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Der Mord an Harriet Krohn (German Edition)

Der Mord an Harriet Krohn (German Edition)

Titel: Der Mord an Harriet Krohn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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hinzu.
    »Bei diesem scheußlichen Wetter?«
    Sejer lächelt. Sein Lächeln ist breit und kommt immer unerwartet.
    »Es war ein schlechter Tag«, erklärt Charlo, ein für allemal, und das ist ja auch die verdammte Wahrheit. Der schlimmste Tag in seinem Leben.
    »Kennen Sie sich in Hamsund aus?« will Sejer wissen.
    »Überhaupt nicht.«
    »Da gibt es eine schöne Kirche. Die sollten Sie sich bei Gelegenheit mal ansehen.«
    Charlo kneift erschrocken die Augen zusammen.
    »Ja, ich habe sie aus der Entfernung gesehen«, sagt er. »Ich bin da wohl vorbeigefahren.« Ihm fällt die Frau ein, die ihm dort begegnet ist. Haben sie ihn die ganze Zeit beobachtet, sind seinen kleinsten Bewegungen gefolgt? Der graue Volvo hinter ihm auf der Straße, ohne daß ihm das aufgefallen ist? Er faltet die Hände auf seinen Knien. Schaut abermals verstohlen auf seine Armbanduhr. Sejer schlägt die Arme übereinander, er wirkt so ausdauernd. Charlo geht in sich. Wie hat er sich bisher gemacht? Er hat sich ganz gut gemacht, er hat nichts zugegeben, außer seinem eigenen Elend.
    »Dann versuchen wir, den Abend zu rekonstruieren«, sagt Sejer. Er stützt die Ellbogen auf den Tisch.
    »Nein, das hat keinen Zweck. Ich kann mich auch nicht mehr so gut erinnern. Ich bin herumgefahren, das habe ich ja schon gesagt. Von zu Hause in die Innenstadt. Dann bin ich ein wenig herumgelaufen und habe mir Schaufenster angesehen. Alles, was ich mir nicht leisten kann«, fügt er verbittert hinzu. »Dann war ich ziemlich naß, wegen des Schmuddelwetters, habe mich wieder ins Auto gesetzt und bin nach Kongsberg gefahren. Und auch da bin ich lange herumgelaufen. Habe mir die Leute angesehen. Sie wissen schon.«
    Sejer nickt.
    »Na gut. Sie sind von der Blomsgate in die Innenstadt gefahren. Wie lange ungefähr sind Sie dann durch die Stadt gegangen?«
    »Vielleicht ein oder zwei Stunden.«
    »Können Sie ein wenig genauer sein?«
    »An die zwei Stunden.«
    »Dann sind wir bei acht Uhr«, stellt Sejer fest. »Dann sind Sie nach Kongsberg gefahren. Das dauert so ungefähr eine Dreiviertelstunde. Vielleicht eine Stunde, bei dem schlechten Wetter?«
    »Ja.«
    »Das macht neun Uhr. Wie lange sind Sie in Kongsberg herumgelaufen?«
    »Ach, ungefähr eine Stunde«, sagt Charlo und rechnet in Gedanken fieberhaft.
    »Also, dann ist es zehn Uhr. Und jetzt fahren Sie nach Hause und treffen gegen elf Uhr dort ein. Also gut. Dann ist das klar. Aber Sie haben diesen Abstecher nach Hamsund gemacht. Und Sie haben auch ein wenig Zeit damit verbracht, diesen Knaben zusammenzustauchen?«
    »Ja.«
    »Und es gab keine Zeugen für diesen Unfall?«
    »Nein«, sagt Charlo aufrichtig.
    Wieder legt Sejer eine Pause ein. Die dauert lange. Charlo preßt die Lippen aufeinander, bereitet sich auf einen Angriff vor, kann nicht richtig atmen. Diese Ruhe, denkt er, die geht mir auf die Nerven. Sejer ist wie ein Gletscher, er hat etwas Massives und Kühles.
    »Als Sie durch die Fredboes gate gefahren sind«, sagt Sejer dann plötzlich, »ist Ihnen da etwas aufgefallen?«
    Charlo schüttelt den Kopf.
    »Sind Ihnen andere Autos begegnet?«
    »Nicht, daß ich wüßte.«
    »Und was ist mit Fußgängern?«
    »Glaub ich nicht.«
    »Haben Sie zum Beispiel am Straßenrand Autos stehen sehen?«
    »Nein. Die Straße ist zu eng.«
    »Sie sind an dem alten Hotel vorbeigekommen?«
    »Hotel? Weiß nicht.«
    »Fredly. Das ist stillgelegt. Ist Ihnen das nicht bekannt?«
    Sejer schiebt die Unterlagen weg.
    »Na gut. Machen wir Schluß«, sagt er. »Nur noch eine Kleinigkeit. Lesen Sie Zeitungen?«
    »Ja, natürlich.«
    »Welche?«
    »Ach, das wechselt. Dagbladet und VG. Manchmal auch Aftenposten oder die Lokalzeitung.«
    »Jeden Tag?«
    »Ja.«
    »Aber unseren Aufruf haben Sie übersehen?«
    »Welchen Aufruf?« fragt Charlo. Er versucht verzweifelt, sich zu erinnern.
    »Wir haben über alle Zeitungen und auch über Rundfunk und Fernsehen die Person gesucht, die in den Autounfall in Hamsund verwickelt war.«
    »Ja, und?«
    »Sie haben sich nicht gemeldet?«
    »Offenbar habe ich das übersehen. Man kann nicht alles mitbekommen.«
    Sejer nickt.
    »Was ist mit dem Fall an sich?« fragt er. »Darüber haben Sie gelesen?«
    »Dem Fall?«
    »Der Mord in Hamsund, den ich aufklären soll. Der Mord an Harriet Krohn.«
    »Ach, natürlich. Darüber habe ich gelesen. Ja, das war schlimm.«
    Er hebt den Blick und sieht Sejer an, ringt um Fassung. Sejer wendet sich dem Hund zu. »Frank Robert. Komm. Wir fahren diesen Herrn

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