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Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Titel: Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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bringen.«
    »Nur dass er gesagt hat, diese Leute würden es umbringen.«
    Awaale fluchte leise, doch er lächelte dabei. »Ich sage ja nur, dass Gott mich vielleicht für den Kleinen geschickt hat – nicht für dich.«
    »Das ergibt mehr Sinn«, antwortete ich. »Ich wollte sie umbringen, Awaale. Der Revolver war einen Zoll weit von ihrem Kopf entfernt, und ich krümmte den Finger am Abzug …«
    »Aber du hast nicht geschossen.«
    »Nein. Ich sah, dass er an ihrer Brust trank, und geriet in Panik.«
    »Ah! Du meinst, du wurdest geschickt, um ihn zu retten!«
    »Ich bin nicht dazu vorgesehen, irgendwen zu retten!«, brauste ich auf. Ich war auf einmal sehr wütend. »Ich bin hier, um dem Doktor zu dienen, und der ist hier, um … um der Wissenschaft zu dienen, und das ist alles. Das ist alles .«
    »Ach, walaalo !« Er seufzte. »Du bist mehr Pirat, als ich es je war.«
    * * *
    Kearns’ Höhle war eigentlich ein Labyrinth aus kleinen Kammern; diese standen durch Tunnel in Verbindung, die von einer Million Jahre Monsunregen, der sich den Weg durch winzige Risse im Gestein gefressen hatte, in den Fels gegraben worden waren. Die Natur ist alles andere als ungeduldig. Die tiefste Kammer war auch die größte und vermutlich die sicherste, aber Kearns warnte uns davor, dort zu kampieren, denn sie war das Zuhause von Abertausenden Fledermäusen, und ihr Guano lag einen Fuß dick auf dem Boden.
    Es waren die Fledermäuse, die mich am nächsten Morgen weckten, als sie in einem schwindelerregenden Ballett aus Schwarz und Braun über unseren Köpfen flatterten und auf dem Weg zu ihren Schlafplätzen aufgeregt kreischten. Ich war der Letzte, der aufstand, und fand den Doktor und Awaale draußen vor der Höhle vor, wo das Findelkind sich schlaff auf Warthrops Schoß wand.
    »Wo ist Dr. Kearns?«, fragte ich.
    »Er kundschaftet den Pfad aus; jedenfalls hat er gesagt, dass er das tun würde.«
    »Wie geht es dem Baby?«, erkundigte ich mich.
    »Es hat Hunger«, antwortete er. »Und es ist sehr schwach.«
    Das Kind kaute an den Knöcheln des Monstrumologen. »Aber es zeigt keine Symptome, obwohl es zweifellos durch die Milch seiner Mutter der Sternenfäule ausgesetzt war. Das lässt darauf schließen, dass es möglicherweise irgendeine Art natürlicher Immunität besitzt.« Er zeigte mit dem Kopf auf die Instrumententasche neben ihm. »Ich habe ihm Blutproben entnommen. Fallsdas hier sonst nichts bringt, sind wir vielleicht wenigstens imstande, ein Heilmittel für die Sternenfäule zu finden, Will Henry.«
    Ein paar Minuten später kehrte Kearns zurück; er hatte sein Gewehr und eine kleine Ledertasche bei sich. Er kramte in seinem kleinen geheimen Ausrüstungslager im Inneren der Höhle herum und kam mit einem Bündel Lumpen wieder zum Vorschein, die er sorgfältig zu einem kegelförmigen Haufen arrangierte, bevor er sie in Brand steckte. Zuerst brannten die Lumpen heiß und hell, und dann fielen sie zu einem schwelenden Hügel zusammen.
    »Es gibt kein anständiges Holz in diesen Bergen für ein ordentliches Feuer«, sagte er. Er suchte in seiner Tasche herum und förderte drei tote Spinnen zutage – die größten, die ich jemals gesehen hatte, größer als Awaales riesige Hand – und ließ sie in die Mitte der qualmenden Asche fallen. »Solifugae – Kamelspinnen. Sie müssen eine probieren, Pellinore. Ich habe einen gewissen Geschmack daran gefunden.«
    »Wie weit ist es bis zu den Nistplätzen?«, fragte mein Herr, ohne auf Kearns’ Angebot einzugehen.
    »Nicht weit. Ein halber Tag, wenn wir nicht anhalten, um zu rasten, und der Berg gute Laune hat. Er hat nämlich seine Launen. Gestern war er ausgesprochen wütend, hat aufgestampft und die steinernen Wangen aufgebläht. Er ist sehr stolz und schnell erzürnt. Einem gewissen Wissenschaftler, den ich kenne, gar nicht so unähnlich.«
    »Das Kind ist am Verhungern«, warf Awaale ein, dessen Geduld mit Kearns nachließ. »Ich muss mich sofort auf den Weg nach Hoq machen. Kennt jemand den Weg?«
    »Ich.« Kearns spießte eine der Spinnen mit der Spitze seines Messers auf und stopfte sich das ganze schwarz gewordene Knäuel in den Mund. Ein bisschen grünlich gelber Saft kullerte ihm übers Kinn; er wischte ihn sich mit dem Handrücken ab, während er nachdenklich kaute. »Aber ich wünschte, du würdest es dir noch einmal überlegen. Für uns wären deine Dienste viel wertvoller, und wie ich schon gesagt habe, ist es die oberstePflicht der Dörfler, sich vor

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