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Der Mond im See

Titel: Der Mond im See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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daß das da oben endlich entfernt wird«, rief sie energisch. »Das ganze Haus wird verpestet. Und Sie haben doch jetzt alles gesehen.«
    »Das bleibt, solange es gebraucht wird«, beschied der Sheriff nicht minder energisch.
    »Es ist schließlich mein Haus«, trumpfte Tante Hille auf.
    »Im Moment nicht«, erwiderte der Sheriff, »jetzt ist es der Schauplatz einer Ermittlung.«
    Sie maßen sich mit feindlichen Blicken. Als ich sah, daß Tante Hille den Disput fortsetzen wollte, legte ich den Arm um ihre schmalen Schultern und ging mit ihr ein paar Schritte hin und her.
    »Nur mit der Ruhe«, sagte ich. »Vom Streiten wird auch nichts besser. Das müssen wir jetzt mal durchstehen. Wie wär's denn, wenn das Gretli uns allen einen starken Kaffee kochen würde?«
    Dagegen hatte niemand etwas einzuwenden, auch das Auge des Gesetzes nicht.
    So traf uns der Polizeiwagen aus der Kantonshauptstadt auf der Bank, den beiden Gartenstühlen und den Haustorstufen.
    Zweifellos ein idyllischer Anblick. Auch das Ehepaar Kugler saß bei uns, sie durften nicht in ihr Zimmer, das dem Apfelkammerli direkt gegenüberlag, und waren naturgemäß sehr verstört. Auf jeden Fall wünschten sie noch am selben Abend abzureisen.
    »Bin ich froh, daß es nicht drüben im Hotel passiert ist«, sagte Madame Hélène leise zu mir.
    »Ein sehr egoistischer Standpunkt, Madame«, antwortete ich. »Und die arme Tante Hille? Der Schlag hätte sie treffen können.«
    Madame nickte schuldbewußt. »Ich weiß, ich weiß. So habe ich es auch nicht gemeint. Aber stellen Sie sich vor, wir hätten die Polizei drüben im Haus. Und alle meine Gäste würden abreisen.«
    »Das werden sie vielleicht noch tun. Denn ich vermute, daß der Mörder drüben im Schloß gewohnt hat. Oder vielleicht noch wohnt.«
    Sie blickte mich entgeistert an. »Meinst du das im Ernst?«
    Nein. So ganz im Ernst meinte ich es nicht. Jedenfalls konnte ich mir nicht vorstellen, daß er noch hier war, falls er wirklich hier gewesen sein sollte. Aber ich war fest überzeugt, daß derjenige oder diejenigen, die dem armen Monsieur Bondy seinen Urlaub so unfreundlich verdorben hatten, nicht hier aus dem Ort stammten, sondern entweder gleichzeitig mit ihm hier gewesen oder ihm nachgereist waren. Vermutungen darüber anzustellen, warum man ihn getötet hatte, war ein müßiges Beginnen. So viel verstand ich immerhin als Kriminalromanleser, daß man nicht nur nach dem Täter, sondern vor allem nach dem Motiv forschen mußte.
    Und darum mußte man wohl erst einmal nach dem Tun und Treiben des Monsieur Bondy forschen. Vielleicht ließ sich die ganze Angelegenheit dann sehr rasch aufklären.
    Dieser Meinung schienen auch die Herren aus der Kantonshauptstadt zu sein. Sie waren verhältnismäßig rasch mit ihrer Untersuchung fertig, die nun etwas routinemäßiger vor sich ging, verhörten uns dann alle kurz noch einmal, sich dabei der Aufzeichnungen und Beratung des Sheriffs bedienend. Sie gingen auch hinüber ins Hotel, Fräulein Ilona von der Rezeption mußte Rede und Antwort stehen, die Daten des Monsieur Bondy vorweisen, soweit sie vorlagen, die sich – um dies vorwegzunehmen – als vollkommen wertlos erwiesen. Denn von einem Monsieur Bondy hatte man in Bern bei der angegebenen Adresse noch nie gehört.
    Aber das wußten wir an diesem Tage noch nicht.
    Es wurde Abend, bis es einigermaßen ruhig im Hause geworden war. Als wir drei allein waren, blickten wir uns etwas ratlos an. Und nun? So tun, als ob nichts gewesen wäre? Das war nicht so einfach. Ich blickte etwas ängstlich auf Tante Hille. Sie sah blaß und abgespannt aus, doch sie hielt sich aufrecht wie immer.
    Appetit auf ein Abendessen hatten wir nicht. Das Gretli brachte Brot, Butter, etwas Wurst und Käse ins Wohnzimmer. Wir taten so, als ob wir äßen.
    »Tja«, sagte ich. Und dann besprachen wir den ganzen Fall noch einmal von vorn bis hinten.
    Ich hatte an diesem Abend vorgehabt, bei meinem Freund Ruedi einen Schoppen zu trinken. Galt die Einladung noch?
    »Du willst fortgehen?« fragte Tante Hille.
    »Du fürchtest dich doch nicht etwa?«
    Sie preßte die Lippen zusammen. »Ich fürchte mich nicht.«
    »Dazu besteht auch kein Anlaß. Das war ein gezieltes Attentat auf Bondy ganz allein. Uns wird keiner hier etwas tun. Ich meine, du solltest ein bißchen fernsehen, das wird dich ablenken. Es wird ja nicht gerade wieder ein Krimi gezeigt werden.«
    »Ich fürchte mich nicht«, wiederholte Tante Hille energisch. »Außerdem haben wir

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