Der Mord zum Sonnntag
gingen zusammen zum Speisesaal. Sie
hatten die «Cocktail»-Stunde absichtlich übersprungen
und sahen gerade die letzten Gäste auf der Veranda
aufbrechen.
«Mir gefällt das nicht», erklärte Bartlett. «Elizabeth
Lange führt doch irgendwas im Schilde, wenn sie uns um
ein gemeinsames Dinner bittet. Ich kann Ihnen sagen, der
Staatsanwalt wird wenig erbaut sein, wenn er hört, daß
seine Kronzeugin mit der Gegenseite an einem Tisch
sitzt.»
«Seine ehemalige Kronzeugin», erinnerte ihn Craig.
«Das ist und bleibt sie. Die Ross ist völlig
übergeschnappt. Der andere ist. ein kleiner Dieb. Ich hab
nichts dagegen, die beiden ins Kreuzverhör zu nehmen.»
Craig blieb stehen und packte ihn am Arm. «Meinen Sie
damit, daß Ted trotz allem noch eine Chance hat?»
«Natürlich nicht. Er ist schuldig. Und ein zu schlechter
Lügner, um sich selber rauszuwinden.»
Ein Plakat in der Halle kündigte einen Konzertabend für
Flöte und Harfe an. Bartlett las die Namen der Künstler.
«Die sind erstklassig. Ich hab sie vergangenes Jahr in der
Carnegie Hall gehört. Gehen Sie auch manchmal
dorthin?»
«Gelegentlich.»
«Welches Musikgenre mögen Sie?»
«Fugen von Bach. Und das überrascht Sie vermutlich.»
«Offen gestanden, darüber hab ich noch nie
nachgedacht», erwiderte Bartlett kurz. Himmel, werde ich
froh sein, wenn dieser Fall abgeschlossen ist, dachte er.
Ein schuldiger Mandant, der nicht lügen kann, und ein
Vize, der sich alles aufbuckelt und nie über seinen
Minderwertigkeitskomplex wegkommen wird.
Min, der Baron, Syd, Cheryl und Elizabeth saßen bereits
bei Tisch. Nur Elizabeth wirkte völlig entspannt. Sie hatte
irgendwie anstelle von Min die Rolle der Gastgeberin
übernommen. Die Stühle rechts und links neben ihr waren
frei. Als die beiden näher kamen, streckte sie ihnen die
Arme entgegen. «Die Plätze habe ich eigens für euch
reserviert.»
Und was zum Teufel soll das heißen, fragte sich Bartlett.
Der Kellner schenkte alkoholfreien Wein ein. «Ich muß
dir gestehen, Min, ich freue mich jetzt schon auf den
ersten kräftigen Drink zu Hause», sagte Elizabeth.
«Warum machst du’s nicht wie alle anderen?» fragte
Syd. «Wo hast du deinen Koffer mit Vorhängeschloß?»
«In dem sind weitaus interessantere Dinge als Schnaps»,
entgegnete sie. Während des Dinners gab sie den Ton an,
schwelgte in Erinnerungen an die Zeiten, die sie hier
gemeinsam verbracht hatten.
Beim Dessert ergriff Bartlett die Initiative. «Miss Lange,
ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß Sie
irgendein Spielchen spielen, und ich für mein Teil mache
bei so was grundsätzlich nicht mit, solange ich nicht die
Spielregeln kenne.»
Elizabeth schob einen Löffel Himbeeren in den Mund,
legte dann den Löffel nieder. «Sie haben ganz recht»,
entgegnete sie. «Ich wollte heute abend aus einem sehr
speziellen Grund mit euch allen zusammen sein. Ihr alle
sollt erfahren, daß ich nicht mehr glaube, Ted sei
verantwortlich für den Tod meiner Schwester.»
Sie starrten sie entgeistert an.
«Laßt uns darüber reden. Jemand hat Leila absichtlich
kaputtgemacht, indem er ihr diese anonymen Briefe
schickte. Ich denke, das warst du oder du.»
Sie deutete auf Cheryl, dann auf Min.
«Da bist du völlig im Irrtum», widersprach Min
entrüstet.
«Ich hab dir doch gesagt, du sollst weitere Briefe
beibringen und sie untersuchen lassen, um den Absender
zu ermitteln», fuhr Cheryl sie giftig an.
«Vielleicht tue ich genau das», konterte Elizabeth.
«Mr. Bartlett, hat Ted Ihnen erzählt, daß Syd und der
Baron sich in der Nacht, in der meine Schwester starb,
dort aufgehalten haben?» Sie schien seine erstaunte Miene
zu genießen. «Hinter dem Tod meiner Schwester steckt
mehr, als bisher ans Licht gekommen ist. Ich weiß das.
Einer, vielleicht auch zwei von euch wissen es. Es ist
nämlich eine andere Version denkbar. Syd und Helmut
hatten Geld in das Stück investiert. Syd war bekannt, daß
Helmut das Stück geschrieben hatte. Sie zogen gemeinsam
hin, um Leila zu beknien. Irgend etwas ging schief, und
Leila starb. Man hätte es als Unfall betrachtet, wäre da
nicht diese Frau gewesen, die schwor, sie habe Ted im
Handgemenge mit Leila gesehen. An diesem Punkt ließ
meine Aussage, daß Ted zurückgekommen war, die Falle
zuschnappen.»
Der Kellner näherte sich beflissen, Min winkte
abwehrend. Bartlett bemerkte, daß die Leute an den
umliegenden Tischen sie beobachteten. «Ted hat keinerlei
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