Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
Also war die Gelegenheit nicht schlecht, diese ständige Gefahr auf dem für sie so wichtigen Weg zu beseitigen. Andererseits wussten sie nicht sicher, ob ihre Schwerter in der Lage waren, so ein dickes, chitingepanzertes Bein mit einem Hieb sauber abzutrennen. Lena machte sich keine Illusionen, dass das Insekt sie mit seinen Fangbeinen glatt zerquetschen könnte, sollte es sie erwischen.
Sie besah sich die Lage genauer: Der Platz, auf dem sich das Tier aufhielt, war hinreichend groß, dass man kaum fürchten musste, bei einem Kampf abzustürzen. Der Untergrund oberhalb davon schien geradezu dafür gemacht zu sein, richtig schnell heranzustürmen. Hmmh. Einen besseren Platz gibt es nicht. So viel ist mal klar. Einen von den Brandsätzen darauf hinabzuwerfen, ist ebenfalls nicht ganz sicher. Sollte das Tier nach einem Fehlversuch angreifen, wären wir ihm frontal ausgeliefert und müssten unter den riesigen Dingern durch, die Alf ´Fangbeine´ nennt. Rolf brennt zweifellos darauf, anzugreifen. Alf ist unentschlossen. Was will ich selbst?
„Hört mal! Ich will das hier und jetzt austragen. Hier ist der Plan: Wir stürmen alle drei mit ein wenig Abstand zueinander den Berg runter. Unser Ziel sind die Hinterbeine, weil wir da am weitesten von den gefährlichen Klauendingern weg sind. Wenn sich das Tier einem von uns direkt zuwenden sollte, läuft derjenige sofort weg. Oder er bleibt in genügendem Abstand stehen und macht eine kleine ´Kerosinüberraschung´ bereit, während die Anderen weiter auf die Hinterbeine losgehen. Wenn wir die Beine nicht durchkriegen, versuchen wir es nicht weiter mit den Schwertern und werfen, wenn möglich, Brandsätze. Wenn nicht möglich, sehe ich da unterhalb von dem Monster eine Spalte, die als Deckung geeignet wäre. Falls ihr da reinmüsst, denkt aber an die Schlangenplage! Sollte einer von uns von dem Biest gepackt werden, versteckt sich natürlich niemand mehr, klaro?“
Der Plan war für ihre männliche Begleiter durchaus ´klaro´ und so stürmten sie kurz darauf auf Lenas Kommando hin los. Dieser erste Ansturm verlief glücklicher als erwartet. Das dumme Insekt wandte ihnen unverdrossen seine Flanke zu und drehte lediglich den fassgroßen, dreieckigen Kopf in ihre Richtung. So erreichten sie alle drei die Hinterbeine und bekamen Gelegenheit, kräftig zuzuschlagen. Alfs Klinge verursachte eine breite Kerbe und eine geleeartige Substanz spritzte aus der klaffenden Wunde. Auf halbem Weg blieb der Stahl trotz Allem stecken. Lena hatte tiefer auf das gleiche Bein gezielt. Ihre Kraft kam mehr aus der Schulter und so fehlte dem Bein nun mehr als ein Meter. Rolfs Hieb war technisch nicht besser ausgeführt als Alfs, doch dank seiner gewaltigen Kraft war das in diesem Fall nebensächlich. In Überkopfhöhe schnitt er glatt durch sein Ziel. Der gewaltige Körper kippte daher in seine Richtung. Rolf gelang es mühelos, nicht darunter begraben zu werden.
Allerdings hielt sich das besiegte Tier danach nicht mehr an Lenas Drehbuch. An sich war es hilflos und todgeweiht, aber auf der Seite zu liegen, war für seine Art nicht natürlich. Daher begann es, herumzustrampeln. Ehe sie es sich versahen, wurde Alfred von dem einzigen noch intakten, vorderen Schreitbein in den Bauch getroffen. Der Tritt selbst war nicht so schlimm, da es sich nicht um einen ruckartigen Hieb, sondern vielmehr um einen sanft ansetzenden Stoß mit darauf folgender Beschleunigung handelte. Alf wurde von den Füßen gerissen und meterweit durch die Luft geschleudert, wobei er sich mehrfach um seine eigene Achse drehte, bevor er ein ganzes Stück oberhalb in flachem Winkel über den Felsen kullerte.
Es stellte sich bald heraus, dass er Glück im Unglück gehabt hatte. Das Schwert, das ihn ansonsten sicherlich schlimm zugerichtet hätte, hatte er gleich zu Anfang fallen gelassen und der Aufprall hatte viel dramatischer ausgesehen, als er wirklich war. So konnten sie sich, nachdem sie sich erst mal zurückgezogen hatten, dem Tier erneut mit großer Vorsicht annähern und es töten. Dazu war mehr nötig, als sie geglaubt hatten. Den Kopf zu entfernen war allein nicht ausreichend. Erst nachdem sie zusätzlich noch den ganzen Unterleib und die Fangbeine abgetrennt hatten, wurden die zuckenden Bewegungen des Wesens allmählich langsamer. Endlich konnten sie es für tot erklären.
Als die Drei frischgebackenen Helden schließlich am See ankamen, war die Überraschung auf allen Seiten groß. An dem steinigen Abschnitt des
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