Der Mond ist nicht genug: Roman (German Edition)
verschwanden, würde etwas anderes ihre Wächterposition einnehmen.
Aber sie mochten sie.
»Ach, was soll’s!«, sagte Zap. »Was für ein Risiko gehen wir schon ein? Da draußen ist nichts, was uns gefährlich werden könnte, oder?«
Sie starrten West an, der undurchdringlich zurückschaute.
Pogo hüpfte über die Schwelle. Nichts passierte mit dem Höllenhund. Er drehte sich um und kreischte den anderen zu, ihm zu folgen. Angemessen beruhigt, dass sie über dem ursprünglichen Chaos standen, das hier stattfand, folgten sie ihm. Sie schafften es nur ein paar Schritte weit, dann erlagen sie den fremden Kräften und brachen zusammen. Sie platzten aus ihrer Haut und nahmen Formen an, die ihrer wahren Gestalt ähnlicher waren.
Vorm wuchsen ein Dutzend zusätzliche Gliedmaßen, danach begann er mit einem blinden, alles verzehrenden Hunger, Beton, Autos und Laternenpfähle in hundert Schlünde zu stopfen. Smorgaz wurde zu einem riesigen, unförmigen lila Klumpen. Dutzende von Schoten brachen auf, aus denen zahllose Klone herausströmten. Zap knisterte vor Energie. Sein Blick schweifte über die Welt und schoss Löcher in die Straße.
Pogo blieb, wie er war, denn das war seine wahre Gestalt.
Die geistlosen Schreckensgestalten wandten sich blindwütig gegeneinander. Vorm biss einen von Zaps Tentakeln ab. Zap reagierte, indem er Vorm das Gesicht wegbrannte. Der große immobile Klumpen Smorgaz kreischte, und seine Ableger griffen Vorm und Zap an. Es war nur ihre Konzentration aufeinander, die verhinderte, dass der ganze Block in Schutt und Asche gelegt wurde.
Pogo hob den Kopf und kreischte. Die anderen Bestien hörten zu kämpfen auf, als die winzige Kreatur in ihre Richtung kläffte. Vorm, Zap und Smorgaz wandten ihre Aufmerksamkeit himmelwärts. Dann schwangen sie sich in die Luft und flogen auf den Mondgott zu.
»Na, ich will verdammt sein«, sagte West. »Du steckst voller Überraschungen, was?«
Pogo jaulte auf, dann rannte er die Straße hinunter.
Sharon hatte ein letztes Mal mit Calvin sprechen wollen, aber alles war so hektisch, dass sie nicht dazu kam, mehr als ein paar Worte mit ihm zu wechseln. Das Schlimmste war, dass die Gewänder, Gesänge und die Zeremonie auf so viel sinnlose Beschäftigung hinausliefen. Nichts, was die Auserwählten taten, hatte irgendeinen Einfluss auf Fenris. Der Kult war ein Parasit, der sich an den Bauch des Mondgottes klammerte.
Calvin saß auf seinem Thron. Dieses eine Mal sah er nicht gelangweilt aus. Die Auserwählten wiegten sich und sangen sein Lob in den sinnlosen Silben, die Greg ihnen gegeben hatte. Sharon stand neben dem Thron und leierte alles mit – im vollen Bewusstsein, dass die Kreatur über ihnen sich nicht im Mindesten um ihren Grad an Enthusiasmus scherte.
Ein paar der glühenderen Kultanhänger zogen sich aus und schrien Kauderwelsch. Trottel , dachte sie.
Greg stand auf der anderen Seite des Throns. Er war still, wirkte entspannt. Jetzt brauchte er keine Show mehr zu machen.
Die Erde rumpelte, als das göttliche Tier mit den Tentakeln dem Mond, den es seit zahllosen Jahrtausenden verfolgte, näher und näher kam. Die unglückseligen gewöhnlichen Menschen, die ihr Leben in seliger Unwissenheit um die Merkwürdigkeiten eines viel größeren Universums lebten, blieben unwissend. Die kommende Vereinigung war unsichtbar und würde es bleiben, bis es zu spät war.
Fenris streifte den Mond mit der Spitze eines Tentakels.
Calvins Hand kribbelte. Er schälte die Haut ab, wie man das Einwickelpapier von einer Süßigkeit entfernt. Sie machte sogar knisternde Geräusche.
Die Gesänge der Auserwählten veränderten sich von Unsinn zu einer Reihe von Silben, die nicht für menschliche Münder gemacht waren. Sie wiegten sich wie ein Leib und flüsterten in einer Sprache, die Calvin schon lange vergessen hatte.
Jetzt erinnerte er sich.
Er warf einen Blick auf Sharon. Dass er sie zurücklassen musste, bedauerte er wirklich. Der Rest der menschlichen Rasse und die schmale Scheibe Realität, die sie ihr Zuhause nannte, legte er gerne ab. Ein paar Dinge würden ihm allerdings schon fehlen. Filme. Bücher. Apfelkuchen. Doritos. Das Gefühl eines Sandstrandes zwischen den Zehen. Zehen.
Hauptsächlich würde er Sharon vermissen.
Die Haut fiel von ihm ab. Nackt stand er da, ein tiefschwarzer Gott von purem Intellekt. Nicht seine wahre Gestalt. Er hatte keine physische Gestalt. Auch das war nur ein Behelf, den ihm ein Universum aufgezwungen hatte, das nicht
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