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Der Mönch und die Jüdin

Der Mönch und die Jüdin

Titel: Der Mönch und die Jüdin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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missbilligend.
    Salomon zuckte mit den Achseln. »Jene, die die Wissenschaft als Sünde betrachten, haben allzu oft leider kein Problem damit, wenn man im Namen Jahwes, Allahs oder des dreifaltigen Gottes sogenannten Feinden die Bäuche aufschlitzt und sie dann zum Fraß für Raben und Wölfe auf dem Schlachtfeld liegen lässt.«
    Joseph nickte zustimmend. »Vieles, was als neu und gegen die Tradition gerichtet abgelehnt wird, mag sich im Nachhinein als segensreich für die Menschheit erweisen.« Hannah merkte ihm an, dass dieser dicke Sohn des Isaak ein Mann nach seinem Geschmack war.
    Plötzlich schaute Salomon ihr ins Gesicht und sagte: »Mir scheint, Ihr lauscht meinen Worten mit großer Sehnsucht, wenn ich von Reisen in ferne Länder berichte. Würdet Ihr alle diese Wunder nicht gerne einmal mit eigenen Augen sehen?« Hannah schlug rasch die Augen nieder. Ehe sie etwas erwidern konnte, sagte Onkel Nathan kalt: »Das Reisen ist doch ganz entschieden Männersache. Die Weiber sollten sich zu Hause um Kinder, Hof und Gesinde kümmern, das ist ihr Daseinszweck. Für anderes sind sie nicht geschaffen. Ihr wollt Euch doch wohl auf Reisen nicht mit den Launen eines Weibes beschweren, ehrenwerter Salomon?«
    Joseph warf seinem Bruder einen strafenden Blick zu. Salomon ben Isaak lachte gemütlich. Mit seinem kostbaren, reichverzierten Messer spießte er das letzte Stück Fischfilet von seiner Platte auf und schob es sich in den Mund. Dann, während er sich die Hände reinigte, antwortete er: »Jedem das Seine. Ich habe bislang nicht festgestellt, dass Frauen schwächer, dümmer oder weniger reisetauglich wären als Männer. Frauen sind anders als Männer, das ist wahr. Aber sind nicht sowieso alle Menschen untereinander recht verschieden? Für manche Frauen mag es das Ziel ihrer Wünsche sein, sich um Hof und Kind zu kümmern, so wie ja auch manch ein Mann seine vier Wände für den Nabel der Welt hält. Meine Frau hätte es niemals ertragen, wenn ich sie allein zurückgelassen hätte, während ich Jahr für Jahr durch die Welt reiste. Ich habe sie und später auch noch unsere drei kleinen Söhne auf fast allen Handelsreisen mitgenommen. Ich hätte niemals ohne meine Esther reisen mögen, denn sie war mir nicht nur Geliebte, sondern auch eine treue Freundin und kluge Ratgeberin. Und an kaufmännischem Verstand konnte sie es selbst mit den hartgesottensten arabischen Händlern aufnehmen!« Er schüttelte lachend den Kopf und schien einen Moment in Erinnerungen versunken. Dann wurde sein Gesicht traurig.
    »Wie habt Ihr sie verloren?«, erkundigte sich Hannah mitfühlend, und merkte erst an Nathans und Ruths Blicken, dass es sich wohl nicht geziemte, ihn danach zu fragen.
    Doch Salomon blickte sie freundlich an. »Ein bösartiges Fieber hat sie vor zwei Jahren hinweggerafft, und meine drei Söhne dazu. Und diese Tragödie ist keineswegs auf einer unserer weiten, abenteuerlichen Reisen geschehen, sondern zu Hause in Speyer, während ich für nur einen Monat abwesend war, weil ich in Nürnberg Geschäfte zu tätigen hatte. Glaubt mir, ich vermisse sie jeden Tag.«
    Nun war eine bedrückende Gesprächspause entstanden, und so wies Joseph die Diener an, die übriggebliebenen Speisen hinauszutragen. Alle setzten sich an den Kamin, und es wurde Gebäck gereicht. Hannah musste sich eingestehen, dass ihr der Kaufmann aus Speyer sympathischer war, als sie für möglich gehalten hätte. Nicht, dass sie sich jemals in ihn hätte verlieben können, aber seine Ansichten stimmten auf erstaunliche Weise mit denen Josephs überein.
    Ein Verdacht keimte in ihr: Was, wenn Salomon, auf Nathans Rat hin, Joseph und ihr genau das erzählte, was sie hören wollten? Und wenn sie sich dann von der Aussicht, ihn bei aufregenden Reisen in ferne Länder begleiten zu können, verlocken und in diesem rundum gepolsterten Prinzessinnen-Wagen nach Speyer verfrachten ließe? War sie erst einmal dort, konnte er sein wahres Gesicht zeigen und sie in einen Käfig sperren, der möglicherweise noch nicht einmal golden war, sondern so trist wie jener, in dem Onkel Nathan seine Frau gefangen hielt. Sie beschloss, lieber wachsam und misstrauisch zu bleiben, mochte der feine Herr noch so viele nette und kluge Dinge sagen. Ein so erfolgreicher Kaufmann wusste bestimmt ganz genau, wie man die Leute um den Finger wickelte.
    Salomon lobte die Vorzüglichkeit des Gebäcks, was Ruth sichtlich beglückte, schaute dann Hannahs Vater an und sagte: »Ihr, Joseph, seid also,

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