Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
in der Hinterhand haben?
Am frühen nächsten Morgen ließen sie ihre Geheimwaffe Rolf auf die Stadt los. Er hatte keinen anderen Auftrag als möglichst viele aus der Luft gegriffene Fehlinformationen zu verbreiten. Da seine Kommunikation ohnehin hauptsächlich darauf beruhte, dass sich die Einheimischen selbst ausdachten, was er meinen könnte, geriet Rolf nicht in Verdacht gezielt zu lügen.
Daneben ließen sie durch wenige ausgesuchte, aber keineswegs eingeweihte, einheimische Agenten Vorräte für ein kleines Volksfest einkaufen. Der als einziger voll informierte Doktor Benthan war hierbei hilfreich, weil er viel unauffälliger agieren konnte, als etwa Katjas neuer Privatsekretär und dabei auch noch verschwiegener war.
Natürlich schröpften die Einkäufe die knappen Reserven der Gesellschaft noch mehr, doch diese Auslagen waren nuneinmal nötig. Die einzelnen Einkäufer wurden sofort als Agenten der Catjary erkannt und mit Fragen überhäuft und die Nachricht von ihrem ´heimlichen´ Tun, verbreitete sich wie ein Lauffeuer.
Erst am Abend ging die erste gezielte Wolke von Einladungen in der Stadt nieder. Geladen wurden alle Mitarbeiter der Catjary im weiteren Sinne, sowie ihre Angehörigen. Dazu kamen scheinbar wahllos ausgewählte Vertreter der Stadt und aus der Waldläufergilde, sowie bestimmte Händler, allerdings nicht unbedingt die einflussreichsten. Geladen wurde ´zu einem Fest, um die sichere Rückkehr der tapferen Männer und Frauen vom Tafelberg zu feiern, das Eröffnungsangebot der Catjary zu unterbreiten und einer glorreichen gemeinsamen Zukunft entgegenzugehen´.
Durch die kurzfristige Einladung war es niemandem mehr möglich, irgendeine organisierte Reaktion auf diese Einladung zu planen und sich zu Sinn und Zweck des seltsamen Gebarens einen vernünftigen Reim zu machen [39] . Für Spekulationen am Stammtisch dagegen reichte die Zeit, und es würde kaum einen geben, der so frei von Neugierde wäre, dass er freiwillig dieser Veranstaltung fernbliebe. Es gab ein wildes Geschacher um den Tausch von Diensten und vielerorts wurden Heute-geschlossen-Schilder blank poliert und bereitgelegt. Diejenigen, die eine Einladung hatten, die es erlaubte, jemanden mitzubringen, waren in vielen Fällen plötzlich ziemlich beliebt. Und so mancher beschloss, dass er wichtig genug - und seine Einladung gewiss nur verloren gegangen sei.
Einige vertrauenswürdige Schlüsselfiguren aus der Gesellschaft selbst hatten, unter der Maßgabe der absoluten Geheimhaltung, spezielle Order erhalten, und da sie sich dadurch privilegiert vorkamen, schwiegen sie tatsächlich lange genug, damit sich niemand ein Gesamtbild des Plans der Handelsgesellschaft, der Catjary machen konnte.
Am nächsten Morgen strömten die Massen, wie bestellt in das Kontor im Aussiedlerhof. Die Tore standen weit offen und auf dem Marktgelände warteten die wenigen zumindest teilweise eingeweihten Mitarbeiter mit Gratisgetränken und kleinen Imbissen auf die Besucher. Informationen gaben sie keine heraus. Die Gründungsmitglieder der Catjary waren indessen nirgendwo zu sehen. Es stand ein hohes Podium in der Mitte des Marktgeländes bereit, und am Rande waren vier leere Tische mit je einem Stuhl davor und dahinter unter einer Markise aufgestellt.
Die letzten Nachzügler eilten herbei und man verständigte sich allgemein darüber, dass es noch nichts zu sehen gab, und ließ sich in den wildesten Spekulationen aus.
Irgendwann wurden sich die Ersten bewusst, dass da, wie aus dem Nichts erschienen, plötzlich doch jemand auf dem hohen Podium hinter dem Rednerpult stand. Es war Katja und sie trug ein ungemein beeindruckendes, ausladendes weißes Kleid. Zu ihrem Kopfputz gehörte ein ebenso strahlend weißer Schleier, der ihr Gesicht so weit bedeckte, das man ihre Identität nur erraten konnte.
Sie liebe Leserinnen und Leser und auch ich, hätten es sofort als vergleichsweise billiges Hochzeitskleid identifiziert, das übertrieben strahlende, durch sogenannte ´optische Aufheller´ erzeugte Weiß sogar für zu grell, um noch geschmackvoll zu sein, eingestuft. Doch hier, wo noch niemand je etwas Ähnliches gesehen hatte, rief es große Bewunderung hervor. Es verschaffte Katja eine Aura des Mystischen oder Magischen.
Katja hatte einfach in dem Podium abgewartet. Als gerade niemand hinzusehen schien, kam sie durch eine Klappe an der Oberseite heraus. Jetzt bildete sie sofort den absoluten Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Sie stand einfach nur
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