Der Moloch: Roman (German Edition)
in den Graben.
» Meine Schulter!«, keuchte Fell, als sie ihn packten und auf die Füße zerrten. » Meine Schulter!« Er wusste, dass sie ihn nicht verstehen konnten, und deutete mit seinem Kopf auf seine Schulter, bis der Anführer der Abteilung ihm das Hemd herunterriss und sich das verletzte Gelenk ansah. Der Mann starrte ihn böse an, und es war offensichtlich, dass er einen Trick vermutete. Fell wusste, dass der Mann jetzt in einer Zwickmühle war. Wenn er die Schulter wieder einrenken wollte, musste Fell erst den Arm ausstrecken, was nicht ging, solange seine Arme auf dem Rücken gefesselt waren. Der Soldat hatte so gut wie sicher den Befehl, den Gefangenen auf keinen Fall loszuketten. Andererseits glaubte er, dass Fell durch den Schmerz außer Gefecht gesetzt war, und außerdem waren sie zu fünft. Er zog sein Schwert und befahl seinen Männern, Fell die Ketten abzunehmen.
Sie stellten sich um ihn herum. Der Anführer stand mit gezücktem Schwert vor ihm, die Spitze war jedoch entspannt zum Boden gerichtet. Ein Mann hielt mit beiden Händen seinen rechten Oberarm fest. Ein anderer hielt seinen linken Arm und wollte ihn wieder in das Gelenk einrenken. Dieser Mann hatte ein Messer in seinem Gürtel, und Fell konzentrierte sich auf die genaue Position, auf den Winkel, in dem es im Gürtel steckte. Er hoffte, dass es scharf war. Er wusste nicht, wie sich die beiden Wachen hinter ihm aufgestellt hatten. In dem trommelnden Regen hatte er zwar gehört, dass einer der Soldaten ebenfalls ein Schwert gezückt hatte, aber er wusste nicht, auf welcher Seite von ihm er stand. Der andere konnte ebenso gut sein Schwert bereits gezogen haben oder vielleicht ein Messer in der Hand halten. Er musste jedenfalls annehmen, dass sie beide bewaffnet und bereit waren.
Er beruhigte sich, entspannte seinen Körper, lockerte Knie und Schultern. Er holte tief Luft, sog sie scharf ein, als bereitete er sich auf den Schmerz des Einrenkens vor.
Die Zeit schien langsamer zu laufen. Er spürte die schwielige Hand des Mannes auf seinem Handgelenk. Es gab eine endlose Pause, dann drehte der Mann seinen Arm. Die Schulter renkte sich mit einem hörbaren Knirschen ein. Fell schrie auf und beugte sich zu dem Soldaten zu seiner Rechten. Als der Mann auf seiner linken Seite den Arm losließ, spannte er sich bereits an. Er warf sein ganzes Gewicht gegen den Mann auf seiner rechten Seite, der sich automatisch gegen den Aufprall wappnete. Mit seiner linken Hand packte Fell das Messer und riss es aus dem Gürtel des anderen Soldaten. Er beschrieb einen Bogen nach unten und dann wieder hoch. Die Klinge fuhr durch die Hauptarterie in der Innenseite des Oberschenkels des Anführers der Abteilung und dann hoch in die Kehle des Mannes, der ihn festhielt. Als der Anführer sein Schwert hob, langsamer, durch den Schock, wirbelte Fell herum und befreite sich aus dem Griff des Wachsoldaten auf der rechten Seite. Er drehte das Messer herum und warf sich rückwärts gegen den Anführer. Die Klinge grub sich in den Bauch des Mannes. Zwei Wachen waren erledigt.
Der Wachsoldat, der ihm die Schulter eingerenkt hatte, stand rechts von ihm und versuchte immer noch, sein Schwert zu ziehen. Die beiden anderen waren jetzt direkt vor ihm. Der eine hatte sein Schwert gehoben und schlug damit nach seinem Hals. Fell rollte sich rasch von dem Leichnam des Anführers herunter, und die Klinge grub sich mit einem dumpfen Klatschen in den Leichnam. Fell sprang auf. Mit einer geschmeidigen Bewegung riss er das Schwert des Anführers hoch, sprang über seinen Leichnam und rammte die Klinge in die Brust des Mannes, der ihm den Arm eingerenkt hatte. Er zog sie wieder heraus. Drei Soldaten waren tot.
Die beiden übrigen Wachen zögerten, als Fell sich mit dem Schwert in der Hand zu ihnen umdrehte. Dann machten sie hastig kehrt und rannten davon, kletterten, so schnell sie konnten, die Böschung des Grabens hinauf und verschwanden im Nebel.
Fell lachte kurz, bückte sich und schnappte sich dann den Schwertgürtel des Anführers und sein Messer. Er rannte ebenfalls die Seite des Grabens hinauf und flüchtete in die entgegengesetzte Richtung zu der, in die die beiden Wachen gelaufen waren.
Ihm war klar, dass dies hier der einfachste Teil seiner Flucht gewesen war. So weit war er schon einmal gekommen. Aber aus der Festung herauszukommen, obwohl er nur eine sehr ungenaue Vorstellung von ihrem Grundriss hatte, war etwas ganz anderes. Er hatte Hunderte von Stunden damit verbracht,
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