Der Mond ist nicht genug: Roman (German Edition)
verstörend?
Die Tür zu Wests Apartment öffnete sich, und er streckte den Kopf heraus. »Hey, Nummer Fünf! Kannst du mir das Päckchen neben der Eingangstür bringen?«
Sie war gerade durch den Eingang gekommen und hatte kein Päckchen bemerkt. Ein Blick über die Schulter zeigte ihr jedoch eine Schachtel in braunem Papier, die hinter ihr stand. Sie hätte nicht hereinkommen können, ohne darüber zu stolpern.
»Beeil dich, Nummer Fünf!«, sagte West.
Als Diana umkehrte, um das Päckchen zu holen, war es verschwunden. Sie ging zur offenen Apartmenttür zurück und sagte: »Es ist weg.«
»Das will ich nicht hoffen«, antwortete West mit einem Schnauben.
Von ihrem Aussichtspunkt aus war das Päckchen wieder da. Sie ging darauf zu, jeder Schritt mit Vorsicht und Bedacht. Mit jedem Schritt wurde das Päckchen immer durchsichtiger, bis es ganz transparent war – dann, als sie sich gerade in Reichweite befand, verschwand es. Sie ging zurück den Flur entlang, und als sie Wests Tür erreichte, war das Päckchen wieder da.
Er kam zu ihr herüberstolziert. »Und, wo ist es?«
»Es verschwindet immer.«
»Denkst du an etwas anderes, wenn du danach greifst?«
»Etwas anderes?«
Wests buschige Augenbrauen zogen sich zusammen. »Du kannst nicht daran denken, das Päckchen aufzuheben, während du das Päckchen aufhebst. So hört es dich kommen.«
Sie nickte, eher an sich selbst gerichtet als an ihn. »Vielleicht wäre es einfacher, wenn Sie es einfach selbst holten.«
Er machte ein finsteres Gesicht. »Das bringt nichts. Es kennt mich zu gut. Kann mich schon meilenweit riechen.«
Sie auch. Aber sie verzichtete darauf, ihm eine Dusche vorzuschlagen.
»Wenn du das Päckchen nicht holst, werden sämtliche Lebewesen in Barcelona sterben«, sagte West.
Sie glaubte ihm. Nicht nur, weil sie sich in einer Gefühlslage befand, in der sie alles und jedes glaubte, sondern weil er es so beiläufig sagte, als spräche er von der Wettervorhersage. Ach, wie schade, das Picknick fällt ins Wasser. Scheibenkleister.
Er verschwand in seinem dunklen Apartment.
Diana beschloss, wenn sie ganz Barcelona retten konnte, dann konnte sie wenigstens sagen, dass sie in ihrem Leben etwas Sinnvolles getan hatte. Also ging sie auf das Päckchen zu.
Es verschwand.
Verdammt. Es war ihr auf die Schliche gekommen.
Wests Stimme drang aus der Dunkelheit: »Drei Minuten.«
»Ich arbeite daran!«, rief sie zurück.
»Tja, kein Problem. Ist ja nicht so, als gäbe es in Barcelona jemanden von Bedeutung oder so. Schließlich hängt nicht die ganze Zukunft der menschlichen Rasse am Schicksal einer einzelnen spanischen Stadt.«
Sie hätte nicht sagen können, ob er scherzte oder nicht. Wests Tonfall war ausdruckslos, und ihre Einschätzung der Realität war wohl kaum verlässlich.
Sie steckte die Hände in die Taschen, pfiff eine fröhliche Melodie und schlenderte auf das Päckchen zu. Sie versuchte, ihren Kopf mit Gedanken an Schildkröten und marmeladegefüllte Donuts zu füllen. Warum Schildkröten und Donuts? Sie hatte keine Ahnung. Es waren einfach die ersten zwei Dinge, die ihr durch den Kopf schossen. Sie überlegte, was diese zwei Dinge unter allen anderen Dingen in ihrem wachsenden Universum über sie aussagten. Schlecht waren sie ja nicht. Es schien ihr nur eine merkwürdige Paarung zu sein, zwei Dinge, die nicht zusammenpassten. Und sie fragte sich, was es über ihre Wahrnehmung und Logik aussagen mochte, dass dies die beiden Dinge waren, die ihr durch den Kopf schossen, als sei das die normalste Kombination der Welt.
»Aha!«
Diana warf sich auf das Päckchen. Es vibrierte in ihren Händen, als versuchte es, zu verschwinden. Aber sie hielt es fest. Ihre Gedanken zur Ablenkung hatten funktioniert. Fast zu gut, denn sie hatte bestimmt ein oder sogar zwei Minuten damit verschwendet, neben dem Päckchen zu stehen, bevor sie es schnappte. Aber jetzt hatte sie es.
»Neunzehn Sekunden!«, rief West.
Sie rannte hinein und gab ihm die papierumwickelte Schachtel. Er nahm sie und stellte sie auf ein Regal neben mehrere andere identische Schachteln.
»Hmmmpf«, sagte West. »Dachte nicht, dass du es schaffst.«
Sie fragte: »Und was ist jetzt mit Barcelona?«
»Was soll damit sein?«
»Ist dort alles in Ordnung?«
»Müsste noch ein oder zwei Tage halten«, erwiderte West.
Er schlurfte zu einem plüschigen Sofa und ließ sich darauf fallen. »Kann ich noch was für dich tun, Nummer Fünf?«
Sie merkte, dass sie in Wests Apartment
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