Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gemmell
Vom Netzwerk:
bewachsen. Sein Messer war nutzlos, nachdem er es in dem Schiefer ruiniert hatte. Er konnte damit kaum einen Zweig abschneiden. Also hackte er sich mit dem Schwert durch das fast undurchdringliche Unterholz. Er wusste, dass er damit so gut wie unbewaffnet war, weil beide Waffen stumpf waren, aber er hatte keine andere Wahl.
    Der Wald war so üppig und von Leben erfüllt, dass er mit jedem Schritt dichter zu werden schien. Selbst die Luft roch grün. Nach einer Weile begann es zu regnen, und er legte den Kopf in den Nacken, öffnete den Mund und ließ das Wasser hineinregnen. Nachdem er den Fluss überquert hatte, ruhte er sich lange aus. Dann machte er sich mit einem Seufzer an den Aufstieg den gegenüberliegenden Hang hinauf. Als die Nacht hereinbrach, hatte er erst ein kurzes Stück zurückgelegt. Hinter sich konnte er immer noch den Schieferhang sehen, den er hinuntergerutscht war, und er glaubte sogar, weit über ihm im Osten die niedrigen Türme der Festung zu sehen. Er verbrachte die Nacht in den Ästen eines kleinen, ausladenden Baumes. Er hatte keine Ahnung, welche Raubtiere es in dieser Gegend gab, aber das kümmerte ihn auch nicht. Er wollte unbedingt einen gebührenden Abstand zu dem krabbelnden, kriechenden Leben am Boden gewinnen.
    Am dritten Tag hatte er offeneres Gelände erreicht. Die Hügel wurden niedriger, und er kam besser voran. Er musste nicht mehr um jeden Schritt, den er machte, kämpfen, und begann, das Gehen zu genießen. Er spürte, wie die Muskeln in seinen Beinen müde wurden und sich dann wieder kräftigten. Er sah sich interessiert um. Er hatte bis auf eine Art haarloses Eichhörnchen und ein paar kleine, gestreifte Nager mit flachen Schnauzen nur sehr wenige Tiere gesehen. Einmal hatte er ein Brüllen in der Ferne gehört, das wie das eines Löwen klang, aber er hatte nichts Größeres zu Gesicht bekommen als einen einsamen grauen Dachs. Es gab viele Vögel, kleine strahlend bunte Kreaturen, die von Pflanze zu Pflanze flatterten. Sie wirkten eher wie Insekten denn wie Vögel.
    Er fing wieder an, Pläne zu schmieden. Wenn er auf das Gebiet der Cité zurückkehrte, würde er sich den ersten Soldaten zu erkennen geben, die er fand, und dann eine Kompanie ausheben, um zum Alten Berg zurückzukehren. Er war herausgekommen, also würde er auch einen Weg hinein finden. Niemand würde erwarten, dass er dort einbrach. Dann würde er die anderen Gefangenen befreien, und sie würden das Haupttor öffnen. Aber tief im Herzen wusste er, dass die Chancen, eine Rettungsmission für vier einfache Soldaten auszuheben, sehr gering waren. Und ein verräterischer Teil in seinem Verstand spielte mit dem Gedanken, dass Staker, Garret, Indaro und Doon als Gefangene auf dem Alten Berg weit besser dran waren denn als Krieger der Cité. Wenn er Indaro befreite, wie auch immer er das bewerkstelligen mochte, würde er alles dafür tun, damit sie nie wieder kämpfen musste.
    Schließlich erreichte er eine kühle Hochebene. Er überquerte sie, immer schneller und immer nach Westen. Am Ende des Tages verdeckte dichter Nebel die untergehende Sonne, und ihm war, als hätte er in der Entfernung zwei Berge ausgemacht. War das die Cité? Er entschied sich, das zu glauben, und ging eifrig weiter, obwohl er wusste, dass er noch einige Tage marschieren musste, bis er dorthin gelangte. Er schlief auf dem warmen, trockenen Boden im Windschatten eines Felsens und wachte nur einmal auf, als er einen fernen Schrei hörte.
    Am Morgen ging er über ein Gebiet, das langsam vor ihm abfiel. Plötzlich stieg ihm ein vertrauter Geruch in die Nase. Er blieb stehen, alle Sinne angespannt. Er zog sein nutzloses Schwert und sah sich um. Er konnte jedoch nur eine flache trockene Ebene sehen, auf der keinerlei Leben war. Er ging weiter. Schließlich erklomm er eine kleine Anhöhe und stand über einer breiten Senke in dem felsigen Land. In der Mitte lagen zwei nackte Leichen. Es waren kleine, dunkelhäutige Frauen, die denen ähnelten, die er in der Festung gesehen hatte. Sie waren bereits eine Weile tot, und die Leichen waren von Tieren und Insekten angefressen worden. Er sah sich prüfend um und fand eine Menge Fußabdrücke von Stiefeln, die gekommen und gegangen waren. Aber sie waren viele Stunden alt.
    Schließlich ging er in die Senke hinein. Dann stockten seine Schritte. Unter einem überhängenden Felsen sah er einen Farbfleck, ein helles Rot, das einen dritten Körper bedeckte. Sein Herz schien ihm fast aus der Brust zu springen. Er

Weitere Kostenlose Bücher