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Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)

Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)

Titel: Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hühn
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zurückzulassen und sich vorsichtshalber auf höheres Gelände zurückzuziehen. Die angemessene Zeit, um eine lange Schlafphase zu beginnen, war längst vorüber. Doch sie konnten hier keine Rast riskieren, und so kam zu der Anstrengung noch völlige Übermüdung. Wir können uns nicht einmal anseilen, weil wir in den Schlittengespannen festhängen. Wenn ein Schlitten einbricht, reißt er alles mit.
    Unter sich hörte Lena wiedereinmal das Knirschen und Reißen von Eis. Diesmal hörte es nicht wieder auf. Sie sah die Risse in alle Richtungen wachsen und wusste, sie würde sich niemals von dem Schlitten befreien können, bevor sie in die Tiefe gerissen wurde. Weiterkämpfen schien zwecklos. Sie ließ sich auf die Knie sinken und rief: „Ich liebe dich, Alfred!“
    Als das Eis zehn Schritt um sie herum nachgab, und herabzustürzen begann, rief sie noch einmal „Hörst du, Alf, ich liebe dich!“
     
    *
    Alfred hatte das sehr wohl gehört, und als er sah, wie der Untergrund unter seiner Lena begann, sich aufzulösen, verlor auch er, metaphorisch gesprochen, den Boden unter den Füßen. Ohne sich im Mindesten um sich selbst zu scheren, ließ er Herrn Pilcher in den Schnee plumpsen und rannte auf die Gefahrenstelle zu. „NEIN, LENA!“
     
    Sekunden, nachdem das Eis gebrochen war, kniete Alf neben Lena in einem Schmelzwassertümpel und hielt sie schützend im Arm. Die eisige Kälte bemerkten sie beide nicht.
    Schließlich musste Katja Rolf anweisen, hinabzusteigen und sie aus dem gefährlich kalten Wasser zu zerren, da sie auf Ansprache nicht reagierten. Unter der dünnen Eisdecke war hier nur noch ein niedriger Hohlraum. Lena war nicht tiefer als 30 Zentimeter gefallen. Auch der Fluss musste sich einen anderen Weg gesucht haben. Hier gab es nur einen stehenden, felsigen Tümpel mit maximal einem halben Meter Wassertiefe. Etwas weiter Richtung Horizont musste der Untergrund, wegen der leichten Steigung, endlich wieder fest werden. Der Schlitten wurde aus dem Loch gezerrt. Alfred und Lena standen beide so unter Schock, dass sie kaum wahrnahmen, wie Katja veranlasste, dass sie in trockene Kleidung gehüllt und gezwungen wurden, einige Hundert Meter weiter zu einem geeigneten Lagerplatz zu stolpern. Sie waren nicht zu bewegen, sich bei all dem nur einen Augenblick gegenseitig loszulassen. Auch als sie später in einem gut geheizten Zelt saßen und von Rolf geduldig heiße Suppe eingeflößt bekamen konnten sie noch lange die Welt um sich herum nicht begreifen. Selbst das bald darauf ertönende Freudengeheul ihrer Freunde über irgendeine Entdeckung und die enthusiastischen Rufe brauchten eine Weile, um irgendeine Bedeutung für sie zu erlangen.
    Schließlich wurde selbst das erschöpfte Ehepaar Pilcher aus dem Zeltlager getragen, um ihnen irgendwas zu zeigen. Lena und Alf hatten noch nicht aufgehört, heftig zu zittern, doch Katja bestand darauf, auch sie gleich noch einmal aus dem Zelt zu holen. Aus gutem Grund, wie sich herausstellen sollte.
    Lena und Alf sahen, was hinter dem Horizont lag und es verschlug ihnen den Atem. Der Schock, der aus Verlustangst und eisigem Wasser geboren war, musste langsam weichen.
     
    *
    Schlotternd stand Lena da und starrte fassungslos in die Ferne. Immer noch hielt sie krampfhaft ihren Alf im Arm. Wie durch ein Wunder hatte der Tod sie noch nicht getrennt. Lena war nicht besonders religiös, und dem Atheisten Alf war jedes Mal sichtlich unwohl, wenn sie dennoch betete. Jetzt leistete sie sich trotzdem ein stilles Dankgebet. Nach und nach konnte sie erfassen, was ihre Sinne ihr hier darboten. Nicht weit vor ihnen fiel die Welt steil ab. „Zweitausend Meter senkrecht“, hörte sie die Schätzung von Kapitän Richardson, der Höhen von Berufswegen gut beurteilen konnte.
    Das, was da unter ihnen lag, war nicht einfach nur ein Tal! Viel mehr schien es, als sei das, auf dem sie hier standen, nichts Weiter als eine relativ kleine Insel, die sich aus der Welt dort unten erhob. Tief unter ihnen zogen Wolken vorbei und ein allgegenwärtiger Wald füllte das Land aus. Über dem Dschungel lag dichter Dunst. Trotzdem meint man, riesige Vogel- und vielleicht auch Insektenschwärme über den Wipfeln auszumachen. Das hier muss der spektakulärste Anblick sein, der sich mir je geboten hat.
    Dampfende Wälder waren nicht das Einzige, was das Auge einfing. Direkt unterhalb von ihnen erstreckte sich ein beachtlich großer See. Hinter dem gegenüberliegenden Ufer erhob sich ein weiterer schneebedeckter

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