Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
Urheimat ähnlicher als alles, was sie auf H´Veredy zuvor kennengelernt hatte.
Verena hatte viel, viel Glück, dieses Wagnis heil zu überstehen. Letztlich wurde die Zeit, die sie sich selbst zugestanden hatte, dennoch knapp. Punktgenau erreichte sie die Nordspitze des Salzwassermeeres. Dort stolperte sie in das Gildenhaus einer Kleinstadt, deren Namen sie nicht einmal kannte. Sie war sicher, das Unternehmen nichtmehr in der selbstgesetzten Frist schaffen zu können. Verena hatte keinerlei Geld und Wertsachen mehr bei sich, von denen sie eine solche Passage hätte bezahlen können. Und sie musste feststellen, dass sie ausgerechnet hier nicht über ein Gildenkonto verfügte. Zwar hatte sie früher versucht, Gelder an alle Küsten dieses Meeres zu transferieren, doch manchmal ging eben Gildenpost verloren. Ihr Journal, bzw. die Möglichkeit es abzuschreiben, wurde aber mit Freuden als Ausgleich für Kost und Logis akzeptiert.
So aß und trank sie sich im Gemeinschaftsraum des Gildenhauses satt, erzählte den anwesenden Kollegen erschöpft und mit knappen Worten, was sie getan hatte und was ihr Plan gewesen war. Dann schlief sie in einem der Sessel ein. Sie schlief lange, praktisch eine ganze H´Veredy-Nacht durch und träumte von Barwarin, der sie schalt, wie unvernünftig eine derartige Eile für eine Waldläuferin sei.
Dennoch war sie kaum wachzubekommen, als sie am nächsten Morgen gerüttelt und geschüttelt wurde. Nur, weil es ihr einfacher schien, zu tun was man von ihr erwartete, trottete sie mit einer Gruppe aufgeregter Waldläufer mit, die sie unbedingt irgendwo hinbringen wollten.
Irgendwer will mich kennenlernen, aber wieso? Bestimmt hat man mir das gesagt. Die reden jetzt immer noch alle auf mich ein, und ich begreife gerade mal gar nichts.
Erst beim Geruch von Seeluft schwante ihr, worum es gehen konnte. Kurz darauf bogen sie um eine Ecke in den Hafen ein. Tatsächlich führte man sie direkt auf ein mittelgroßes Schiff. Verena kannte sich mit der Seefahrt kaum aus, sonst wären ihr die schnittigen Rumpfformen und die große Segelfläche aufgefallen.
„Willkommen auf der ´Seekatze´! Willkommen, H´Verena Nachtläuferin, willkommen H´Verena die Verrückte, die die Strecke Valfian - H´Cuudim in nur einem Jahr schaffen will!“, brüllte ihr ein Mann regelrecht ins Ohr, der wohl der Kapitän sein musste.
„Und ich werde der Kapitän sein, der so bekloppt ist, dafür zu sorgen, dass du nicht scheiterst! Ab mit dir unter Deck, wir laufen sofort aus!“
Kapitän Bekloppt also. Ein richtiger Name wäre mir lieber.
Verena hätte sich schon gewaltsam befreien müssen, um nicht sofort in eine Kajüte geführt zu werden. Wo sie da hineingeraten war, erfuhr sie erst später.
„Der Kapitän heißt nicht ´Bekloppt´ sondern Cerak!“, rief ihr später einer der Matrosen über den bereits tobenden Wind zu. „Er ist aber verrückt!“
Das konnte Verena inzwischen eindeutig nachvollziehen. Jeder vernünftige Mensch hätte bei solch einem Wetter längst die Segel reffen lassen und zugesehen, unter Land zu kommen. Serak schien aber kein anderes Streben mehr zu kennen, als so rasch wie möglich nach H´Cuudim zu gelangen. Auch als standhafte Waldläuferin fiel es Verena schwer, hier auf den Beinen zu bleiben. Immer wieder verschwand der Rumpf scheinbar auf Nimmerwiedersehen in einem Wellental, das ihr bis zum Meeresgrund herabzureichen schien, um dann wieder in luftige Höhen emporgeschleudert zu werden. Trotzdem wollte der Kapitän sie sogleich unbedingt in seiner Kajüte sehen.
Der Weg über das Deck, das immer wieder aufs Neue von meterhohen Wellen überspült wurde, sollte später zu Verenas schlimmsten Angsterinnerungen werden. Doch, vor allem weil sie unterwegs angeseilt wurde, schaffte sie es bis zum Heck und in die geräumige Kajüte Kapitän Seraks.
Dort sollte es mehrere Stunden dauern, bis die vom Kapitän gewünschte Unterredung überhaupt möglich wurde. Denn so lange dauerte es, bis das Schiff sich in Gewässer bewegt hatte, die wenigstens etwas ruhiger waren. Bis dahin wurde der Kapitän an Deck gebraucht. Verena konnte nichts weiter tun, als sich in dessen Kajüte an den Möbeln festzuhalten und zu hoffen, dass sie nicht kenterten.
Schließlich kehrte Serak triefnass zurück. Inzwischen war eine Unterhaltung möglich, wenn auch nicht ohne lautes Rufen.
„Das war knapper als ich geglaubt hätte, bei allen Seeteufeln!“, eröffnete der Kapitän Verena.
Folgendes konnte sie
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