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Der Mond im See

Titel: Der Mond im See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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hier sitzen bleiben.«
    Jetzt erst sah dieses Mädchen mich an. Sie hatte sehr helle graue Augen unter dunklen Brauen und dunklen Wimpern.
    »Wer sind Sie eigentlich?«
    Ich stand auf. »Mein Name ist Ried.«
    Ihr Blick war mißtrauisch. »Ja und? Was tun Sie hier? Der Park ist nur für Hotelgäste.«
    So eine ekelhafte kleine Kröte. Eine Einbildung hatte so ein Fratz heutzutage, bloß weil sie in einem Luxushotel wohnen konnte, was vermutlich ihr Vater oder ihr Liebhaber bezahlte. Nichts geleistet bisher in ihrem Leben, aber arrogant und hochmütig, das lernen sie alle schnell.
    »Das ist mir bekannt«, sagte ich. »Ich wohne im Gutzwiller-Haus. Soviel ich weiß, gilt man dort auch als Hotelgast.«
    »Ach so«, sie errötete ein wenig und blickte mich ärgerlich an. »Das wußte ich nicht. Entschuldigen Sie bitte. Ich habe Sie noch nicht gesehen. Sind Sie heute angekommen?«
    »Ja. Heute nachmittag.«
    »Es tut mit leid. Bitte entschuldigen Sie.«
    Damit wandte sie sich und ging mit ihrem grünen Bademantel von uns fort. Der Junge blickte von unten zu mir auf und grinste. »Jetzt war sie aber böse, nicht?«
    »Scheint so. Willst Du nicht lieber doch von den Stufen aufstehen?«
    »Kann ich ja machen.«
    Ich streckte ihm die Hände entgegen. »Ich helfe dir.«
    »Danke«, sagte er, ergriff meine Hände, und ich zog ihn hoch. Dann reichte ich ihm die Krücken, die er sich in die Achselhöhlen legte. Aber er blieb stehen und blickte auf den See hinaus. Der Hund stand neben ihm.
    »Kommst du allein hinauf zum Schloß?«
    »Wird sowieso gleich einer kommen, mich holen«, sagte er unlustig.
    Der Hund blickte zu ihm auf. »Wo wirst du denn bloß schlafen, Amigo?« fragte der Junge unglücklich.
    »Der Hund gehört dir also nicht?«
    »Nein. Er gehört niemandem. Überall jagen sie ihn fort. Aber zu mir kommt er immer. Sie wollen es nicht, Sie verstehen nicht, daß er mein Freund ist.«
    Ja, dieses Unverständnis der Erwachsenen! Ich wußte gut genug, wie oft ein Kind darunter leiden muß. Warum begriffen sie nicht, diese Eltern oder Großeltern oder wer immer für dieses Kind zuständig war, daß der kranke Junge einen Freund brauchte. Und dieser verwahrloste graue Bastard sah genauso aus, wie man sich einen Freund vorstellte.
    »Wie kommt er denn hier in den Schloßpark?«
    »Ich weiß auch nicht. Eines Tages war er plötzlich da. Ich lag in einem Liegestuhl. Und da saß er auf einmal neben mir. Und seitdem kommt er jeden Tag. Auch wenn sie ihn immer wegjagen.«
    »Hm. Ich verstehe.« Der Hund blickte von ihm zu mir und von mir zu ihm. Er schien unser Gespräch genau zu verfolgen. Er mochte vielleicht nicht schön sein im Sinne einer Rassenauslese. Aber er hatte schöne Augen, wie diese Ilona gesagt hatte. Und er sah intelligent aus.
    »Na, da haben wir es ja«, sagte der Junge auf einmal. »Jetzt kommt die schon.«
    Richtig, von oben kam etwas angezappelt, etwas Blaugekleidetes mit weißem Häubchen und wehender weißer Schürze. Eine alte Bekannte von mir, Schwesterchen vom Pferdestall.
    »Ist das deine Pflegerin?«
    »Leider.«
    »René«, rief sie schon von weitem. »Du ungezogener Bub, überall suche ich dich. Du sollst doch nicht allein ans Wasser gehen, wie oft habe ich dir das gesagt.«
    Der Hund knurrte und drängte sich enger an den Jungen.
    Atemlos langte die Schwester bei uns an, gab mir nur einen kurzen Blick und nahm dann den Jungen an der Schulter.
    »Überall habe ich dich gesucht. Deine Großmama ist schon ganz aufgeregt.«
    »Wo soll ich denn schon sein?« sagte der Junge und schüttelte ihre Hand ab. »Ich kann nicht den ganzen Tag im Liegestuhl sein. Der Doktor hat gesagt, ich muß laufen, damit meine Beine wieder kräftiger werden.«
    »Ich wollte mit dir Spazierengehen, aber du warst nicht da. Und dann war ich am Stall, und da warst du auch nicht. Und dieser gräßliche Köter ist auch wieder bei dir. Weg da! Scher dich fort!«
    Und damit hob sie den Fuß und stieß nach dem Hund, der jedoch geschickt zur Seite wich. Er schien so etwas schon zu kennen.
    Die Augen des Jungen flammten auf, so wie vorhin schon, ganz dunkel wurden sie vor Zorn. »Wirst du ihn nicht treten, du blödes Frauenzimmer! Er kommt schon nicht mit hinauf, er weiß ganz genau, daß er das nicht darf.« Er hob die eine Krücke.
    »Wenn du ihn noch einmal trittst, haue ich dir den Stock auf den Kopf.«
    »René!« rief die Schwester empört. »Wie benimmst du dich denn? Ich werde das deiner Großmama erzählen. Du weißt ganz

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