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Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)

Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)

Titel: Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hühn
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benehmen kannst. Ich war dabei. Wir waren uns einig, dass du aus dem Verein fliegst, wenn du dir bei dem Turnier auch nur die geringste Verfehlung erlaubst oder dich danach nicht mäßigen kannst. Dein Vater hat darauf bestanden, dass wir mit aller Strenge darauf achten, dass du deine Lektion lernst. Jetzt hast du deine Eltern vielleicht für immer verloren und du hast nichts Besseres zu tun, als sie bitter zu enttäuschen! Denk mal darüber nach. Aber denk darüber nach, während du Pflöcke schnitzt!“
    Das war selbst für Mira zu viel. Sie brach in Tränen aus und fügte sich für den Augenblick. Auch alle Anderen schienen eingeschüchtert. Bernds Rolle als Assistent des Judolehrers wurde nun noch vermeintlich durch elterliche Autorität gestützt, die durch den Verlust der Eltern an Kraft gewonnen hatte. Selbst Alex, der versucht gewesen war, etwas gegen Bernds verbalen Angriff zu sagen, brachte diese Kombination zum Verstummen. Jetzt kommt hier endlich ein bisschen Ordnung rein , versuchte Bernd, sich sein eigenes Vorgehen schön zu reden, obgleich er vor sich selbst erschrocken war.
    Er hatte die Ideen, die in einer vorausgehenden Beratung gefallen waren, schlicht und ergreifend zu eigenen Befehlen umfunktioniert. Seine Version des Elterngespräches war deutlich zurechtgebogen, das konnte er vor sich selbst nicht verbergen. Ein weiteres Mal gelang es ihm, sich selbst einzureden, dass dieses Verhalten nötig gewesen wäre, um die Anderen vom Palavern zum Handeln zu bringen. Ja, manchmal muss man ein bisschen Härte zeigen. Survival heißt schließlich Überleben, und dabei darf man nicht zimperlich sein.
     
    *
    Verena war am Ende. Bernd hatte sie jeden Tag unbarmherzig vorangetrieben. Sie traute sich nicht, wegen ihres Bauches, ihres Beines oder der Hand, um frühere Rast zu bitten. Da sie nichts sagte, hatte Bernd kein Problem damit, ihr viel mehr zuzumuten, als sie aushalten konnte. In diesem Zustand so weit durch den Dschungel zu klettern, war nichts anderes als stetige Folter für sie. Das hier war das genaue Gegenteil von einem Rehabilitationstraining. Die Überbeanspruchung verhinderte, dass ihre Blessuren sich zurückbilden konnten. Mit Ausnahme der Schwellung des Beines gingen ihre Beschwerden nicht zurück. Die Hand hatte sich nach der anfänglichen Besserung entzündet und fühlte sich jetzt abwechselnd heiß und taub an und juckte unerträglich. Die braunen und gelben Flecken an ihrem Bein waren zu oberflächlichen, eiternden Wunden geworden. Waschungen mit abgekochtem Wasser, die Lisa bei manchem Abendlager auf Alex´ Rat hin versuchte, brachten allenfalls geringfügige Linderung.
    Auch kleinere, an sich ungefährliche Quälgeister trugen mit ihrer unablässigen Präsenz erheblich zu Verenas Zermürbung bei. Unter den Bedingungen ständiger Lebensgefahr noch von Moskitos, Zecken und Blutegeln ausgesaugt zu werden, war alles Andere als ein Spaß. Selbst die kleinen ungefährlichen Nacktschnecken, die den größten Teil der tierischen Biomasse in diesen Wäldern ausmachten, konnten erstaunlich unangenehm werden. Irgendwann konnte Verena es nicht mehr ertragen, morgens aufzuwachen und im ganzen Gesicht voll Schneckenschleim zu sein.
    Verena hatte durchaus den Eindruck als kämen sie recht zügig voran. Unterhalb der Dichten Baumkronen gab es eine Zone, in der Querstämme, das bildeten, was Verena für sich manchmal den Dschungelhighway nannte. Wenn nicht gerade dichtes Strauchwerk oder Dornicht den Weg versperrte, konnte sie auf den unglaublich breiten Stämmen meist recht bequem laufen. Nur wenn sie auf feuchtem Moos ins Rutschen geriet, wurde sie jäh wieder daran erinnert, dass direkt unter ihr noch ein düsterer Abgrund von über hundert Metern liegen konnte. Allerdings sah Verena im dichten Wald nie irgendwelche Landmarken, die das gute Vorwärtskommen zu einem Erfolgserlebnis gemacht hätten. Dafür gab es viel zu viele Giftspinnen und anderes Getier in unmittelbarer Nähe, das man tunlich zu meiden hatte.
    Am meisten setzte es Verena zu, wie Bernd mit den Anderen umsprang. Seit dem Aufbruch war er wie verwandelt. Er erlaubte keinerlei Eigeninitiative. Er bestimmte wann und wie viel sie aßen, wann sie Rast machen sollten und selbst wann sie zu schlafen hatten. Nur an Verena wandte er sich niemals direkt. Wenn sie versehentlich nicht tat, was er verlangt hatte, ignorierte er das. Verena war ja ohnehin nicht aufmüpfig. Lisa gelang es gut, sich hinter Verena zu verstecken, aber Alex stand

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