Der Monat vor dem Mord
ein paar Stunden in der Hand, und schon haben Sie eine Lösung. Wie macht man so etwas?«
Horstmann winkte müde ab. Es war eine gut einstudierte Geste. »Ich habe keine Lösung gefunden«, sagte er. »Ich habe nur den Ansatz einer Lösung gefunden. Ich weiß, wie ich die Tiere töten kann, ohne ein Gift zu verwenden, das auch Menschen tötet oder ihnen schadet. Das ist alles.«
»Schön«, sagte Bachmann. »Aber wie haben Sie das gemacht?«
Jetzt hatte Horstmann die Gelegenheit zu brillieren und verzichtete nicht darauf. Er hatte noch nie in seinem Leben darauf verzichtet. Er murmelte: »Sie haben mir einen Klumpen Würmer gebracht. Den habe ich genommen und mit nach Hause getragen. Dann habe ich mich vor den Klumpen gesetzt und ihn beobachtet. Vier oder fünf Stunden vielleicht. Ich habe alle Möglichkeiten des Todes, die mir bekannt sind, durchdacht. Dabei bin ich auf die Idee gekommen, die Würmer nicht wie Würmer zu sehen, wie Kiefernfresser, sondern wie Menschen. Verstehen Sie? Nicht wie Fresser, sondern wie Menschen. Und was glauben Sie, ist der schnellste Tod für einen Menschen?«
»Ich weiß nicht«, sagte Bachmann heiser. »Ich habe mich noch nie mit Tod beschäftigt. Ich weiß nur, dass er da ist. Das ist so ziemlich alles.« Er grinste kläglich.
Horstmann winkte wieder einmal müde ab. »Der Tod ist eine Sache, an die man wissenschaftlich herangehen kann, beinahe wie an jede Sache. Ich dachte mir, dass der schrecklichste Tod eine Mischung aus physischem Druck und Angst ist. Also ein Schock, wenn Sie so wollen. Und dann fiel mir die Zelle am Kopfende dieser grässlichen Dinger ein. Diese Zelle war nicht kleinzukriegen. Und woraus besteht eine Zelle? Nun, zumindest beinhaltet sie sehr viel Wasser. Angenommen, ich nehme ihr das Wasser, muss sie dann nicht erschrecken?«
»Das ist ungewöhnlich«, sagte Bachmann fasziniert. Eine Zelle ist doch kein Mensch.«
»Es ist kein Wahnsinn«, sagte Horstmann beinahe heiter. »Wie Sie wissen, kann man Flüssigkeit sehr rasch entziehen. Und dann hatte ich den Stoff.«
Bachmann drehte sich herum und ging wieder zu den toten Schädlingen auf dem Fußboden.
»Sie sind verreckt«, sagte Horstmann vergnügt. Er setzte zynisch hinzu: »Sie können es sogar mit einer Mund-zu-Mund-Beatmung versuchen.«
»Weiß der Chef schon davon?«
»Noch nicht. Aber er wird es bald wissen. Ich denke, wir können jetzt Versuchsreihen mit Tieren und Pflanzen anstellen.«
»Der Chef wird verrückt«, sagte Bachmann. Er war vollkommen geistesabwesend. »Die Firma macht sicher ein Bombengeschäft.«
»Wenn alles klappt, ja. Das war unsere Aufgabe.«
Der Praktikant Bachmann goss sich erneut etwas von dem Schnaps ein. Er murmelte: »Ich will Sie nicht beleidigen damit. Aber wissen Sie, dass man Sie im Mittelalter wegen Hexerei verbrannt hätte?«
Horstmann begann zu lachen, weil die Furcht des Jungen ihn stolz machte. Er, Horstmann, war dem Jungen unheimlich. »Eines Tages werden Sie derartige Stoffe auch finden«, sagte er.
»Ich weiß nicht.« Der Praktikant Bachmann nahm ein Messer und trennte vom Klumpen der Würmer in der Glasschale eine Portion ab. Er legte sie auf den Fußboden, zog sich einen Schemel heran, stellte sich darauf, nahm die Dose und sprühte den Stoff auf die Tiere hinunter. Er verfuhr aus eigenem Antrieb genauso, wie Ocker es in der Nacht nach Horstmanns Anordnung gemacht hatte.
»Bravo«, sagte Horstmann. »Sie sind wirklich talentiert.« Als die Würmer tot waren, hatte Bachmann seine Angst überwunden. Er begann zu lachen. »Wissen Sie, was man in der Firma über Sie sagt?«
»Nein«, sagte Horstmann scheinbar interesselos. In Wirklichkeit war er begierig, es zu erfahren.
Bachmann drehte sich zu ihm herum und sagte: »Jeder hier hat Sie ziemlich gern. Aber es gibt auch eine Menge Leute, die behaupten, ihre Erfolge seien einfach unheimlich. Sie nennen Sie den Killer vom Dienst.«
»Aber das ist doch ganz unmöglich«, murmelte Horstmann scheinbar bestürzt. Tatsächlich gab ihm dieses Urteil viel Selbstvertrauen. »Wie kann ich ein Killer sein? Normalerweise kann ich keiner Fliege etwas zuleide tun.«
»Schon«, sagte Horstmann, »aber ich kann verstehen, weshalb Sie manchen Leuten Furcht einjagen. Ich spürte die Furcht eben auch, als Sie ihre Überlegungen über den Tod anstellten.«
»Vergessen Sie das«, sagte Horstmann. »Ich versuche lediglich, einprägsame Vergleiche zu finden, die jeder versteht. Das ist alles.«
Ocker kam herein, ohne
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