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Der Mond im See

Titel: Der Mond im See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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sagte sie. »Er reitet sehr gern.«
    Da hatten wir es. Auch auf dem Ritt am Morgen gehörte sie mir nicht mehr allein.
    »Hoffentlich nicht auch Wange an Wange«, knurrte ich.
    »Sei nicht kindisch«, sagte sie. »Das ist eben amerikanisch.«
    »Ja, ja, ich weiß. C'est l'amérique. Dein Freund Yves klärte mich bereits darüber auf.«
    »Oh, ihr habt darüber gesprochen? Das sieht euch ähnlich. Wie gefällt er dir?«
    »Monsieur Marcheaud?«
    »Ja. Von ihm reden wir doch, nicht?«
    »Mir braucht er nicht zu gefallen, nicht wahr?«
    »Nicht unbedingt. Er kann sehr charmant sein, weißt du. Heute ist er ein bißchen – ich weiß auch nicht, zerstreut, würde ich sagen.«
    »Ich kenne ihn nicht, wie er sonst ist. Ungewöhnlich charmant finde ich ihn nicht. Aber um ihn noch mal zu zitieren: Les goûts sont différents.«
    Sie lachte. »Er ist auch sehr klug. Und sehr geistreich. Er schreibt Bücher.«
    »Ich bin beeindruckt. Muß man dazu klug sein?«
    »Oh, ich glaube, n'est-ce pas? Es sind sehr schwierige Bücher, die kein Mensch versteht. Literatur. Nouvelle vague, falls du dir darunter etwas vorstellen kannst.«
    »Vage«, sagte ich und war von meinem Wortspiel selbst entzückt. Annabelle fiel es nicht weiter auf, wie geistreich ich sein konnte.
    »Verdient er damit denn so viel Geld?«
    »Nicht sehr viel«, gab sie zu.
    »Dann wundere ich mich.«
    »Worüber?«
    »Daß du ihn heiraten willst.«
    »Oh, er schreibt auch anders. Zum Beispiel Chansons für eine bekannte Pariser Diseuse. Und für den Film. Wer sagt, daß ich ihn heiraten will?«
    »Du.«
    »Ich? Ich denke nicht daran. Das wäre auch zu komisch.«
    Nun verstand ich gar nichts mehr. »Aber du liebst ihn doch?«
    »Ich? Mais, chérie, comme tu es stupide.«
    Na schön, kam mir selber schon so vor, als sei ich dumm.
    »Du hast doch gesagt …«, ich verstummte hilflos. Es fiel mir schwer zu wiederholen, was sie gesagt hatte.
    »Ich sage manches«, belehrte mich Annabelle. »Du darfst nie so ernst nehmen, was ich sage.«
    Das stimmte. Nicht ernst nehmen, was ich sage. Nicht ernst nehmen, wenn sie mich küßte. Und falls Yves ihr Liebhaber war, tat er gut daran, das auch nicht zu ernst zu nehmen. Aber er sah nicht so aus, als ob er das täte. Langsam kam ich mir vor wie ein Hinterwäldler.
    »Er ist sehr amüsant«, sagte sie noch. »Er kennt tout Paris.« Dann war der Tanz zu Ende.
    Eine neue Flasche kam. In der Bar war es drückend heiß und sehr voll. Das Trio machte reichlich Krach. Das Wilberger Nachtleben begann mir auf die Nerven zu gehen. Etwas später forderte ich Renate zum Tanzen auf. Sie kam bereitwillig mit mir, aber nach wenigen Schritten sagte sie: »Seien Sie mir nicht böse, aber ich möchte gehen. Ich habe Kopfschmerzen.«
    Wir bewegten uns zum Rand der kleinen Tanzfläche hin, und ich begleitete sie hinaus.
    Draußen im Gang war es still und kühl. Renate strich mit der schmalen Hand über ihre Stirn. »Schrecklich! Ich frage mich, wieso den Leuten das Vergnügen macht.«
    »Das frage ich mich auch. Wollen wir ein paar Schritte an die Luft gehen?«
    Erst sah es aus, als wolle sie ablehnen, aber dann nickte sie. Wir kamen an der Garderobe vorbei, ich nahm meinen Mantel und hängte ihn ihr um. Wir gingen am Kaminzimmer vorbei, das sich geleert hatte, öffneten die Tür zur Terrasse und traten hinaus. Es hatte aufgehört zu regnen. Der Himmel war klar, voller Sterne. Und mitten über dem See hing der Mond. Rund und silbern.
    Wir gingen bis zum Rand der Terrasse, auf der noch das Wasser in Pfützen stand. Ich blickte besorgt auf Renates Lacksandaletten. »Sie werden nasse Füße bekommen.«
    »Das macht nichts. Ich gehe ja dann gleich hinauf.«
    Vom Rand der Terrasse konnte man zwischen den Bäumen auf den See blicken. Mitten im See schwamm silbern der Mond. Mir fiel der alte Spruch ein: »Wenn der Mond im See schwimmt, kommt der Tod oder die Liebe.«
    Ich erzählte Renate davon.
    Sie lachte. »Vollmond ist erst morgen.« Aber dann wurde sie ernst. »Ja, es ist schon wahr. Beides gehört zusammen. Denn wirkliche Liebe ist so schlimm wie der Tod. Wenn nicht schlimmer. Der Tod bedeutet Ruhe. Vielleicht. Wir wissen es ja nicht. Aber Liebe – Liebe ist schlimmer als der Tod.«
    »Liebe kann auch sehr schön sein«, sagte ich ungeschickt.
    »Ja? Ich weiß es nicht.« Und nach kleinem Schweigen: »Doch, ich weiß es. Sie kann schön sein. Aber nur für kurze Zeit.«
    Ich hätte gern mit ihr über René gesprochen. Davon, daß auch dies Liebe

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