Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
schweigend da. Dann erhob sie beide Hände mit den Handflächen nach außen und wandte sich, immer noch ohne einen Ton von sich zu geben, mit dieser großen Geste in alle vier Himmelsrichtungen. Diese Gelegenheit nutzten die Pilchers, Sven und Alf durch die Vordertür hereinzuschlüpfen und nahezu unbemerkt hinter den bereitstehenden Tischen platzzunehmen. Sie trugen Kleidung aus den Beständen, die aus dem Flugzeug geborgen worden waren und die hineichend ähnlich ausfiel, als eine Art Uniform durchzugehen.
Sowie die neu erschienenen Catjary von mehr Menschen bemerkt wurden, gab es an diesem Rand einiges Geraune.
Doch bald wandten sich alle wieder erwartungsvoll der viel beeindruckender aussehenden Katja zu, die jetzt mit großer Geste ihre Hände sinken ließ und ihren rechten Zeigefinger an den verschleierten Mund führte. Die Geste erzeugte, wie beabsichtigt, absolute Ruhe. Nun wandte sich Katja um zum hinteren Teil des Kontorgeländes, wo in diesem Augenblick Rolf betont zackig vortrat. Er hatte sein gewaltiges Schwert gegürtet und das allein genügte, damit der ungewöhnlich große und kräftige junge Mann die meiste Aufmerksamkeit erlangte. Lena trat zu ihm. Sie hatte als Einzige einheimische Kleidung gewählt, und zwar das wundervolle blaue Kleid, das Alf ihr geschenkt hatte. Auch sie trug ihr Schwert gegürtet. Lena ging entschlossenen Schrittes voraus. Ein wohlabgestimmter Cocktail von Substanzen, den der Doktor zu diesem Zweck zusammengestellt hatte, stellte sicher, dass sie nicht vor lauter Lampenfieber zusammensackte. Rolf, der auf diese Weise wie ein richtiger Riese erschien, folgte forschen Schrittes eine Armlänge hinter, eine links neben ihr. Instinktiv bildeten die Besucher eine Gasse für die Beiden.
Katja half Lena auf die Empore, und Rolf nahm davor Aufstellung. Lena verbeugte sich tief vor der Lichtgestalt Katja und Katja verbeugte sich ihrerseits vor der erwartungsvollen Menschenmenge. Dann entschwebte sie sanft in Rolfs Begleitung zu ihrem alten Büro. Rolf nahm mit der Hand am Schwertgriff mitten vor der Tür Position.
Es war Lena nicht leichtgefallen, zu akzeptieren, dass sie hier die Hauptrolle spielen musste. Dennoch waren sie übereingekommen, dass man Katja nicht zu der Menge sprechen lassen konnte. Sie hatte sich noch nicht genügend daran gewöhnt, mit jedem Wort eine Wertung zu transportieren, um von einem großen Publikum angenommen zu werden. Im Gespräch mit Einzelnen konnte sie ihre Stärken eher ausspielen. Daher waren sie auf die Idee verfallen Katja als Lichtgestalt in einer seltsamen, jedoch betont feierlichen Zeremonie auftreten zu lassen. Lena hatte den Schwarzen Peter mit der öffentlichen Ansprache am Hals.
Die Leute hätten nicht einen Augenblick länger ruhig abgewartet, was hier passierte und hingen regelrecht an Lenas Lippen, sobald sie mit lauter, fester Stimme zu sprechen begann: „Liebe Freunde und Freundinnen, sehr verehrte Vertreterinnen und Vertreter von Stadt und Gilden und nicht zuletzt alle diejenigen, die uns das besondere Privileg gewährt haben, für unsere Gesellschaft, die Catjary, an unserer Seite zu arbeiten!
Wir haben Euch heute hierher eingeladen, mit uns zu feiern, dass alle, die am vorgestrigen Tage auf dem Hochplateau gefangen waren, errettet werden konnten.“
Da Lena persönlich am unteren Ende des Rettungskabels gestanden hatte und maßgeblich für die Rettung mitverantwortlich war, wurden ihre Worte wohlwollend aufgenommen. Es folgte aber kein Applaus. Auf H´Veredy drückte man seine Achtung für einen Redner oder Künstler im Allgemeinen durch Schweigen und stille Gesten aus. Ein Spektakel zu veranstalten hätte das genaue Gegenteil bedeutet.
„Die Catjary war bisher eine kleine und verschlossene Gemeinschaft. Manche hielten uns gar für ´geheimnisumwittert´. Tatsächlich hat uns das große, gerade noch verhinderte Unglück daran gemahnt, dass wir, der Rat der ursprünglichen Catjary, nicht genügend mit Euch geteilt haben. Diejenigen, deren Arbeit wir unsere größten Erfolge verdankten, erhielten als Gegenleistung nichts als schnöden Lohn. Die Stadt, die uns so offenherzig aufgenommen hat, bekam nichts weiter, denn ein paar Steuereinnahmen.
Daher haben wir Euch alle hier zu diesem festlichen Beisammensein geladen, auch um endlich einmal mit Euch zu teilen.“
Daraufhin brach dann doch hier und da ein wenig Gemurre aus. Diese Reaktion war einkalkuliert. Wenn eine als reich angesehene Firma verkünden lässt, sie wolle
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