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Der Monat vor dem Mord

Der Monat vor dem Mord

Titel: Der Monat vor dem Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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nehmen oder so etwas. Aber er war zugleich sicher, dass er niemals in ein Bordell gehen würde. So etwas war ihm zu dreckig.
    Sie schalteten im Korridor die Neonröhren ein, nachdem die Nachtwache sie mit dem üblichen Misstrauen hatte passieren lassen.
    »Wir versuchen es auf dieser Basis«, sagte Horstmann und gab Ocker einen Zettel.
    »Oh«, sagte Ocker, »du glaubst, dass so etwas möglich ist?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Horstmann, als gehe es um Sekunden. »Ich habe Kiefernzweige mitgebracht.« Er ließ die Tür seines Labors hinter sich zufallen und rief am Pförtnerhaus an, man möge ihm die Kiefernzweige bringen.
    Sie arbeiteten die ganze lauwarme Nacht hindurch, bis Horstmann die richtige Zusammensetzung gefunden zu haben glaubte, »Wir brauchen eine Dose mit Treibgas«, sagte er.
    Ocker war jetzt sehr aufgeregt. Er antwortete nicht einmal, sondern lief hinaus. Horstmann hörte ihn den Gang entlanglaufen und lächelte.
    Die Würmer hockten auf dem Kiefernzweig – es war der siebte – und fraßen ihn. Wenn man das aus einer nicht zu geringen Entfernung betrachtete, so sah es aus wie eine Pflanze mit sich windenden rosaroten Blüten.
    Horstmann summte: »Soldaten wohnen auf den Kanonen ...«
    »Wir haben zwei Dosengrößen«, sagte Ocker atemlos. »Nimm erst die kleinere.«
    Sie füllten die Flüssigkeit sehr sorgfältig hinein, und Ocker lief hinaus, um Treibgas zuzusetzen. Als er zurückkam, hechelte er wie ein Jagdhund. »Darf ich?«, fragte er.
    »Du darfst«, sagte Horstmann.
    Ocker sprühte ein Knäuel der Würmer direkt an und brüllte sofort: »Sie gehen ein, sie krepieren!«
    »Langsam«, sagte Horstmann. Er sah, wie die kleinen, rötlichen Leiber sich wanden und dann ausgestreckt liegen blieben. Er sagte: »Es ist nur so, als hätte man ihnen eine Evipanspritze gegeben. Stell dich auf den Schemel da.«
    Ocker begriff nicht.
    »Stell dich auf den Schemel, damit das Zeug nicht so konzentriert herunterkommt«, sagte Horstmann. »Verdammt noch mal! Begreif doch! Es soll aus Flugzeugen versprüht werden. Halte die Dose so hoch wie möglich. Außerdem wissen wir nicht einmal, ob sie verreckt sind.«
    Ocker stellte sich auf den Schemel. »Ich wollte, ich hätte einen Steinhäger.«
    »Im Vorzimmer vom Chef ist etwas im Eisschrank«, sagte Horstmann. »Hol es erst! Du zitterst ja wie ein Säufer!«
    »Ich bin müde und aufgeregt«, sagte Ocker. Er war beleidigt, dass Horstmann das nicht begreifen konnte, und ging auch beleidigt hinaus. Aber das dauerte nur Sekunden.
    Horstmann hörte ihn, wie er singend den Gang entlanglief. Er dachte daran, dass er schon einige Male auf diese Art Erfolg gehabt hatte. Man musste den Gegner nur lange genug beobachten, um ihn dann einfach an der schwächsten Stelle zu fassen und zu töten. Er hatte fast vergessen, dass Maria ihm die Lösung geschenkt hatte. Aber das war auch nicht wichtig. Alles andere war jetzt nicht mehr so sehr wichtig. Mit Ausnahme des Geldes natürlich.
    Ocker kam mit einer dunkelgrünen Flasche zurück. »Ich habe schon getrunken«, sagte er. »Das Zeug ist eiskalt. Es schlägt einem ein Loch in den Bauch. Sind die nun wirklich tot?«
    »Wahrscheinlich«, sagte Horstmann. »Bring eine von diesen Sauereien unter das Mikroskop. Wenn die Zelle noch funktioniert, habe ich mich geirrt. Aber zuerst aus größerer Höhe sprühen.«
    Er nahm Ocker die Schnapsflasche aus der Hand und trank. Es war irgendein Anisschnaps, den er nicht kannte. Er musste vorsichtig sein, er durfte nicht zu viel trinken. Ein Betrunkener, dachte er erheitert, ist ein schlechter Erpresser.
    »Sie sind tot«, brüllte Ocker von nebenan. »Wir haben es geschafft.«
    »Wir haben noch nichts«, sagte Horstmann. »Wir müssen jetzt erst abwarten, wie die Bäume reagieren und wie die übrige Tierwelt reagiert.«
    »Aber wenn du es dem Chef sagst, bist du der Größte«, sagte Ocker grinsend.
    »Das machen wir gemeinsam«, sagte Horstmann gutmütig. Eines war vollkommen sicher: Der Chef wusste in jedem Fall, dass Ocker die Nebenrolle spielte.
    »So was!«, sagte Ocker. »Die Zelle löst sich auf. Sie schrumpft. Jetzt Weiber und was zu saufen.«
    »Es ist fünf«, sagte Horstmann. Er war gierig.
    »Ich weiß einen Puff«, rief Ocker. »Da kann man auch trinken. Bis der Chef kommt, sind es noch drei Stunden.«
    »Gut«, sagte Horstmann. Er wusste jetzt exakt, wie er an das Geld kommen konnte.
    Das Bordell erwies sich als ein sogenanntes Frühlokal, Horstmann war erleichtert. Es war zwar

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