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Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)

Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)

Titel: Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hühn
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kamen sie mit einem Kupferkessel zurück, in dem ein deftiger Eintopf munter vor sich hin blubberte. In der Mitte des Raumes wurde rasch Platz freigeräumt und eine einfache Tafel aus Holzplanken wurde aufgestellt. Dort nahmen sie alle Platz und spachtelten fröhlich drauflos. Es kam Verena seltsam vor, nach so langer Zeit wieder aufrecht an einem richtigen Tisch zu sitzen. Vermutlich geht es nicht nur mir so. Immerhin sind alle Anderen hier richtige Waldläufer, wahrscheinlich schon ein Leben lang.
    Verena musste sich vorsehen. Sie stand immer noch unter dem Einfluss von dem Schmerzblocker, den Barwarin ihr verabreicht hatte, würde also nicht bemerken, wenn sie sich an dem heißen Eintopf verbrannte. Zuerst merkte sie daher gar nicht so recht, dass sich ein Tischgespräch entwickelt hatte, das immer lebhafter wurde, je länger es währte. ´So schweigsam wie ein Waldläufer im Dschungel´, war ein verbreitetes Sprichwort. Hier in der Gilde hätte man nichtsmehr davon ahnen können. Zunächst ging es hauptsächlich um die Scherenkrabbeninvasion, der CAveedo, Barwarin und Verena knapp entgangen waren. Es bestand allgemein Einigkeit darin, dass eine so große Krabbenflut als Jahrhundertereignis angesehen werden müsste und dass die Drei einen der ganz wenigen Punkte in der Gegend gefunden hatten, wo man sich davor in Sicherheit bringen konnte. Dabei war das damit verbundene Abenteuer nur ein Nebenaspekt. Ein großer Teil der Diskussion rankte sich um die Frage, wie sich der zusammengebrochene Urwald in den kommenden Jahren entwickeln würde und welche Gefahren daraus entstünden, vor allem aber auch, welche nützlichen Pflanzen und Tiere bei so einer Neubesiedlung in den einzelnen Phasen zu erwarten wären. Dann kam man auf die Themen Geld und Politik. Sehr interessant fanden einige die Frage, was aus der Gilde in Lianta Xintall genau geworden sei. Viele hatten dort Sparvermögen liegen gehabt und vermutlich waren die Meisten davon verloren oder von den Xirien gestohlen worden. Man war sich allgemein einig, dass es Zeit für die Waldläufergilden sei, einen gemeinsamen Boykott der Stadt durchsetzten. Dazu war ein Antrag nötig, der von einer genügenden Zahl Gildenmitglieder initiiert wurde. Der Text konnte dann in allen Gildenhäusern ausgehängt werden. Sobald ein Drittel der Mitglieder darüber abgestimmt hätte und die Mehrheit dieser Mitglieder für den Antrag war, wäre er verbindlich [49] . Auf diese Weise kam man auch ohne die schwerlich zu organisierende Institution einer Gildenversammlung aus.
    Barwarin hatte mit Verena über die zu Grunde liegende Thematik bereits gesprochen, daher wusste sie in groben Zügen bescheid:
    Lianta Cintall, wie die Stadt von ihren Einwohnern genannt wurde, war eigentlich der klassische Fall einer sogenannten ´Sterbenden Stadt´. Die adelige Oberschicht war zu gierig geworden. Sie hatte zu viele Plantagen, vor allem für die Herstellung von Textilien anlegen lassen und zugelassen, dass die Bevölkerung immer mehr anwuchs. Das war ausgesprochen dumm und unverantwortlich. Unter den Bedingungen dieser Welt gab es eine gewisse Grenze, jenseits derer selbst die am besten organisierte Großstadt nicht mehr auf die Dauer funktionieren konnte. Ging man zu weit, begannen die Einwohner unweigerlich, den Dschungel, der sie ernährte, nicht mehr nachhaltig zu nutzen, sondern immer mehr auszuplündern. So etwas konnte auch ohne das dekadente Feudalsystem geschehen, war dann aber leichter wieder zu regulieren. War dieser krankhafte Prozess einmal eingeleitet, konnte leicht ein Teufelskreis beginnen. Die nachhaltige Nutzung eines angegriffenen Ökosystems wurde aufwendiger. Daher arbeitete man immer weniger nachhaltig, insbesondere wenn es eine abgehobene Oberschicht gab, die mit allen Mitteln durchsetzte, dass ihr Lebensstandard auch in der Krise in keiner Weise angegriffen wurde. Irgendwann beschleunigte sich das Siechtum einer betroffenen Stadt immer mehr. Es ergab für normale Menschen keinen Sinn mehr, dort zu bleiben, wenn man wenige Tagesreisen entfernt einen Dschungel vorfinden konnte, der, zumindest auf der Durchreise, allerorten mehr als genug leicht zu erlangende Nahrung bot. Die Stadt ´starb´ durch Abwanderung, manchmal bis zur kompletten Entvölkerung, manchmal nur bis sie sich gesund geschrumpft hatte und langsam wieder auf eine vernünftige Größe wachsen konnte.
    In Lianta Xintall gab es eine sehr abgehobene Adelsschicht, die fragte: „Was? Wir sollen sterben oder unseren

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