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Der Mord an Harriet Krohn (German Edition)

Der Mord an Harriet Krohn (German Edition)

Titel: Der Mord an Harriet Krohn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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Blick.
    »Sie glauben also, ich könnte etwas gesehen haben? Darf ich das so verstehen?«
    »Ja.«
    Charlo reißt sich zusammen. Schaut Sejer ins Gesicht.
    »Dann muß ich Sie enttäuschen. Ich war an diesem Abend nicht besonders aufmerksam, und ich kann mich weder an Autos noch an Menschen erinnern. Ich erinnere mich nur an den Unfall und den Jungen. Danach bin ich nach Hause gefahren. Ja, ich habe versucht, diesen Dreck mit einem Hammer auszuschlagen. Die Beule, meine ich. Hab ein wenig Lack draufgesprüht. Was man so macht.«
    Sejer hält seinen Blick fest. »Das müssen Sie mir nun aber erklären. Der Toyota war schuld. Sie hätten die Beule auf seine Rechnung in einer Werkstatt beseitigen lassen können. Aber Sie wollten keine Schadensmeldung ausfüllen. Warum nicht, Torp?«
    Charlo leidet an Sauerstoffmangel, es kribbelt auf seinen Wangen.
    »Also, ich habe doch schon versucht zu erklären, daß ich an diesem Abend nicht so ganz bei mir war«, sagt er und hört seiner Stimme an, daß er jetzt langsam gereizt wird.
    »Reden wir ein wenig darüber«, sagt Sejer. »Sie waren nicht so ganz bei sich. Inwiefern?«
    Charlo trinkt einen Schluck Wasser. Er versucht, seine Gedanken zu sortieren.
    »Ich hatte ’ne Menge Probleme«, gibt er zu, denn jetzt sieht er die Situation deutlich vor sich. Daß er einfach vom Unfallort weggefahren ist, muß sorgfältig und glaubwürdig erklärt werden.
    »Ich habe ja schon erwähnt, daß ich arbeitslos war. Außerdem hatte ich Schulden, die ich nicht bezahlen konnte. Ich war spielsüchtig, und das drohte, mein ganzes Leben zu zerstören. Meine Tochter wollte mich nicht sehen. Ich fühlte mich an die Wand gedrängt. Und dieser Unfall an der Kreuzung war dann einfach zuviel für mich. Ich bin einfach geplatzt«, sagt er. »Und das ist doch eigentlich nur menschlich.«
    »Absolut«, sagt Sejer. »Also. Sie hatten Schulden.«
    »Ich hatte bei Freunden und so geliehen. Habe bei Pferderennen gespielt. Und an Automaten. Ich habe mich immer schon für Pferde interessiert. Und dann türmte sich alles auf und wurde zu einem ziemlich großen Batzen. Das hat mich grenzenlos gequält. Die Leute waren hinter mir her, nirgendwo fühlte ich mich sicher.«
    »Na gut. Sie hatten also Spielschulden. Aber die haben Sie nicht mehr? Die sind bezahlt?«
    Charlo ist verwirrt. »Ja, ich habe Geld gewonnen«, rutscht es aus ihm heraus.
    »Ach. Da hatten Sie ja Glück?«
    »Man wird ja wohl nicht spielsüchtig, wenn man nie gewinnt«, fügt Charlo schnell hinzu.
    »Natürlich nicht«, sagt Sejer lächelnd. Er erhebt sich, geht durch das Zimmer zum Fenster. Der runzlige Hund erhebt sich und trottet hinterher, stellt sich neben ihn. Eine Weile bleibt Sejer so stehen und schaut hinaus. Charlo hat eine kurze Pause. Er rutscht im Sessel ein wenig hin und her, schaut nervös auf die Uhr, denkt an Julie. Begreift nicht, warum Sejer so aus dem Fenster starrt.
    »Ich habe eine kleine Frage«, sagt Sejer. »Was hatten Sie in der Fredboes gate zu tun?«
    Charlo schüttelt heftig den Kopf.
    »Nein, nein, ich hatte da nichts zu tun. Ich bin einfach durchgefahren.«
    »Woher kamen Sie?«
    Sejer dreht sich um, lehnt sich gegen die Wand.
    Charlo überlegt, daß es nur so knackt. »Nein, ich kam aus Kongsberg.«
    »Ach so. Sie kamen aus Kongsberg. Und was hatten Sie in Kongsberg zu tun?«
    Charlo ist verwirrt. Ihm wird bewußt, daß er sich auf das hier nicht vorbereitet hat, daß er sich nicht die Zeit genommen hat, den Verlauf des Abends zu berichtigen. Ich bin ein verdammter Dilettant, denkt er verzweifelt.
    »Ich bin nur herumgefahren«, sagt er endlich. »Es war so ein Abend, wo ich einfach außer mir war. Ich bin ohne Ziel und Zweck losgefahren. War an verschiedenen Orten.«
    »Wie spät war es, als Sie Ihr Haus in der Blomsgate verlassen haben?«
    »Ach, so gegen sechs Uhr abends. Aber ehrlich gesagt...«
    »Und wann waren Sie wieder zu Hause?«
    Charlo fällt ein, daß Nachbar Erlandson ihn vom Fenster aus gesehen hat. Sie können mit ihm gesprochen haben. Er wird unsicher. Sagt trotzdem die Wahrheit.
    »So gegen elf oder so.«
    »Aha«, sagt Sejer und kommt zurück zum Tisch. »Sie sind von sechs bis elf Uhr abends ohne Ziel und Zweck durch die Gegend gefahren?«
    »Ja.«
    »Das ist lange. Das verbraucht viel Benzin. Das konnten Sie sich leisten?«
    »Ja.«
    Er sinkt im Sessel ein wenig zusammen, erkennt, wie lächerlich seine Aussage klingt.
    »Ich bin auch eine Weile durch die Stadt gelaufen«, fügt er

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