hier vor Ort besichtigen, aber ich möchte in Martinroda einer lieben, sehr lieben Bekannten einen guten Tag sagen.“ Er trank wieder Wein.
    Ach, dachte Lewis. Christiane Vulpius, Corona Schröter, die Frau, die hinter der Nostalgie auf jenen Berggipfeln steckte, und jetzt diese. Goethe schien ihm immer beachtlicher zu werden, nicht nur, was seinen Weinkonsum anging.
    Da öffnete sich die Tür, und ein Mann mit klarem, unauffälligem Antlitz und grauer Reisekleidung trat ein und kam an ihren Tisch. Er grüßte höflich.
    „Johann Heinrich Krafft!“, rief Goethe plötzlich in einem Tonfall, als spiele er Theater und zwar ein sehr burleskes Stück. Dabei blickte er in den hinteren Bereich der Gaststube.
    „In der Tat“, gab der Mann zurück und lächelte verschwörerisch, wobei auch er in die von Goethe angedeutete Richtung blickte.
    An einem entfernten Tisch drehten sich zwei Herren um, die bei Lewis den Eindruck erweckten, als handle es sich um städtische Beamte, da sie auf eine unverwechselbare Weise mürrisch dreinblickten. Als sie Krafft sahen, wurden sie blass und wandten sich rasch ihren Speisen zu. Krafft und Goethe, die dies wohl bemerkt, möglicherweise sogar erwartet hatten, lachten leise in sich hinein.
    „Herr Geheimrat“, sagte Krafft, „wie schön, Sie wiederzusehen. Ich hoffe, Sie sind zum Vergnügen in Ilmenau,

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