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Der Mondmann

Der Mondmann

Titel: Der Mondmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ab. Auch Carlotta war bereits so weit weg, dass wir Mühe hatten, sie zu finden.
    »Da oben ist sie, John.«
    »Ja, ich sehe sie. Aber sie ist schon verdammt hoch.«
    »Stimmt.«
    Und sie flog noch höher. Damit wurde ihre Gestalt auch kleiner. Wenig später schien der riesige Ozean sie geschluckt zu haben, und jetzt konnten wir nur hoffen, dass er sie wieder freigab.
    Ich suchte auch nach den Raben, aber ich hatte Pech und fand sie nicht. Es huschten auch keine Lichter über den Himmel, was auch Maxine festgestellt hatte.
    Seufzend lehnte sie sich in ihrem Sitz zurück. »Hätte ich doch nichts gesagt.«
    »Warum nicht?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Dann wäre Carlotta nicht verschwunden. So einfach ist das.«
    »Sie wollte weg. So oder so.«
    »Ja, vielleicht hast du Recht, John. Wir hätten sie nicht halten können, ich kenne sie ja.«
    »Und wir werden warten. Irgendwann wird sie zurückkehren und uns hoffentlich etwas berichten.«
    Maxine hob nur die Schultern. Sie hatte ihren Optimismus verloren, denn sie sagte: »Wenn wirklich die Vögel eine wichtige Rolle spielen, John, dann haben wir verloren. Im Gegensatz zu ihnen können wir nicht fliegen. Dann müsste Carlotta den Fall lösen.«
    Ich war nicht der Überzeugung und sagte: »Wie steht es denn mit dem Mondmann? Kann er fliegen?«
    »Nein. Soviel ich weiß, nicht. Aber ich halte mittlerweile alles für möglich, nach dem, was ich erlebt habe, seit wir uns kennen.«
    »He!«, beschwerte ich mich. »Soll das ein Vorwurf gewesen sein?«
    »Auf keinen Fall. Nur eine Feststellung.« Sie lächelte mich an. »Wenn ich ehrlich sein soll, dann ist mein Leben sogar interessanter geworden. Da hat sich mein Horizont stark erweitert. Ich habe Dinge erfahren, die ich sonst nie erfahren hätte, und sehe die Welt jetzt mit anderen Augen an.«
    »Das freut mich.«
    Obwohl wir uns unterhielten, behielten wir den Himmel im Auge. Wir konnten nur einen Teil beobachten. Was hinter uns geschah, sahen wir nicht. Dazu war der Platz zu begrenzt.
    Ich wollte nicht mehr länger im Fahrzeug sitzen bleiben und nickte der Tierärztin zu. »Ich denke, wir sollten aussteigen und uns draußen umschauen.«
    »Genau das wollte ich dir soeben vorschlagen.«
    »Dann los.«
    Maxine verließ den Wagen an der rechten, ich an der linken Seite. Dort blieben wir nicht stehen. Während Maxine zum Heck ging und dort stehen blieb, baute ich mich vor der Kühlerhaube auf.
    Man sprach davon, dass die Mailuft voller Gerüche ist. Selbst in der Nacht traf das zu. Der leichte Wind wehte uns den Duft der ersten wilden Kräuter entgegen. Auch die Frühlingsblumen stießen zaghaft aus dem Boden und lockten erste Wespen und Bienen an, um sich bestäuben zu lassen.
    Hier in Schottland erwachte die Natur immer etwas später, aber wenn sie dann kam, war es wunderbar.
    Gern hätte ich ein Nachtglas besessen. Das zählte auch nicht zu Maxine’s Besitztümern, doch sie hatte mir versprochen, sich so schnell wie möglich eines zuzulegen. Oder sogar zwei, damit ich auch eines besaß, wenn ich wieder zu ihr kam und es erforderlich war.
    Hier wäre es erforderlich gewesen, doch in diesem Fall mussten wir uns auf die Augen verlassen.
    Ich suchte nicht nur nach den hellen Punkten, sondern hielt auch Ausschau nach Carlotta. Das Vogelmädchen war groß genug. Ich hätte es entdecken müssen. Leider war es in der Weite des dunklen Himmels verschwunden und kehrte so bald nicht mehr zurück.
    Waren sie wirklich unterwegs? Ich wollte dies erst glauben, wenn ich sie mit meinen eigenen Augen sah, und das war plötzlich der Fall. Vom Heck des Wagens her meldete sich Maxine mit leicht schriller Stimme.
    »John, ich sehe sie.«
    »Ich ebenfalls.«
    »Okay, es wird spannend.«
    In der Folgezeit gaben wir uns einzig und allein der stillen Beobachtung hin. Direkte Bewegungen sahen wir vor dem dunklen Himmel nicht. Das heißt, es gab keine Körper zu sehen. Dafür aber die kleinen Lichter. Die hellen, vom Mondlicht erfüllten Augenpaare, die sich vermehrten, denn immer mehr dieser Vögel flogen heran. Ob es sich bei ihnen um Raben handelte, war für mich nicht erkennbar, aber sie waren schon recht groß, und da konnte es zutreffen.
    Plötzlich waren auch ihre Körper zu sehen. Es kam mir vor, als hätte sich die Dunkelheit von ihnen entfernt, um die Vögel für uns präsenter zu machen.
    Da es um uns herum still war, hörten wir jetzt das Flappen der Flügel. Sie waren lebendige Gebilde, in der Dunkelheit wirkten sie sogar

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