Der Mond ist nicht genug: Roman (German Edition)
stand, einem schattigen Reich in immerwährendem Zwielicht. Die Einrichtung, zumindest das, was sie davon sehen konnte, stammte direkt aus den Siebzigern. Das Hellste im Raum war eine ungewöhnlich große Lavalampe, die einen grünlichen Schimmer verbreitete. Das Wachs darin wirbelte in seltsamen Mustern herum. Wenn sie richtig hinspähte, meinte sie irgendwo darin ein Auge herumschweben zu sehen, das sie finster ansah.
Ein Schwarzlicht-Kraken-Poster wand sich an der Wand. Es zuckte und drehte sich wie eines dieser schlechten Bewegungs-Imitats-Bilder, die manchmal in den Cracker-Jack-Popcorn-Tüten waren. Und Wests Couch schwankte wie an Bord eines Bootes, obwohl die anderen Möbel blieben, wo sie waren.
Doch die Merkwürdigkeiten dieses Apartments waren irgendwie weniger fremdartig und verstörend als die wahre Welt (was auch immer das sein mochte) außerhalb dieses Gebäudes.
»Was ist in dem Päckchen drin?«, fragte sie.
»Nichts ist in dem Päckchen, Nummer Fünf.«
West sprang auf und marschierte auf das Regal zu.
»In keinem der Päckchen ist etwas, wenn sie wissen, was gut für sie ist.«
Die meisten Schachteln hüpften weiter nach hinten in die Untiefen des Regals. Eines lehnte sich nach vorn und forderte West heraus.
»So, da wird wohl jemand übermütig, was?« West erhob die Stimme. Nicht sehr. Aber genug, dass man es merkte, was an sich schon so überraschend war, dass es Diana erschütterte. »Da glaubt wohl jemand, er sei zu gut für das Regal, was?«
Das Päckchen knurrte.
»Du wirst gestaltlos bleiben, und es wird dir gefallen«, sagte West. »Denk einfach dran – wenn du Gestalt annimmst, bedeutet das, du hast einen Arsch, in den ich dir treten kann.«
West starrte das Päckchen unverwandt an.
»Also, ich sehe, Sie haben noch zu tun«, sagte Diana. »Ich lasse Sie einfach weiter ... äh ... mit den Schachteln streiten.«
Sie war bereits auf dem Flur, als West das Wort ergriff.
»Es wird leichter«, sagte er.
Sein haariges Gesicht war so unergründlich wie seine Stimme, aber sie meinte, seinen dicken Schnurrbart unter dem Anflug eines Lächelns zucken zu sehen.
»Die Gewöhnungsphase variiert je nach Individuum«, sagte er, »aber es wird immer besser. Auf die eine oder andere Art.«
»Die eine oder andere Art?«
»Ach, du weißt schon. Kreuzworträtsel. Pornografie. Videospiele. Stricken. Wahnsinn. Tod. Wir finden alle einen Weg, damit umzugehen, Nummer Fünf.«
Seine dunklen Augen richteten sich auf einen Punkt an einem fernen Horizont. Er kicherte mit fest geschlossenem Mund. Dann folgte eine unbehagliche Stille – zumindest für Diana. Sie hatte den Verdacht, West merke es nicht einmal.
»Äh ... danke«, sagte sie.
Etwas krachte in seinem Apartment. Brummelnd ging er wieder hinein, um sich darum zu kümmern. Sie hoffte, Barcelona oder Paris oder was immer es sein mochte ging es gut, aber das war jetzt nicht mehr ihr Problem. Ihr Problem wartete in ihrem eigenen Apartment.
Und es war nicht allein.
Vorm der Hungrige saß auf dem Sofa. Das pelzige grüne Monster hatte etwas im Mund. Seine Wange war gewölbt. Sie überlegte, ob es ein ganzes Schwein oder ein kleines Kind war – und beschloss, es lieber nicht wissen zu wollen.
Der riesige Gummi-Igel kauerte neben dem Couchtisch.
»Ich weiß, ich habe ihn da drunterschlüpfen sehen«, sagte er.
»Ich glaube, er ist in die Küche gerannt«, sagte Vorm. »O, hallo Diana!« Er grinste. Roter Samt blitzte zwischen seinen scharfen Zähnen auf. Er spuckte das Sofakissen aus, auf dem er wie auf einem riesigen Bonbon herumgelutscht hatte.
»Tut mir leid. So kann ich mich besser von meiner Essstörung ablenken.«
Er legte das spuckegetränkte Kissen wieder an seinen Platz auf der Couch.
»Einen Tag nach dem anderen und so«, sagte Vorm.
Sie war verärgert, wenn auch nur kurz. Dass Vorm ihre Kissen verschlang, war immer noch besser als alles andere, was ihr einfiel. Sie hätte auch ohne seinen schleimigen Sabber auf dem Polster leben können, aber es war nicht ihre Couch.
Der Igel stand auf. Er hielt eine Miniaturversion seiner Selbst in einer Hand.
»Oh, hallo«, sagte das Monster zu Diana.
»Diana, das ist der Unendliche Smorgaz«, sagte Vorm.
»Hi«, sagte sie.
»Willst du dich vielleicht darum kümmern, Vorm?« Smorgaz warf seine Miniaturversion Vorm zu, der sie mit einem einzigen Haps verschlang. »Danke.«
»Kein Problem.«
Diana wollte sich gern setzen, aber nicht neben Vorm und seine wahllosen Kiefer. Die
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