Der Mond ist nicht genug: Roman (German Edition)
bisschen Wasser für unseren Freund hier bekommen?« Er gluckste. »Spüren Sie es? Spüren Sie die Macht in sich?«
Francis verdrehte wild die Augen und knirschte mit den Zähnen. Er riss sich von Greg los, und Verwirrung und Raserei breiteten sich auf seinem Gesicht aus. Er war ein wildes Tier, desorientiert und verwirrt von der Welt um ihn herum. Ein leises Knurren drang aus seiner Kehle, und dann duckte er sich, um Greg anzuspringen.
Greg blieb ruhig. Unter anderen Umständen hätte er Francis einfach geboxt, bis die Dominanz geklärt war. Dieses Publikum war aber noch nicht bereit für so etwas. Sie mussten ihre Füße in die wilde Zukunft tauchen, einen Zeh nach dem anderen.
Mit dem Rücken zum Publikum zog Greg die Augenbrauen zusammen und fletschte die Zähne. Seine Augen wurden leuchtend rot, und eine kaum verhohlene, wilde Wut funkelte darin. Seine Zähne wuchsen zu Reißzähnen. Vor der Menge verborgen ließ er die bösartigen Krallen einer seiner Hände wachsen. Er knurrte und machte einen einzelnen drohenden Schritt auf Francis zu.
Das war riskant. Es konnte sein, dass sich Francis dem Machtkampf um den Alpha-Status direkt stellte. Greg hatte zwar nichts zu befürchten, wenn er herausgefordert wurde, aber das Publikum hätte wahrscheinlich das Interesse an dem verloren, was er anzubieten hatte. Das hätte zwar nicht viel ausgemacht, aber Greg wäre enttäuscht gewesen.
Doch Francis stellte sich als kleiner Kläffer heraus. Er duckte sich vor Greg, und das Tier in ihm wich zurück. Als Greg ihm die Hand hinhielt, nahm Francis sie und stand auf.
»Tut mir leid«, sagte er. »Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist.«
»Schon gut. Alles ist gut.« Greg gluckste und tätschelte Francis den Rücken. »Also, sagen Sie mir: Wie fühlen Sie sich jetzt?«
»Viel besser.« Francis wippte auf den Zehenspitzen. »Besser als seit Jahren, wenn ich ehrlich bin.« Er streckte sich. »Und mein Rücken ... tut nicht mehr weh.«
»Wunderbar, nicht wahr?«
Einer von Gregs Lakaien schlich heran und kniete sich hinter Francis. Greg legte Francis beide Hände an die Brust.
»Es wird noch besser.«
Greg gab Francis einen Schubs. Der ältere Mann stolperte über den Lakaien, aber statt auf den Rücken zu fallen, machte er einen Überschlag und landete auf den Füßen. Mit großen Augen lachte er.
»Phantastisch!«
Probeweise vollführte Francis ein paar Sprünge. Jedes Mal sprang er höher, bis er beinahe die Decke berührte. Dann rannte er los, packte einen der langen Banketttische und wuchtete ihn über den Kopf.
»Absolut phantastisch!«
Sein Körper bebte vor Lachen, und er joggte im Raum herum, immer noch mit dem Tisch über dem Kopf.
»Ja«, stimmte Greg zu und wandte sich wieder an das Publikum. »Phantastisch ist genau das richtige Wort. Nicht wundersam. Denn das ist kein Wunder. Wunder sind kapriziös. Wunder wählen ohne Sinn und Verstand durch höhere Mächte aus, aber ich biete jedem Einzelnen von Ihnen eine Chance, Teil der neuen Weltordnung zu werden.«
An diesem Punkt dachte Calvin normalerweise an die Ansammlung von welkendem Fleisch und Knochen, aus denen die menschliche Rasse bestand, und wie sie mangels Alternative gelernt hatte, damit zu leben. Die Menschen trösteten sich vielleicht mit magischem Denken, taten so, als sei das Universum nur für sie gemacht, oder überzeugten sich wenigstens selbst davon, dass sie der bedeutende und wesentliche Teil eines riesigen Kosmos seien. Die meisten von ihnen glaubten es nicht wirklich, nicht einmal mit dem Vorteil von jämmerlich kurzen Leben und vollkommen wirkungslosen Wahrnehmungen eines Universums, das komplizierter und phantastischer war, als sie es je erfassen würden.
Daraufhin sann er üblicherweise über sein eigenes Los nach. Aus kosmologischer Sicht war er ein weitaus bedeutenderes Wesen als alles, was in diesem bescheidenen Winkel des Universums geboren war. Er war unsterblich und in Wahrheiten eingeweiht, für die die menschliche Rasse wohl nie bereit sein würde. Und doch war auch er nur ein Gefangener wie alle anderen in diesem Raum, in dieser Welt, in diesem Universum. Und wenn sie alle tot und begraben waren, würde er immer noch hier sein, verwickelt im Netz einer Realität, die ihn in ihrer unerbittlichen Umarmung festhielt. Dass dieses Universum auch nicht glücklicher mit dieser Situation war als er, machte es nur noch ärgerlicher. Es schien, als hätte keiner – nicht die Menschen, nicht Calvin, auch nicht Fenris oder
Weitere Kostenlose Bücher