Der Mond ist nicht genug: Roman (German Edition)
frustrierend.«
»Das kann ich mir vorstellen.« Und dieses eine Mal klang er aufrichtig. »Können wir Klartext reden?«, fragte er. »Du scheinst mir eine vernünftige Person zu sein, und wir stehen so kurz vor dem Ende, dass ich keinen Grund sehe, nicht offen und ehrlich mit dir zu sprechen.«
Er stand auf und stocherte nach etwas in seinen Zähnen.
»Das ist doch alles Schwachsinn. Alles. Der Kult. Dieses Haus. Das ganze Gerede über ursprüngliche Schönheit. Auf dem Papier klingt es gut, und es verschafft uns auch die Anhänger. Alle fühlen sich besser, als wären sie Teil eines großen kosmischen Lebenskreises. Aber es ist vollkommener Blödsinn. New-Age-Unsinn, der rein gar nichts zu bedeuten hat.
Ich denke mir das nur aus, weil die Leute nicht mit der Wahrheit umgehen können. Oder vielleicht wollen sie sie auch einfach nur nicht hören. So oder so – ich sehe, ich muss dir nicht den üblichen Text vorsetzen. Du willst also die Wahrheit hören?
Die Wahrheit ist, dass ich nicht mehr Kontrolle über die Geschehnisse habe als du. Ich kontrolliere Fenris nicht. Ich übe nicht den geringsten Einfluss auf ihn aus. Und ich kann auch ganz sicher nicht sein Wesen ändern oder aufhalten, was passieren wird.«
»Aber sind Calvin und Fenris nicht dasselbe?«, fragte Diana. »Kannst du nicht einfach mit Calvin darüber sprechen?«
»Calvin ist nur ein sehr kleines Stück von Fenris, und er hat genauso wenig Kontrolle über den Mondgott wie ich. Das ist die Wahrheit. Fenris ist eine Wesenheit, unterteilt in drei Aspekte. Der Mond ist die physische Substanz dieses Wesens. Fenris selbst entspricht seiner gesamten metaphysischen Masse. Und Calvin, dieser winzig kleine Calvin, ist der Intellekt der Kreatur. Getrennt bleiben alle diese Aspekte im Großen und Ganzen harmlos. Aber wenn man sie zusammenführt, werden sie zu etwas Absolutem. Unaufhaltsam. Unentrinnbar. Ein vereinigter Fenris wird diese Welt in Stücke reißen, und keiner kann auch nur das Geringste dagegen tun.
Aber ich habe die Zukunft gesehen. Unser Universum wird durch Fenris’ Flucht zwar beinahe zerstört, aber nicht irreparabel beschädigt. Es wird sich selbst wiederherstellen. Die zerbrochenen Teile werden sich zu neuen Formen und Gestalten zusammenfügen. Unsere Welt wird überleben. In einer wilden Form. Ich versuche nur, so viele Seelen wie möglich in die Zeit danach zu retten, indem wir uns die mystische Kraft, die dabei freigesetzt wird, nutzbar machen und sicherstellen, dass ein paar von uns lebend auf der anderen Seite herauskommen werden.«
Dianas Sicht trübte sich. Sie hatte Probleme beim Atmen.
»Oh, ich kann natürlich nicht garantieren, dass die Leute, die auf der anderen Seite herauskommen, noch als Menschen zu erkennen sein werden. Um genau zu sein, kann ich mit Überzeugung sagen, dass wir, um den Kataklysmus zu überleben, uns in etwas ganz anderes verwandeln müssen. Die Überlebenden werden Monster sein, aber zumindest wird etwas von uns bleiben. Etwas tief unten. Das ist nicht viel.« Er zuckte die Achseln. »Doch mehr können wir nicht hoffen.«
»Aber …« Ihre Knie wurden weich. »Aber …« Sie konnte nicht mehr klar denken.
»Tut mir leid. Ich hätte dich vielleicht warnen sollen. Nur diejenigen, die mit dem Mondgott verbunden sind, können diesen Ort hier lange ertragen. Deine Verbindung mit anderen Kräften wird ungünstige Nebenwirkungen haben.«
Diana erhob sich ein wenig, bevor sie ganz zu Boden sank.
»Greg, was tust du da?«, sagte Sharon. »Das ist nicht richtig!«
Er seufzte. »Sharon, diese Frau meint es gut, aber sie könnte alles gefährden. Sie weiß ganz offensichtlich gerade genug, um uns gefährlich zu werden. Wäre sie schlauer, wäre sie erst gar nicht hierhergekommen. Wäre sie dümmer, hätte sie sich herausgehalten.«
Diana zuckte. Sie kroch wahllos in irgendeine Richtung, verwirrt von ihren unzuverlässigen Sinnen.
»Du sagtest, du würdest ihr helfen zu verstehen«, sagte Sharon.
»Ich weiß, und es tut mir leid, dass ich gelogen habe. Aber es ist eine Lüge, die dem großen Ganzen dient. Wenn sie das zarte Gleichgewicht stört, wird Fenris alles zerstören. Du weißt, dass das so ist. Du weißt, dass es das Richtige ist, egal, wie widerwärtig es sein mag.«
Diana gurgelte. Sharon wandte den Blick von dem jämmerlichen Ding ab.
»Wir können sie nicht einfach da liegen lassen.«
»Wir bringen sie in eines der Schlafzimmer. Sie wird wieder, wenn erst alles vorbei ist.«
Sie trugen
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