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Der Mörder ohne Eigenschaften: Ein Fall für Enzo Mackay (German Edition)

Der Mörder ohne Eigenschaften: Ein Fall für Enzo Mackay (German Edition)

Titel: Der Mörder ohne Eigenschaften: Ein Fall für Enzo Mackay (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter May
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natürlich wie ein Muttersprachler. So, wie Sophie Englisch mit meinem schottischen Akzent spricht, auch wenn sie noch nie in Schottland war.» Er sah Raffin an. «Also konnte sich Rickie Bright nach Belieben als Franzose oder Engländer ausgeben.»

Kapitel neununddreißig
    Paris, November 1986
    Fontenay-sous-Bois lag nur drei Stationen vom Gare de Lyon an der roten Linie A der RER-Expressbahn. Richard hatte keinen Blick für die grauen Vorstädte von Paris, die an den verregneten Fenstern des Zugs vorbeirauschten. Es war alles genauso verschwommen wie jedes der achtzehn Jahre seines bisherigen Lebens. Nur die Zukunft lag klar und deutlich vor ihm. Er hatte eine Entscheidung gefällt. Und war entschlossen, sie in die Tat umzusetzen. Alles, was er derzeit auf der Welt besaß, passte in den Koffer, den er seinem Bruder gestohlen hatte. Der Koffer, aus dem er die letzten sechs Wochen gelebt hatte, in denen er in Pigalle von einem billigen Hotel zum nächsten getingelt war und sich mit dem Geld seines Bruders durchgeschlagen hatte, während er seine Pläne schmiedete.
    Jetzt kribbelte es ihm vor Aufregung im Bauch. Hier ging es nicht um eine kurzfristige Verpflichtung. Von diesem Schritt gab es kein Zurück, keine zweite Chance. Hier entschied sich, wer er künftig war. Ein Mann, der selbst bestimmte, wo es langging. Der sein Schicksal selbst in die Hand nahm. Dennoch machte es ihm Angst.
    Es nieselte, als er an der Station Fontenay auf den Bahnsteig sprang und sich durch das Menschengedränge einen Weg zur Straße bahnte. Ihm wehte ein rauer Wind ins Gesicht, und er schlug den Kragen seiner Jacke hoch, als ihm die Kälte bis auf die Knochen ging. Er lief bis ans Ende der Rue Clos d’Orléans, bevor er Richtung Norden in die Route de Stalingrad abbog. An der Rue Vaubun schwenkte er nach rechts und brauchte nur noch wenige Minuten bis zu dem tiefen Steinbogen in der Mauer des Forts. Im Tunnel war es trocken. Hinter diesem Torbogen sah er einen weiteren und dahinter den rötlich schimmernden Exerzierplatz. Unter dem Namen FORT DE NOGENT standen rings um den Bogen die Buchstaben, die seine Zukunft besiegeln sollten: LEGION ETRANGERE .
    Ein Wachsoldat stellte sich ihm am Eingang entgegen. «Was führt Sie her?»
    Richard straffte die Schultern und schöpfte Mut aus dem Klang der eigenen Stimme. Er antwortete kühn auf Englisch. «Ich bin Engländer. Mein Name ist William Bright, und ich komme, um mich zur Fremdenlegion zu melden.»

Kapitel vierzig
    Paris, November 2008
    Im Café in der Avenue de l’Opéra herrschte Hochbetrieb. Die Fenster waren beschlagen, und die Kellner zwängten sich zwischen den vollbesetzten Tischen hindurch, indem sie die Tabletts mit den Getränken über dem Kopf balancierten. Es war ein bei Studenten beliebtes Stammlokal, in dem das hingebungsvolle Gekreische von Raphaëls Caravane nur noch vom irrwitzigen Geschwafel junger Leute übertönt wurde, die sich von ihrem Studientag erholten.
    Maude hatte ihnen Plätze in einer Nische freigehalten – abgewetzte Lederbänke mit einem bierverfleckten Tisch dazwischen. Hier waren sie wenigstens ein bisschen für sich.
    «Darling, du bist spät dran.» Als er neben ihr auf die Bank rutschte, küsste sie Enzo zweimal auf jede Wange und drückte ihm zuletzt einen nassen Schmatz auf den Mund. «Aber schon verziehen. Dafür hast du mir einen so hübschen jungen Mann mitgebracht.» Sie warf Raffin über den Tisch hinweg einen Schlafzimmerblick zu, der ihn bis in die Haarspitzen erröten ließ.
    Maude lachte schallend über ihre eigenen neckischen Spielchen. Sie ging auf die siebzig zu. Ihr langes Silberhaar war etwas wirr auf dem Kopf aufgetürmt, sie trug einen wallenden Umhang und Rouge und Lippenstift waren zu viel des Guten. Dennoch war nicht zu übersehen, dass sie einmal eine attraktive Frau gewesen sein musste. Ihre erotische Glut war noch nicht verloschen.
    Enzo amüsierte sich über Raffins Unbehagen. «Maude und ich kennen uns schon ewig», sagte er. «Sie hat mir beigebracht, was eine allumeuse ist.»
    Raffin schien überfordert. «Ein Vamp?»
    «Ja, Darling, das bin ich. Wie Enzo schon sagte, reicht unsere Bekanntschaft viele Jahre zurück. Nur dass es mir, um es einmal so zu sagen, nie ganz gereicht hat.» Sie zog eine Augenbraue hoch und taxierte Raffin mit einem interessierten Blick. «Aber mit Ihnen könnte ich auch was anfangen.» Sie wandte sich an Enzo. «Ist er zu haben?»
    «Er ist mit meiner Tochter zusammen.»
    «Ach ja, die jungen

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