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Der Mond im See

Titel: Der Mond im See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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sagte ich, als wir an Land stiegen.
    »Was?«
    »Na, daß diese Brüder da morgen aus Paris kommen. Kannst du nicht abtelefonieren? Wäre doch viel netter, wenn wir allein wären.«
    »Hm«, machte sie.
    »Ruf doch einfach an«, drängte ich. »Sag, daß du plötzlich abreisen mußt.«
    Sie zog sich die Badekappe vom Haar und blickte mich strafend an.
    »Ich muß mich über dich wundern, Walter, kaum bist du hier, stellst du Ansprüche. Jahrelang war ich dir piepegal. Und nun soll ich deinetwegen einen alten Freund verraten? Bloß weil du dich ein paar Tage hier aufhältst?«
    »Aber der stört doch nur.«
    »Wen?«
    »Mich. Und dich hoffentlich auch.« Ich faßte sie an den Armen und zog sie dicht an mich heran.
    Sie blickte unter halbgesenkten Lidern zu mir auf. »Wer sagt denn das?«
    Da hatten wir es. Vor einer halben Stunde hatte sie mich leidenschaftlich geküßt. Und jetzt – das ging immerzu auf und ab, warmer Sonnenstrahl, kalte Dusche, so gefiel es ihr. Und die Besucher aus Paris würden prima in ihr Spiel passen. Da konnte sie mich so richtig zappeln lassen.
    »Schau mich nicht so an, als ob du mich fressen willst«, sagte sie liebevoll. »Yves ist sehr nett, du wirst sehen. Wir werden zusammen viel Spaß haben.«
    »Wenn du dich nur nicht irrst. Denke nicht, daß ich hier eine Dreieckskomödie aufführe. Mit mir nicht.«
    »Frühstücken wir erst mal«, sagte sie, »vielleicht wirst du dann friedlicher.«
    Auf der Terrasse trafen wir Renate Thorez, Renates Mama und René. Wir setzten uns zu ihnen, und mir kam gleich eine blendende Idee. Wenn Annabelle dachte, sie könne mir vielleicht einheizen mit ihrem blöden Yves, dann würde sie sich wundern. Dann würde ich ganz einfach dieser bildschönen, melancholischen Renate den Hof machen. Der würde etwas Abwechslung ganz guttun.
    Bildschön war sie wirklich, auch jetzt im hellen Morgenlicht. Ein Gesicht wie von Künstlerhand geformt, ich mußte sie immer wieder ansehen. Gute alte Rasse mußte es sein, ein wenig dekadent vielleicht, was ja auch beides an dem Jungen deutlich zu sehen war. Aber sie war blaß und hatte Schatten unter den Augen, geradeso als hätte sie nicht viel geschlafen in dieser Nacht. Auch die alte Dame, ihre Mutter, erschien mir heute morgen etwas angegriffen. Vielleicht hatten sie noch bis spät in die Nacht hinein geredet, Mutter und Tochter, hatten die Sorgen um das kranke Kind geteilt, Renates Kummer um die zerstörte Ehe – was wußte ich.
    René löffelte lustlos an seinem Haferbrei.
    »Schmeckt es dir nicht?« fragte ich.
    Er schüttelte den Kopf.
    »Vielleicht solltest du lieber ein Brötchen mit Butter und Marmelade essen? Die Brötchen sind sehr schön knusprig.«
    Er nickte eifrig. »Das hätte ich viel lieber.«
    »Aber René«, rief seine Mutter, »warum sagst du denn nicht, was du willst? Du kannst doch alles bekommen.«
    Sie blickte mich ganz schuldbewußt an. »Der Brei steht auf seinem Diätplan.«
    »Alles Unsinn«, sagte ich ehrlichen Herzens. »Wozu braucht er denn Diät. Inwendig fehlt ihm doch nichts.«
    »Er ist so empfindlich. Eine Zeitlang konnte er überhaupt nichts essen und hat sich immer übergeben, und deshalb –« Sie blickte hilflos auf den Jungen, der im Moment aber gar nicht so hinfällig aussah, sondern ganz munter und angeregt. Die Aussicht auf ein interessantes Frühstück machte ihm offensichtlich Spaß.
    »Und dann möchte ich furchtbar gern ein Ei«, erklärte er mit Bestimmtheit. »Und Kaffee.«
    Ich lachte laut auf. »Na bitte. So krank ist er gar nicht mehr. Iß nur, was dir schmeckt, René, dann wirst du am ehesten wieder gesund.«
    Auf einmal lächelte er mich an, froh, ganz kindlich, geradezu strahlend war dieses Lächeln. Mir wurde es warm ums Herz. Und ich glaube, dies war der Moment, in dem ich den Jungen endgültig ins Herz schloß. Dies war der Moment, von dem an ich mich für ihn verantwortlich fühlte. Ich wußte es nur noch nicht.
    Eine Weile später sahen wir ihm befriedigt zu, wie er mit großem Appetit sein Ei auslöffelte, in eine Buttersemmel biß und zwei Tassen Kaffee mit viel Milch trank. Es schmeckte ihm. Ich blickte Renate an und sah, daß sie Tränen in den Augen hatte, obgleich ihr Mund lächelte. Und ohne zu überlegen, was ich tat, legte ich meine Hand auf ihre, die neben mir auf dem Tisch lag.
    Als sie mich überrascht ansah, nickte ich ihr zu. »Kommt schon wieder in Ordnung. Keine Bange.«
    Und dann errötete ich und zog meine Hand zurück.
    Sie nahm mir die

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