Der Mond ist nicht genug: Roman (German Edition)
einmal Ärger eingehandelt. Vielleicht war es klug, diesmal darüber nachzudenken.
Sie sah sich im Raum um. Alles wirkte normal. Die Einrichtung war schwer zu bestimmen. Es machte den Eindruck, als hätte ein Designer die Wohnung in Zonen eingeteilt, und jede dieser winzigen Zonen hatte ihr eigenes Thema. Die Couch war aus den Sechzigern, grell orange und mit Fransen. Der Fernseher war eine holzverkleidete Monstrosität aus den Fünfzigern. Der Couchtisch bestand aus einem dünnen unregelmäßigen Stück Metall, das aus der Zukunft stammen musste, denn es schwebte ohne irgendeine Stütze in der Luft. Der Boden bestand zu gleichen Teilen aus Teppich und Holz, aufgebrochen in ein Schachbrettmuster.
Es sah nicht gefährlich aus. Aber ihr Leben war sowieso schon außer Rand und Band, und Gefahr war etwas, woran sie sich langsam gewöhnte. Sie betrat die Wohnung. Ein leicht klebriges Gefühl traf auf ihr Gesicht, als wäre sie in ein Spinnennetz gelaufen. Ihr erster Impuls war, es wegzuwischen, aber da war nichts.
Die Tür schloss sich ganz langsam hinter ihr. Lautlos. Wenn sie hoffte, sie würde es nicht bemerkten, dann irrte sie sich. Sie stoppte sie mit dem Fuß. In der Einkaufstasche fand sie eine Ecke Käse und schob sie unter die Tür. Dann folgte sie den Geräuschen von Aktivität und gesellte sich zu Chuck in die Küche. Sie war größer als das Wohnzimmer. Viel größer. Ein Fenster warf helles Licht in den Raum, aber draußen konnte sie nichts als die Helligkeit sehen. Er stand mit dem Rücken zu ihr und hatte sie wahrscheinlich nicht gehört.
»Wohin willst du das haben?«, fragte sie.
Er fuhr zusammen und warf die Tüte um. Mehrere Dosen rollten über die Arbeitsplatte und fielen scheppernd auf den Boden. Eine Dose Erbsen rollte bis zu ihren Füßen, und sie ging in die Hocke, um sie aufzuheben.
»Tut mir leid«, sagte sie.
»Was tust du?«, fragte er.
»Ich wollte nur wissen, wo ich das hier hinstellen soll.«
»Nein, das meine ich nicht. Was tust du hier drin?«
»Deine Tür war offen«, sagte sie.
»Wirklich?« Er ging an ihr vorbei und sah selbst nach.
»Ich habe sie mit deinem Käse blockiert«, sagte sie. »Ich hoffe, das ist okay.«
Er warf ihr einen Blick zu und sah dann wieder die Tür an.
»Das ist in Ordnung. Glaube ich jedenfalls.«
Er lächelte leicht und machte sich dann wieder daran, die restlichen Lebensmittel wegzuräumen. Sie überlegte, ihm zu helfen, wusste aber nicht, wo alles hin sollte. Er war ein gut aussehender Typ. Besser, als sie auf den ersten Blick angenommen hatte. Groß, schlank, aber athletisch, kurz geschnittene dunkle Haare und ein Kinn, das beinahe cartoonhaft wirkte, aber nicht zu sehr. Er erinnerte sie an Superman. Oder an sein freundliches Alter Ego in einer eher dürftigen Verkleidung. Obwohl seine Augen braun waren. Und seine Nase ein bisschen groß. Außerdem hatte er ein paar Stoppeln am Kinn. Dennoch war er ein hübscher Kerl, genau ihr Typ. Auch wenn der Gedanke, überhaupt einen Typ zu haben, merkwürdig war, denn sie hatte bisher nie mit einem Typen wie diesem eine Liaison gehabt.
»Ich bin gerade eingezogen«, sagte sie.
»Mein Beileid.«
»Ach, so schlimm ist es nicht. Das Apartment ist zumindest hübsch. Bin mir noch nicht sicher, was ich von den Monstern halte, aber ich hatte schon schlimmere Mitbewohner. Wie lange wohnst du schon hier?«
Chuck wandte sich nicht zu ihr um, während er seine Papiertüte zerknüllte.
»Du solltest wohl lieber gehen.«
»Oh. Okay. Tut mir leid.«
Sie verließ die Wohnung. Chuck folgte ihr.
»Tut mir leid, wenn ich dich gestört habe«, sagte sie.
Er nahm den Käsekeil unter der Tür heraus. »Du störst mich nicht. Es ist nur wahrscheinlich besser, wenn du nicht hier bist, wenn er zurückkommt.«
»Er? Dein Hund, meinst du.«
Er nickte.
»Darfst du keinen Besuch haben?«
Er rieb sich das Kinn. »Ich weiß nicht. Hab nicht viel. Nur Stacey und Peter kommen ab und zu mal vorbei und bringen mir etwas Gebackenes.«
»Backen alle hier im Haus?«
»Stacey hat mich dazu gebracht. Vertreibt die Zeit.«
Chuck grinste. Es war ein schiefes Grinsen, in seiner Unvollkommenheit ganz charmant.
»Ich denke darüber nach, wieder mit dem Stricken anzufangen«, sagte sie. »Oder vielleicht mit dem Jonglieren.«
»Hauptsache, es funktioniert.«
Sie kicherten gemeinsam, unterbrachen sich aber abrupt.
»Er kommt. Du solltest wirklich gehen.«
»Okay. Es war schön …«
Er schloss die Tür.
»… dich
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