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Der Mond im See

Titel: Der Mond im See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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beide.«
    Merkwürdige Begegnungen hatte ich an diesem merkwürdigen Abend. Erst Annabelle, die wie eine Fata Morgana an mir vorbeigeflogen war, dann dieser komische Jüngling, der einen Pferdepfleger markierte. Und dann dieses seltsam schöne Kind, das nicht laufen konnte. Es war schwer sein Alter zu schätzen. Es sprach so ruhig und gewählt wie ein Erwachsener. Aber er konnte kaum älter sein als sechs oder sieben Jahre.
    »Das ist schlimm«, sagte ich.
    »Ich hatte auch innen Verletzungen, und ich habe ein Jahr lang im Bett gelegen.«
    »Aber jetzt geht es dir besser?«
    »Viel besser. Nächsten Sommer kann ich auch schwimmen, sagte meine Großmama.«
    »Vielleicht schon diesen Sommer, es ist ja erst Juni. Hast du es schon mal probiert? Schwimmen ist sehr gut für die Glieder und die Muskeln.«
    »Ich kann überhaupt noch nicht schwimmen. Aber ich möchte es gern lernen.«
    Sicher würde Schwimmen gut sein, um die geschwächten Muskeln dieses Kindes zu kräftigen, dachte ich, nur war natürlich ein See wie dieser, der sehr schnell tief wurde, wie ich mich erinnerte, nicht das geeignete Gewässer dafür. Ein Bassin wäre besser.
    »Ilona kann gut schwimmen, nicht? Sieh nur, wie weit sie draußen ist.«
    Jetzt erst entdeckte ich die einsame Badekappe im See. Weiß Gott, da war ein Schwimmer draußen. Ich hatte nur auf das Kind geachtet und nicht auf den See geblickt.
    »Sehr weit draußen«, sagte ich. »Ein bißchen leichtsinnig.«
    Ilona, wer war das nun wieder? Vielleicht die Schwester von dem Jungen?
    »Jetzt kommt sie zurück«, sagte der Junge und winkte auf den See hinaus.
    Ein Arm hob sich aus dem Wasser und winkte zurück.
    Schweigend warteten wir auf die Schwimmerin, die in langen, kräftigen Zügen dem Ufer zusteuerte. Der graue Hund erhob sich sogar und wedelte mit dem Schweif. Ich sah ihn mir bei der Gelegenheit an. Ein Bastard, ein Schäferhundbastard, ziemlich groß und furchtbar mager, zottelig und ungepflegt. Ein bißchen besser konnten die Leute schon für den Hund sorgen.
    Ilona entpuppte sich als gutgewachsenes, sehr attraktives Mädchen. Sie hatte schöne breite Schultern und lange schlanke Beine, trug einen schwarzen Badeanzug, einteilig und ganz schmucklos. So etwas mochte ich. Ich war kein Freund dieser albernen Bikinis, die den hübschesten Mädchenkörper entstellten.
    »Du bist noch hier, René«, sagte diese Ilona, als sie bei uns angelangt war. »Es wird zu kühl für dich. Und auf den Steinstufen sollst du überhaupt nicht sitzen.«
    »Ich wollte sehen, wie du wiederkommst.«
    »Sie werden dich oben suchen.«
    »Wenn ich hinaufgehe, darf Amigo nicht mitkommen.«
    »Ja, ich habe schon gesehen, er ist wieder bei dir. Deine Großmama wird schimpfen.«
    Der Hund, als hätte er die Worte verstanden, hatte sich wieder gesetzt und drängte seinen Körper eng an den des Kindes.
    »Er kommt ja nicht mit ins Hotel. Er weiß schon, daß er das nicht darf«, sagte der Junge. Es klang resigniert. Aber dann blitzten seine Augen auf einmal zornig auf, und er rief:
    »Aber wenn ich groß bin, darf niemand mir meinen Hund wegnehmen. Und ich wohne nur in einem Hotel, wo ich ihn mitnehmen darf.«
    »Er ist nicht dein Hund«, sagte das Mädchen namens Ilona sanft, »er ist dir nur nachgelaufen, nicht wahr? Keiner weiß, woher er kommt, er ist ein Streuner. Im Hotel sind Hunde erlaubt, das hast du doch gesehen. Ein Pudel ist da und der niedliche kleine Dackel von den Herrschaften aus Stuttgart.«
    »Die gefallen mir alle nicht. Ich möchte ihn mitnehmen«, sagte der Junge und preßte den Hund ganz fest an sich, was der sich ohne Widerstand und ohne einen Laut von Protest gefallen ließ.
    Das Mädchen seufzte. »Das geht doch nicht, René, deine Großmama erlaubt es nicht. Er ist sehr schmutzig, das siehst du doch.« Sie beugte sich zu dem Hund hinab, legte ihm die Hand auf den Kopf. »Aber er hat schöne Augen. Und man sollte ihm etwas zu essen mitbringen.«
    »Ich habe ihm heute etwas mitgebracht. Großmama hat es erlaubt.«
    »Ich werde ihm morgen auch etwas bringen«, sagte Ilona.
    Sie ging zu der Bank, die unter der Eiche stand, nahm den Bademantel, der dort lag, und zog ihn an. Dann streifte sie die Badekappe vom Kopf und schüttelte ihre kurzen dunkelbraunen Haare.
    »Kommst du mit mir hinauf, René?«
    »Nein«, sagte der Junge trotzig. »Ich will noch hier bei meinem Amigo bleiben. Du wirst ihnen ja doch sagen, daß ich hier bin.«
    »Das muß ich doch. Du kannst schließlich nicht die ganze Nacht

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