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Der Mörder aus dem Schauerwald

Der Mörder aus dem Schauerwald

Titel: Der Mörder aus dem Schauerwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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ist
dir diese Möglichkeit erst jetzt. Nach Jahren. Weil du solange unter Schock
standest. Dein Unterbewußtsein war von Haß erfüllt und hat die Wahrheit
verdrängt. Und das entspricht doch der Wahrheit, nicht wahr?“
    „Nein!“
    „Nein?“
    „Ich bin nicht übergeschnappt.“
    „Sagt ja keiner. Aber du sollst dich an
die Wahrheit halten.“
    „Damals habe ich die Wahrheit gesagt,
und dabei bleibe ich. Das Messer lag neben Christine. Nur der Täter kann es
verloren haben. Und da es Ihr Messer war, stand kein anderer als Täter zur
Debatte.“
    Für einen Moment blieb es still in der
Leitung.
    Flühter hustete zweimal.
    Seine Bronchien rasselten.
    Die Grippe hatte ihn voll im Griff.
    „Du willst also nicht, Röder. Du
beharrst auf deiner Lüge.“
    „Es ist die Wahrheit. Aber ich habe
Ihnen vergeben. Helfen werde ich Ihnen gern.“
    „Dann... öhhhhh“, stöhnte Flühter. „Mir...
wird schlecht. Das... Fieber. Habe wohl zu lange geredet.“
    Ein plötzlicher Schwächeanfall haute
Flühter buchstäblich um. Er konnte nicht mehr sprechen. Ihm wurde richtig
schwarz vor Augen, und im Hals würgte es ihn, als säßen weit mehr als ein
Dutzend Frösche drin.
    Bellender Husten kam durch den Draht.
    Röder zuckte zurück.
    „Geben Sie doch acht! Sie stecken mich
an und... Ach so!“ Röder redete vor lauter Aufregung wirres Zeug.
    Flühters Hustenanfall verstummte.
    „Ich rufe... wieder an“, krächzte der
Häftling — und legte auf.
    Werde schon rauskriegen, dachte Röder,
wo du steckst. Und dann steht die Polizei bei dir auf der Matte. Darauf kannst
du dich verlassen, Flüther. Dann ist es aus mit deiner Rache. Das werde ich
verhindern!

17. Vierter Fall
     
    Am Traminer-Platz stieg Gaby mit Oskar
in die Straßenbahn. Durch die Scheibe war Karl im Schneegestöber zu erkennen.
Er stützte sich auf sein Rad, grinste hinter der Nickelbrille und hob winkend
die Hand.
    Gaby nahm Oskar auf den Schoß, ergriff
eine Vorderpfote und erwiderte damit den Gruß.
    Oskar schien zu wissen, daß er winkte.
Er hechelte.
    Karl hatte Gaby hergebracht.
    Tim und Klößchen waren im Höllentempo
zum Internat zurückgeprescht, kamen vermutlich zu spät und mußten eine
überzeugende Ausrede erfinden.
    Die Straßenbahn fuhr an.
    Karl verschwand aus dem Blickfeld.
    „Schöner Hund“, sagte die Frau neben
Gaby. „Aber das eine Auge ist so trüb.“
    „Auf dem ist er blind“, erwiderte Gaby.
    „Wie traurig.“
    „Es macht ihm nichts aus. Auf dem
andern sieht er genug. Außerdem ist für einen Hund die Nase am wichtigsten.“
    „Ich mag Hunde“, sagte die Frau. Sie
war etwa 40, hatte dunkles Haar und trug einen Winter-Trench. „Im allgemeinen
jedenfalls.“
    „Und was ist die Ausnahme?“ fragte Gaby.
    „Wenn der Hund so groß ist wie ein
Kalb, wenn er mit Phosphor-Farbe angepinselt wird und sich auf mich stürzt.“
    Verblüffung laß nach!
    Gaby musterte ihre Sitz-Nachbarin.
    „Ist Ihnen das passiert?“
    Die Frau nickte. „Aber mein Mann glaubt
es mir nicht. Und mein Sohn lacht mich aus. Sie denken, ich hätte
Halluzinationen ( Sinnestäuschungen ) gehabt - im Nebel. Scheinwerferlicht
hätte einen großen Hund getroffen — und mir vorgegaukelt, es wäre ein
Geisterhund.“
    „Ich weiß, daß es stimmt.“ Gaby setzte
Oskar auf den Boden zwischen ihre Füße. „Heute nachmittag hatte ich das gleiche
Erlebnis. Im Schauer-Wald. Es war gräßlich. Wäre nicht ein beherzter Mann
dazwischengetreten — in letzter Sekunde, säße ich nicht hier. Er hat die Bestie
verjagt.“
    „Und“, staunte die Frau, „der Hund war
auch mit Phosphor-Farbe angepinselt?“
    „War er. Ein gespenstischer Anblick.
Der Hund leuchtete. Ich habe erkannt, daß es sich um einen Mastiff handelte.
Ihm war ein Gerät umgeschnallt, das Funkimpulse empfängt — oder wie das heißt.“
    „Das habe ich nicht bemerkt.“
    „Wo sind Sie ihm begegnet?“
    Die Straßenbahn fuhr bei der
Gleiselau-Straße in die Kurve, und Oskar kippte gegen Gabys linken
Unterschenkel.
    „Draußen in Stettenborn“, die Frau
holte ein Taschentuch hervor und betupfte sich die Nase. „Ich arbeite als
Sekretärin bei der dortigen Getränke-Niederlassung. Neulich mußte ich länger
bleiben. Der letzte Bus war weg. Zu Fuß wollte ich zur Straßenbahn-Endstation
Biesenreidt. Ich weiß nicht, ob du die Strecke kennst.“
    Gaby nickte. „Mit dem Rad fahre ich sie
manchmal. Häuser stehen dort nur vereinzelt.“
    „Sehr vereinzelt. Zum Glück war eins
ganz in der Nähe.

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