Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
Aktion nur hinderlich sein konnten. Nur die Sagurunda zückte stattdessen ihr stählernes Beil.
Barwarin ist schon bereit, zuzupacken, und die Schlange ist sowieso auf ihn fixiert. Jetzt oder nie.
Verena ließ sich herabfallen und landete, wie sie es geplant hatte, im Nackenbereich des Tieres. Sie drückte dadurch den Vorderleib und den gewaltigen Kopf zu Boden. Leider konnte sie dabei nicht den Bereich direkt hinter dem Kopf packen, da fehlte noch ein guter halber Meter Schlangenleib. Das war schade. Wäre es Verena direkt gelungen, den Kopf zu fixieren, hätte das Tier nicht mehr zubeißen können und hätte damit auch seine gewaltigen Würgekräfte nicht richtig einsetzen können. So wandte es hingegen pfeilschnell seinen Kopf und schnappte zu.
Das Letzte, was die Umstehenden richtig sahen, war der Biss in den vom Seil geschützten Arm, den Verena vor sich hielt. Einige waren noch nicht richtig bereit, einzugreifen. Doch Barwarin und zwei Jäger versuchten sofort Schwanzende und hintere Windungen zu fassen zu bekommen, um die tödliche Umklammerung zu beenden, bevor sie richtig begann. Alle waren höchst überrascht, dass das gar nicht nötig wurde. Das riesige Tier ließ, statt sich zusammenzuziehen, seinen mächtigen Leib schlapp herabsinken. In der Mitte des Ganzen tauchte Verena wieder auf und war bereits dabei ihren Arm zu befreien. Kaum war ihr das gelungen, wickelte sie ein freies Ende des teilweise verhedderten Lederseiles fest um die Schnauze des Tieres und verknotete es. „Rasch Barwarin, ich brauche auch dein Seil! Die Schlange ist nur bewusstlos!“, rief sie aufgeregt. Ihr Ärger und ihre Unsicherheit waren wie weggeblasen, dafür war sie umso trunkener von ihrem Erfolg und dem Jagdfieber.
Niemand außer Verena konnte sich so recht erklären, was da genau geschehen war. Zunächst waren auch alle damit beschäftigt, das bereits wieder erwachende Tier zu fixieren und zu töten. Danach erst ging die Fragerei los. Da Barwarin nicht einmal die Gelegenheit zu einer Übersetzung gelassen wurde, blieben alle Fragen unbeantwortet bis sich die Sagurunda dazugesellte. Da war Ruhe. „Die Anführerin möchte wissen, wie du die Silberschlange besiegt hast“, erklärte Barwarin knapp. „Und ich wüsste es auch gerne“, fügte er hinzu. „Um mit einem Handkantenschlag ihre Nackenwirbel zu zerstören, wie du es damals bei der Tapun-Schlange getan hast, war diese hier jedenfalls zu dick. Da sind zu viel Haut und Muskeln drüber.“
Verena grinste stolz. „Das war mir klar. Deswegen habe ich auf den Hinterkopf gezielt. Dadurch habe ich ihr Hirn eine Weile lahmgelegt.“
Barwarin schüttelte ungläubig den Kopf, übersetzte dann aber dennoch. Auch die Sagurunda schüttelte ihren Kopf, bevor sie wieder sprach.
„Sie meint, sie hätte schon gesehen, wie Leute ähnliches mit einer schweren Keule versucht hätten und gescheitert seien. Sie will wissen, ob es da einen besonderen Trick gibt“, übersetzte Barwarin weiter.
„Sag ihr, man muss in der Lage sein, fester und präziser zuzuschlagen als jemand mit einer Keule. Das ist der einzige Trick, den ich kenne.“
Unterwegs zu dem Dorf herrschte zunächst große Aufregung. Die Schlange wog gut und gerne hundertfünfzig bis zweihundert Kilogramm und damit gab es natürlich keinen Grund mehr, die Jagd an diesem Tage fortzusetzen. Verena erntete immer noch viele seltsame Blicke, doch jetzt war die Botschaft dahinter eine ganz andere. Trotzdem fühlte sie sich, sobald der Jagdrausch abgeklungen war, nicht so ganz wohl damit. Sie benötigte eine Weile um zu verstehen, dass es nicht allein die viele Aufmerksamkeit war, die ihr zu schaffen machte. Sie trat nah an Barwarin heran. Um sicherzugehen, dass sie sonst niemand verstehen konnte, sprach sie ihn auf Deutsch und nicht auf Cion an: „Es tut mir leid. Ich habe dich eben fürchterlich behandelt und dann noch in Angst und Schrecken versetzt, als ich auf die Silberschlange losgegangen bin. Das war vollkommen unverantwortlich von mir. Bitte verzeih mir. Es hat sich erst gut und richtig angefühlt, aber jetzt geht mir auf, dass ich dir damit weh getan habe. Ich werde so was nicht wieder tun.“
Barwarin schwieg einen Moment. Verena fand, dass seine Blicke vorwurfsvoll wirkten. Als er schließlich sprach, tat er es sehr langsam und bedächtig: „Du hast mir einmal gedroht, du würdest mich verlassen, wenn ich noch einmal jemanden absichtlich verletzte, der es nicht verdient hat“, kommentierte er und ließ
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