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Der Mond ist nicht genug: Roman (German Edition)

Der Mond ist nicht genug: Roman (German Edition)

Titel: Der Mond ist nicht genug: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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mir leid wegen der Monster«, sagte sie.
    »Keine Sorge. Man gewöhnt sich hier an solche Sachen. Und du kannst ihnen eigentlich keinen Vorwurf machen, wenn sie nicht immer genau wissen, wie unsere Realität funktioniert. Ich bin hier geboren und hab’s trotzdem immer noch nicht ganz kapiert.«
    Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar, dabei fielen ihm ein paar Strähnen in die Stirn, was in ihren Augen auf ewig seine Ähnlichkeit mit Superman unterstrich. Sie hatte Superman immer geliebt. War nie ein Fan des Bad Boy gewesen. Der grundsolide, verlässliche Gute wurde allgemein unterschätzt.
    Sie ertappte sich dabei, wie sie in seine braunen Augen starrte. Sie blitzten.
    »Willst du was trinken?«, fragte sie. »Ich habe gehört, Peter macht hervorragende Cocktails.«
    »Von mir aus gern.«
    Mit einer Verbeugung bedeutete er ihr, er werde ihr folgen, und als sie gingen, legte er ihr die Hand an den Rücken. Nicht zu hoch. Nicht zu tief. Genau am richtigen Fleck, um Freundlichkeit anzudeuten, ohne plump zu werden.
    Behaltet ihr euren Batman, beschloss sie. Ich würde jederzeit den Pfadfinder nehmen.

FÜNFZEHN

    Greg stand vor dem kleinen Bankett. Er stand nicht gern hinter einem Rednerpult, da er fand, das distanziere ihn von seinem Publikum und löse Erinnerungen an lange, dröge Vorlesungen aus, die die Leute in einem ganzen Leben auszublenden gelernt hatten. Aber Greg hatte eine Botschaft zu verbreiten, das Gute Wort, und trotz all seiner Schwächen, trotz all seiner Kriecherei und all seinem eindimensionalen Eifer war er ein Gläubiger. Das störte Calvin am meisten an Greg.
    Er glaubte.
    Über die Jahrtausende hatte Calvin mit vielen Leuten wie Greg zu tun gehabt. Die Worte mochten voneinander abweichen, die Schauplätze mochten wechseln, aber es blieb immer dasselbe. Wo Sterbliche einst die geheimen Namen unerforschlicher Dinge in schattigen Tempeln oder heiligen Grotten geflüstert hatten, taten sie es jetzt bei Brunch-Buffets für geladene Gäste oder zwanglosen Poolpartys. Die meisten Leute, die mit dem Unbekannten in Berührung kommen wollten, wurden davon angezogen wie die Motten von einer elektrischen Insektenfalle. Sie wussten nicht, warum, und sie waren normalerweise auch nicht schlau genug, sich darüber Gedanken zu machen, bevor es zu spät war.
    Aber Greg glaubte. Er war diese seltene Sorte Mensch, die fähig war, das gewaltige Universum zu verstehen, in dem er nur ein Staubkorn war, und von diesem Wissen trotzdem nicht in eine tiefe Depression oder in rasenden Irrsinn getrieben zu werden. Es half, dass er eine direkte Pipeline zu etwas Größerem als seinem winzigen Universum hatte, aber selbst in diesem Punkt machte sich Greg nichts vor. Er glaubte nicht, dass er Fenris wichtig war oder dass der Monster-Gott, der den Mond jagte, ihn überhaupt bemerken würde, wenn die Zeit kam. Er wollte nur von Fenris bekommen, was er bekommen konnte, solange es möglich war, und es waren weder Habgier noch Angst, die ihn dazu brachten. Es war ein Glaube, dass dies das Beste war, worauf ein Sterblicher hoffen konnte, und dass es seine Pflicht war, diese Information mit seinen Mit-Staubkörnern zu teilen und so vielen zu helfen, wie er konnte, denn er war ein Menschenfreund. Und Calvin war sich nicht so sicher, dass er da anderer Meinung war.
    Gregs Absichten waren nobel, und er nutzte lediglich die Werkzeuge seiner Zeit, um die Nachricht zu verbreiten. Calvin mochte ihn trotzdem nicht, und er freute sich auf den Kataklysmus. Auch für den Fall, dass das, was auch immer danach auf Calvin wartete, die Reise nicht wert war, konnte er damit wenigstens diesen Brunch-Buffets entgehen.
    Er saß an dem großen Tisch vor dem Publikum, das der Meinung war, er müsse zumindest so tun, als höre er zu. Es war ein Glück, dass Sharon da war, um ihn jedes Mal zu stupsen, wenn er gelangweilt wirkte.
    »Hey«, sagte Greg zu seinen Zuhörern, »wollt ihr das Beste werden, das ihr sein könnt? Natürlich wollt ihr! Das wollen wir alle!«
    Er lächelte. Seine Zähne waren so vollkommen und weiß, dass sie ihm das Aussehen eines künstlichen Wesens verliehen, das speziell zum Lächeln konstruiert worden war, wie ein Roboter aus der Zahnpastawerbung am tiefsten Punkt des Uncanny Valley .
    »Meine Freunde, ein Wandel wird kommen. Ein Wandel für diese Welt, eine Uroffenbarung, und glaubt mir, in der neuen Welt wird es dann nicht mehr wichtig sein, wie viel Geld ihr habt. Zivilisation ist eine Illusion, eine hauchdünne Phantasie, die

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