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Der Mond im See

Titel: Der Mond im See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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Gewitters. Gegessen hatte er fast nichts. Ruedi war zweimal dagewesen. Das zweitemal nach dem unverständlichen Tränenausbruch am Nachmittag. Er hatte ihm eine Beruhigungsspritze gegeben. Darum schlief er jetzt fest und tief.
    »Dr. Lötscher meint, die drückende Atmosphäre sei schuld daran«, berichtete Renate.
    »Das kann doch auch sein. Sogar ich war heute nachmittag trübe gestimmt«, sagte ich.
    Wir blickten genau wie Yves zur Tanzfläche. Annabelle und der Amerikaner tanzten Wange an Wange. Er lächelte dusselig-selig dazu Sie machte eine undurchsichtige Miene. Vor drei Tagen hatte ich dort mit ihr getanzt. Und war so verdammt glücklich gewesen. War es wirklich erst drei Tage her?
    »Ärgern Sie sich nicht«, sagte Renate. »Sie meint es nicht so.«
    Ich blickte hinüber zu Yves, der diese Bemerkung gehört und wieder sein ironisches Grinsen im Mundwinkel hatte.
    »Warum sollte ich mich ärgern«, sagte ich laut. »Mich geht es nichts an. Wenn sich einer ärgern müsste, dann Monsieur Marcheaud.«
    »Pourquoi?« meinte Yves. »Bill tanzt immer auf diese Weise. Alors, c'est l'amérique. Les goûts sont différents.«
    Annabelle und Bill kamen zurück, sie lachte mich an, ein wenig herausfordernd, wie mir schien. Dann leerte sie ihr Glas mit einem Zug. »Es ist immer noch heiß, nicht?«
    »Hier drinnen«, sagte ich. »Draußen ist es ziemlich abgekühlt. Vielleicht sollte Jonny die Tür etwas öffnen.«
    Jonny versuchte es mit einer Tür, aber die dort sitzenden Damen, die samt und sonders obenherum sehr freigiebig waren, protestierten. Also schwitzten wir weiter. Und bestellten eine neue Flasche. Gastgeber war, wie es schien, Mister Bill.
    Eine Weile plauderten wir belangloses Zeug. Annabelle benahm sich ein bißchen albern, sie lachte zuviel und verteilte ihre Aufmerksamkeit zwischen Yves und dem Amerikaner. Mich beachtete sie kaum.
    Als wieder ein Tanz begann, beugte sich der Amerikaner zu Renate. »Come along, will you?«
    Erschrocken wehrt Renate ab. »No, thank you. Nein, wirklich nicht.«
    »Unsinn«, rief Annabelle und gab ihr einen Schubs. »Sei doch nicht so eigensinnig. Bill tanzt fantastisch. Das wird dich ablenken.«
    Renate lächelte hilflos. Bill nahm sie einfach an der Hand und zog sie mit.
    »Und du tanzt jetzt mit mir«, befahl Annabelle und sah mich an.
    »Wieso denn ich? Erst ist Monsieur Marcheaud dran.«
    »Er tanzt nicht.«
    »Jamais«, bestätigte Yves, ohne sich zu rühren.
    Also gut, tanzten wir. Schweigend zunächst. Sehr korrekt. Im Vorbeigehen sah ich, wie Renate ebenfalls sehr korrekt und gerade tanzte, bemüht, der Wange Bills auszuweichen, die sich ihr immer wieder näherte. Ihre Miene war kühl.
    »Na?« fragte Annabelle nach einer Weile.
    »Hm?«
    »Du bist nicht sehr charmant heute abend.«
    »Nein? Das tut mir leid.«
    »Hab' ich dir was getan?«
    »Nein. Wer sagt das?«
    »Ich dachte. Magst du mich nicht mehr?«
    Ich sah sie an. Sie hatte den Kopf etwas zurückgebogen und blickte unter halb gesenkten Lidern zärtlich zu mir auf. So wie ich mir immer wünschte, daß sie mich ansehen sollte. Und trotzdem …
    »Ich weiß nicht«, sagte ich ehrlich.
    »Oh! Du bist sehr wankelmütig, mon ami.«
    »Ich?«
    »Du. Seit Renate hier ist, bin ich für dich passé.«
    »So kann man es auch sehen.«
    »So ist es.«
    Ich schwieg. Bedeutete mir Renate wirklich so viel? Ich nahm regen Anteil an ihr, das stimmte. An ihr und an dem Jungen. Sie gefiel mir, ich bewunderte sie. Aber es waren ganz andere Gefühle, als ich sie für Annabelle empfand.
    »Reiten wir morgen wieder?« fragte Annabelle.
    »Wenn du Zeit hast?«
    »Für Chérie auf jeden Fall«, sagte sie und lächelte. »Und wenn ihr mitkommt, Bojar und du, dann freuen wir uns.«
    »Vielleicht regnet es morgen früh.«
    »Vielleicht. Aber das macht nichts. Wenn es nicht gerade gießt. Übrigens war ich gestern nachmittag bei Peter im Krankenhaus. Es geht ihm schon sehr gut. Er ist auf und wird übermorgen entlassen. Er meint, in einer Woche kann er wieder arbeiten.«
    »Das wäre gut für eure Pferde.«
    »Ja. Das finde ich auch. Er braucht ja nicht zu reiten. Hauptsache er ist wieder im Stall.«
    Nein, es war gar nicht notwendig, daß Peter gleich wieder reiten würde. So blieb mir übrigens Bojar noch eine Weile. Ich merkte, daß ich mich schon auf den morgigen Ausritt mit ihm freute. Und ich hatte sie endlich wieder für mich allein, meine flatterhafte Annabelle. Aber darin sollte ich mich täuschen. »Bill wird mitkommen«,

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