Der Moloch: Roman (German Edition)
stolperte den Hang hinunter und rannte zu der Frau. Sie lebte noch. Es war Doon.
Fell durchtrennte ihre Fesseln mit seinem Messer, dann kümmerte er sich um ihre Verletzungen. Blut sickerte aus zahllosen Wunden an ihrem Körper; überall waren Stichwunden und Prellungen. Ihr Gesicht war grau, und sie hatte die Augen geschlossen. Sie schien nicht einmal zu bemerken, dass er ihre Arme und Beine befreite.
» Doon!«, rief er. Aber sie antwortete nicht. Sie war dem Tode nah. Er legte ihr die Hand auf den Hals und ertastete ihren Puls. Er war schwach und unregelmäßig.
Vorsichtig, sich bewusst, dass sie innere Verletzungen davongetragen haben musste, zog er ihr Indaros Wams aus. Dann streifte er sein zerfetztes Hemd ab und wickelte es um sie, bevor er ihr das Wams wieder überlegte. Er setzte sich an den Felsen, lehnte ihren Körper gegen seinen und schlang die Arme um sie. Er hatte weder Wasser noch Essen für sie und auch keine Salbe für ihre Wunden. Er konnte ihr nur den Trost eines anderen Soldaten in ihrer Todesstunde bieten.
Der Morgen verstrich langsam, während er ihrem schwachen Atmen lauschte und versuchte, nicht daran zu denken, was mit Indaro passiert sein könnte. Er verfluchte sich, dachte, dass er, wenn er nur Wasser hätte, Doons Leben retten könnte. Aber er hatte nichts, worin er es hätte tragen können, und das letzte Mal hatte er vor einem Tag aus einem schlammigen Fluss getrunken, bevor er diese trockene Ebene erreicht hatte.
Als er eine leichte Bewegung in seinen Armen spürte, begriff er, dass sie schwach versuchte, gegen ihn zu kämpfen.
» Doon«, flüsterte er. » Ich bin es, Fell Aron Lee. Du bist in Sicherheit.«
Sie hörte auf sich zu wehren. » Indaro?«
» Sie ist nicht hier«, sagte er vorsichtig.
» Ihr seid zusammen geflüchtet?«
» Ja«, log er. » Indaro ist in die Cité zurückgekehrt. Sie hat mich gebeten, nach dir zu suchen.« Er schämte sich, als er das sagte. Obwohl er persönlich die Götter selbst angefleht hatte, Indaro zu retten, hatte er ihrer Dienerin kaum einen Gedanken gegönnt. Alles, was er denken konnte, war: Es hätte Indaro sein können.
» Wer hat dir das angetan?«, wollte er wissen.
Sie war eine Weile still, und er dachte, sie wäre eingeschlafen. » Ich bin zufällig auf sie gestoßen«, flüsterte sie dann. » Soldaten der Cité. Ich dankte den Göttern für mein Glück.« Sie biss sich auf die Unterlippe, die bereits zerfetzt und blutig war. » Sie haben mir nicht geglaubt, dass ich eine von ihnen war. Obwohl ich Indaros Jacke getragen habe.«
Dazu hatte er nichts zu sagen. Er wusste, was man feindlichen Frauen antat.
» Ich habe ihnen alles erzählt, was ich über die Maritime wusste, die Namen meiner Kameraden, Einzelheiten von Truppenbewegungen, Spitznamen der Generäle. Sie wiederholten nur immerzu, dass sie mir nicht glaubten. Sie wollten mir nicht glauben. Sie haben mich mit zwei feindlichen Frauen zusammengefesselt. Wir mussten ihren Pferden folgen. Manchmal sind sie galoppiert und haben uns eine kurze Strecke aus Spaß hinterhergezerrt. Eine Frau ist so gestorben. Sie waren wütend, weil sie so schnell gestorben ist. Sie wollten uns lebendig. Als wir nachts angehalten haben, um zu lagern …« Ihre Miene war ausdruckslos, aber unter einem Augenlid quoll eine Träne hervor. » Ich sterbe«, flüsterte sie.
Als er nichts sagte, stemmte sie sich ein bisschen hoch. » Sterbe ich, Ser?«
Fell warf einen Blick auf die Pfütze aus Blut, die größer und dunkler wurde. Und er spürte, dass über ihnen Aasgeier flogen.
» Ja, Soldat«, sagte er leise.
» Hast du ein Messer?«
Er holte das stumpfe Messer heraus und zeigte es ihr. Sie drehte den Kopf, um ihn anzusehen. Sie blickte ihm in die Augen und nickte schwach.
Fell hatte viele verstümmelte Krieger gesehen, die dankbar in den Tod gegangen waren, die von ihren Qualen befreit worden waren, indem man die Hauptschlagader in ihrem Oberschenkel durchtrennte. Ohne zu zögern, beugte er sich vor und durchtrennte sie. Er sah, wie das Blut langsam herausquoll. Sie hatte nicht mehr viel in sich.
» Sag Indaro …«, flüsterte Doon.
» Was?« Er beugte sich vor.
Aber sie sprach nicht weiter, und nach einer Weile drückte er sanft ihre Augen zu, um sie vor dem Staub der Ebene zu schützen. Dann schloss er seine eigenen Augen und senkte den Kopf.
Arish saß mit geschlossenen Augen da, die Hände auf die Ohren gepresst, fast wieder wie ein kleiner Junge, um den Schrecken auszublenden. Tage
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