Der Mord an Harriet Krohn (German Edition)
jetzt wieder zurück.« Der Hund Frank Robert kommt angetrottet. Charlo erhebt sich verwundert.
»Tut mir leid, daß ich Ihnen nicht mehr helfen konnte.«
Sejer wirft ihm einen scharfen Blick zu.
»Möglicherweise bekommen Sie noch eine Chance«, sagt er. »Wir haben gerade erst angefangen.«
Julie sitzt vor der Boxentür und knabbert an einer Möhre. Sie springt auf, wischt sich Sägespäne vom Hosenboden und schaut ihn vorwurfsvoll an.
»Wo in aller Welt hast du dich denn rumgetrieben?«
Charlo zuckt resigniert mit den Schultern. Er schaut auf die Uhr.
»Naja«, sagt er mit einer verärgerten Handbewegung. »Das war nur dummes Zeug. Dieser Kerl war von der Polizei. Es ging um den Unfall, von dem ich dir erzählt habe, vor langer Zeit, in den ich verwickelt war. In Hamsund. Da gibt es irgendwelche Probleme mit der Versicherung.«
Julie blickt ihn fragend an. »Probleme mit der Versicherung?« Sie versteht das nicht, ist nicht zufrieden mit der Antwort, sieht ihm weiter fest in die Augen.
Charlo seufzt tief. »Ach, das ist zu kompliziert das zu erklären.« Er fuchtelt gereizt mit den Armen. »Aber es ist jetzt in Ordnung. Du weißt, der Amtsschimmel«, sagt er und verdreht die Augen. »Der kann für einen armen Teufel endlose Scherereien machen. Aber da war wohl irgendwas nicht richtig ausgefüllt, und ich mußte ein paar Fragen beantworten, wie es passiert ist.«
»Aber die Polizei?« fragt sie noch einmal. »Die hat doch nichts mit der Versicherung zu tun?«
»Offenbar doch. Ich kenn mich mit so was nicht aus.«
Julie kehrt ihm den Rücken zu, geht zu Crazy in die Box, streichelt seinen Hals. In ihren Augen liegt ein Hauch von Zweifel. Charlo versucht, den zu überspielen.
»Du, jetzt kaufen wir uns eine Pizza«, schlägt er vor, »die ist schnell fertig, wir schieben sie in die Mikrowelle, hast du auch so einen Hunger?«
Sie nickt, schließt die Boxentür, packt ihren Rucksack und geht vor ihm her mit energischen Schritten durch den Gang. Er weiß nicht, ob sie ihm glaubt, er kann sie jetzt nicht durchschauen, sie ist in ihre Gedanken versunken, sie glaubt, was sie glauben will. Er geht hinterher. Die Tür fällt hinter ihnen ins Schloß, das Holz knackt und knarrt.
»Aber«, sagt sie, als sie im Auto sitzen, »der Unfall ist doch so lange her. Warum nerven die erst jetzt?«
Charlo fährt auf die Hauptstraße hinaus, dreht den Motor hoch und schaltet.
»Die Papiermühle, die mahlt langsam«, erklärt er, »aber du weißt, für mich spielt das keine Rolle, ich hab mein Geld ja bar bekommen. Es sind sicher nur Formalitäten. Weiß Gott, warum sie so herumnerven. Es hat sicher auch keinen Zweck, ihnen zu widersprechen, also hab ich ihnen erzählt, was sie hören wollten.«
Sie nickt, schweigt dann wieder. Er fragt, ob sie eine Pizza mit Pepperoni will, sie sagt ja. Sie wartet im Auto, während er einkauft. Er ist verstört. Er läuft im Laden zwischen den Regalen herum und ist gereizt. Julie ist mißtrauisch. Immer auf der Hut, sie hat kein Vertrauen zu ihm, nicht voll und ganz, nicht so, wie er sich das wünscht. Denn jetzt ist Verlaß auf ihn, jetzt lebt er sein neues Leben. Wenn er nur in Ruhe gelassen wird. Wozu wühlen sie die alten Dinge auf, er kann Harriet nicht wieder zum Leben erwecken. Er legt Pizza und zwei Cola auf das Laufband, bezahlt und geht wieder hinaus. Der Motor läuft. Julie hat ihre roten Haare nach vorn über ihre Schultern gezogen, mit geschickten Fingern flicht sie einen Zopf, bindet ein Gummi darum.
»Ich könnte ein Pferd essen«, sagt Charlo.
Worauf sie ihn aufgesetzt verletzt ansieht, und beide lachen. Endlich lachen sie, und er entspannt sich und denkt, das ist gutgegangen. Ich hab es geschafft, sie wissen nichts, es war nur ein Schuß ins Blaue. Sie brauchen über jeden Zweifel erhabene Beweise, und hier gibt es verdammt viele Zweifel. Auf der Fahrt ist es aber dennoch schweigsamer zwischen ihnen als sonst. Er denkt, sie ist vielleicht müde, das mit den Pferden ist harte Arbeit, und sie hat ja auch noch die Schule. Nein, es ist etwas anderes. Das Schweigen ist bedrückend, er redet sich ein, daß sie über etwas nachdenkt, aber er wagt nicht, zu fragen. Es wird schon irgendwann herauskommen. Wenn sie Fragen hat, wird er eben antworten.
Danach sitzen sie in Charlos Küche und essen. Julie sitzt auf der grünen Seekiste, Charlo hebt sein Colaglas und will ihr zuprosten.
»Auf den neuen Rekord«, sagt er. »Ein Meter dreißig. Gratuliere, Julie, du bist
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