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Der Mond im See

Titel: Der Mond im See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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dich ganz drüben behalten im Schloß.«
    Ich nahm sie in die Arme, hob sie hoch und küßte sie auf beide Wangen.
    »Bist du verrückt geworden, Bub?« rief sie entsetzt.
    »Geliebtes Tantenmädchen! Mir geht's gut, gut, gut. Und mir gefällt's großartig hier. Ich werde wohl gar nicht mehr nach Indien fahren und lieber hierbleiben.«
    »Na, sicher nicht meinetwegen«, sagte Tante Hille trocken. »Und jetzt geh wenigstens in den Keller, hol den Wein rauf.«
    Am Nachmittag machte ich mich daran, das Apfelkammerli aufzubrechen. Ich probierte erst verschiedene Schlüssel, und als nichts dabei herauskam, versuchte ich es mit einem gebogenen Draht. In diesem soliden Haus hatte sogar das Apfelkammerli ein solides Schloß. Es dauerte eine Weile, bis ich Erfolg hatte.
    Schließlich drehte sich das Schloß innen, ich brummte befriedigt vor mich hin, drückte die Klinke herunter und … Ja, die Tür ging auf. Das erste, was mir auffiel, war ein komischer Geruch. Aber ich kam nicht dazu, mich darüber zu wundern. Denn als ich die Tür weiter aufzog, kam etwas auf mich zu, ich wich unwillkürlich zurück, es gab einen dumpfen Plumps, und direkt vor meine Füße fiel ein Mensch. Ein Mann. Er mußte mit dem Rücken zur Tür im Apfelkammerli gesessen oder gehockt haben, was wußte ich, jetzt jedenfalls lag er hier vor mir. Ein weißes aufgedunsenes Gesicht, aus dem dunkle Augen anklagend zu mir aufstarrten.
    Ich war so entsetzt, daß ich mich nicht rühren konnte. Ich stand und starrte auf den Toten zu meinen Füßen. Das konnte doch nicht wahr sein! Im abgeschlossenen Apfelkammerli hatte einer eine Leiche aufbewahrt.
    Da hörte ich Tante Hilles Schritte auf der Treppe.
    »Hast du's auf?« rief sie. »Was ist denn da heruntergefallen?«
    Es kostete mich eine Menge Mühe, mich zu bewegen. Ich wandte mich zur Treppe und rief heiser: »Nicht! Komm nicht herauf!«
    »Warum denn nicht?« sagte Tante Hille verständnislos. Und da war sie schon oben.
    Ich versuchte ihr den Weg zu versperren, ihr den Anblick zu ersparen. Aber sie schob mich energisch beiseite. Und dann sah sie ihn. Sie machte zwei Schritte, blieb stehen, blickte mich an, dann den toten Mann, dann wieder mich.
    »Was ischt das?« fragte sie streng.
    Ich hob die Schultern. Das hätte ich sehr gern gewußt.
    »War der im Kammerli?«
    Ich nickte. »Allerdings. Und zwar schon seit mehreren Tagen.«
    Sie krauste die Nase. »Ja. Das merkt man.« Sie beugte sich etwas vor, wie um besser zu sehen, dann sagte sie: »Es ist Monsieur Bondy.«
    Natürlich, Monsieur Bondy. Der Zechpreller. Ganz logisch. Tote zahlen keine Rechnungen.
    Das erschien auch Tante Hille ganz einleuchtend. Sie nickte mehrmals mit dem Kopf und meinte dann versonnen: »Darum hat er nicht bezahlt.«
    Und dann wurde sie blaß und schwankte.
    Ich legte rasch meinen Arm um sie, führte sie beiseite, öffnete die Tür zu meinem Zimmer und schob sie hinein.
    »Setz dich. Ganz ruhig. Bitte, Tante Hille, keine Angst. Du darfst dich nicht zu sehr aufregen. Es wird sich alles aufklären.«
    Sie saß mit geschlossenen Augen auf dem Plüschsofa, atmete schwer. Ich fürchtete, sie würde gleich vom Schlag getroffen werden. Aber das war nur ein vorübergehender Zustand. Nach einer Weile öffnete sie die Augen, schob mich beiseite und unterbrach mein hilfloses Geplapper.
    »Was heißt, das wird sich aufklären? Er ist tot, nicht wahr? Das ist klar genug. Aber wie ist er in das Apfelkammerli gekommen? Ist er darin erstickt?«
    Nein, erstickt war er nicht darin. Hätte er sich selbst darin eingesperrt und nicht mehr herausgekommen, so hätte er sich wohl bemerkbar gemacht. Und außerdem, dann müßte ja der Schlüssel dasein.
    Widerstrebend ging ich noch einmal hinaus, um einen genaueren Blick auf die Angelegenheit zu werfen.
    Ich beugte mich herab, wagte aber nicht, den Toten zu berühren. Der schreckliche Geruch, der von ihm ausging, schien bereits das ganze Haus zu erfüllen und machte mich schwindlig. Es schien mir, als sei da getrocknetes Blut am Hinterkopf der Leiche. Jedenfalls hielt ich die braune Kruste dafür, die das Haar verklebt hatte. Ich spähte auch in das Kammerli hinein. Nein, es war kein Schlüssel zu sehen. Herr Bondy hatte sich nicht selbst eingesperrt. Das hatte ein anderer besorgt. Das Ganze ließ nur eine Deutung zu: Mord!
    Aber wer in der Welt ermordete Tante Hilles harmlose Feriengäste? Nicht meine Aufgabe, eine Antwort auf diese Frage zu finden. Aber wie und wer auch immer, es war eine

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