Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Mond im See

Titel: Der Mond im See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
Vom Netzwerk:
lächelte kokett.
    Der Junge murmelte etwas Unverständliches und nahm der Stute den Sattel ab. Ich trat zu dem Pferd und klopfte es auf den Hals. Es war naß und kaute unruhig auf dem Gebiß. Typisch Annabelle – sie war immer wie eine Wilde geritten und brachte die Pferde meist naß nach Hause, wofür sie jedesmal von ihrem Vater einen Rüffel bekam. Der Graf war ein erstklassiger Reiter gewesen, und keiner, der ein Pferd geschont hätte. Aber auch keiner, der ihm zuviel zugemutet hätte. Er wußte genau, was und wieviel er einem Tier abverlangen konnte. Das letzte Stück heimwärts ging er im Schritt, seine Pferde kamen trocken in den Stall.
    Die Fuchsstute war gutgebaut, etwas klein, mit zierlichen Gelenken, sie mußte arabisches Blut haben. Ein hübscher, ausdrucksvoller Kopf mit großen Augen. Der junge Mann nahm sie am Zügel und wollte sie in den Stall fuhren.
    »Ich würde sie erst etwas trockenreiben«, sagte ich unwillkürlich. Es war mir so herausgefahren, ich hatte gar nicht beabsichtigt, mich einzumischen. Und bekam auch gleich die Quittung.
    »Geht Sie das was an?« murrte der junge Mann und warf mir einen ärgerlichen Blick zu.
    »Natürlich nicht, entschuldigen Sie bitte«, sagte ich höflich.
    Ein zweiter Blick folgte, etwas verlegen. Er griff sich eine Handvoll Stroh und rieb dem Pferd den Rücken und die Flanken ab.
    Die Schwester kicherte albern. »Du wirst es schon noch lernen, Jeannot«, sagte sie.
    »Kümmere dich um deinen Kram«, fuhr er sie an. Dann gönnte er uns beiden keinen Blick mehr.
    Die Krankenschwester oder was immer sie war sah mich an, schnitt eine Grimasse und lächelte dazu, genauso kokett wie vorher.
    »Keine Manieren der junge Mann. Aber was kann man schon von einem Pferdeknecht anderes erwarten.«
    Ich dachte, der junge Mann namens Jeannot würde ihr einen in der Nähe liegenden Striegel an den Kopf werfen, aber er nahm keine Notiz mehr von ihr. Auch nicht, als sie sagte: »Na, ich geh. Ich hab' schließlich noch was zu tun.«
    Ein letztes Lächeln zu mir, dann schritt sie leichtfüßig, sich ein wenig in den Hüften wiegend, die Stufen hinauf, die von den Ställen aus in den Schloßhof führten. Ich blickte ihr nach. Also bei einem nicht gerade zu schwerwiegenden Leiden würde ich mich ganz gern von der pflegen lassen.
    Jeannot führte die Stute in den Stall, und ich ging ihm nach. Nur vier Pferde standen noch hier, die anderen Boxen waren mit Stroh und Heu oder mit Geräten ausgefüllt.
    Außer dem Fuchs gab es einen hochbeinigen, kräftigen Schwarzbraunen, der die Ohren anlegte und nach mir schnappte, als ich in seine Nähe kam. Er und die Fuchsstute waren die besten Pferde im Stall. Die beiden anderen, ein gemütlicher dicker Brauner und ein schon bejahrter Schimmelwallach, machten bestimmt keine großen Sprünge mehr.
    Ich wollte Jeannot gern wieder versöhnen und fragte: »Wird hier denn viel geritten?«
    Er schüttelte den Kopf. »Seit ich hier bin, ist erst einer zum Reiten gekommen.«
    »Wie lange sind Sie denn schon hier?«
    »Seit zwei Wochen.«
    Na ja, da konnte er ja noch nicht soviel Ahnung haben von dem Betrieb. Was mich betraf, so juckte es mich bereits. Reiten würde ich für mein Leben gern wieder einmal. Und wenn kaum Gäste da waren, die Wert darauf legten, sich auf dem Pferderücken in der Gegend zu tummeln, war das für mich vielleicht drin. Zusammen mit Annabelle – es war kaum auszudenken.
    »Die Pferde müssen doch bewegt werden?« fragte ich scheinheilig.
    »Das ist es ja«, sagte er und blickte mir zum erstenmal voll ins Gesicht. »Der Herr will hier reiten?«
    »Vielleicht«, sagte ich. Er nahm wohl an, daß ich Gast im Hotel sei, und ich hielt es für unnötig, ihn aufzuklären.
    Unwillkürlich blickte ich auf die Hände des jungen Mannes, sie waren schmal und sensibel, Knabenhände – fast Mädchenhände, könnte man sagen. Auf jeden Fall war der Stall nicht der gewohnte Arbeitsplatz für diesen Jüngling, so viel stand fest. Vielleicht ein Student, ein Schüler, der sich in den Ferien etwas verdienen wollte? Wie alt mochte er sein? Neunzehn, zwanzig, älter bestimmt nicht.
    »Da nehmen Sie am besten den Schimmel«, sagte er, etwas zutraulicher nun, »der ist sehr brav und geht recht nett. Die Fuchsstute reitet nur die gnädige Frau.«
    »Wen meinen Sie mit ›die gnädige Frau‹?«
    Er warf mir einen mißtrauischen Blick zu. »Die Tochter von der Chefin.«
    »Ach so. Und was ist mit dem Großen hier?« Ich wies auf den

Weitere Kostenlose Bücher