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Der Mord zum Sonnntag

Der Mord zum Sonnntag

Titel: Der Mord zum Sonnntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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griff sie zum Telefon. Sie wollte Scott anrufen.
Und dann ließ sie die Hand wieder sinken. Was sollte sie
ihm sagen? Es gab nicht den Schatten eines Beweises. Es
würde ihn niemals geben.
Es sei denn, sie konnte ihn zum Handeln zwingen …

8
    Über eine Stunde saß Scott an Alvirahs Bett in der
Hoffnung, sie würde noch etwas sagen. Dann erklärte er
Willy Meehan: «Ich bin gleich wieder da.» Er hatte John
Whitley draußen entdeckt und folgte ihm in sein
Sprechzimmer.
    «Haben Sie weitere Informationen für mich, John?»
«Nein.» Der Arzt wirkte zugleich wütend und perplex.
«Ich hab was dagegen, wenn ich nicht weiß, woran ich
    eigentlich bin. Ihr Blutzucker war so niedrig, daß wir – in
Ermangelung einer nachgewiesenen schweren
Hypoglykämie – von dem Verdacht ausgehen müssen,
jemand habe ihr Insulin injiziert. Es besteht nicht der
geringste Zweifel, daß sich an der Stelle auf der Wange,
wo wir den Blutstropfen entdeckt haben, ein Einstich
befindet. Wenn nun der Kollege von Schreiber behauptet,
ihr keinerlei Injektion im Gesicht verabfolgt zu haben, ist
da irgend etwas faul.»
«Wie stehen ihre Chancen?» fragte Scott.
    John zuckte die Achseln. «Ich weiß es nicht. Zum
jetzigen Zeitpunkt läßt sich noch nicht sagen, ob sie eine
Gehirnschädigung davongetragen hat. Wenn Willenskraft
sie zurückholen kann, dann schafft das ihr Mann. Er macht
das genau richtig. Erzählt ihr von dem Flugzeug, das er
hierher gechartert hat, von der Renovierung des Hauses
nach ihrer Rückkehr. Wenn sie ihn hören kann, fühlt sie
sich dadurch gefordert und – unentbehrlich.»
    Von Johns Zimmer hatte man Aussicht auf den Garten.
Scott trat ans Fenster. Wenn er doch nur eine Weile allein
sein, das Ganze durchdenken könnte! «Wir können nicht
beweisen, daß Mrs. Meehan Opfer eines Mordversuchs
war. Wir können nicht beweisen, daß Miss Samuels
ermordet wurde.»
    «Hieb- und stichfest bestimmt nicht.»
«Das heißt also, selbst wenn wir herausbekämen, wer am
Tod der beiden Frauen interessiert gewesen sein könnte –
und den Mut aufbringt, seinen Mordplan ausgerechnet dort
durchzuführen –, wären wir trotzdem vielleicht
außerstande, irgend etwas zu beweisen.»
«Das gehört zwar eher in Ihren Aufgabenbereich, aber
ich stimme Ihnen zu.»
Scott hatte noch eine letzte Frage: «Mrs. Meehan hat zu
sprechen versucht und brachte schließlich ein Wort heraus
– ‹Stimmen›. Ist es denkbar, daß jemand in ihrem Zustand
sich tatsächlich eine Mitteilung abringt, die Hand und Fuß
hat?»
Whitley zuckte die Achseln. «Meinem Eindruck nach ist
das Koma noch immer zu tief, um irgendwelche
Rückschlüsse zu ziehen. Doch ich könnte mich irren. Es
wäre nicht das erste Mal.»
    Scott unterhielt sich nochmals mit Willy Meehan im
Korridor. Alvirah wollte eine Artikelserie schreiben. Der
Chefredakteur vom New York Globe hatte sie aufgefordert,
so viele Insider-Informationen wie nur möglich über die
Prominenz zusammenzutragen. Scott erinnerte sich an die
unzähligen Fragen, die sie in seiner Gegenwart beim
Dinner gestellt hatte. Was mochte Alvirah wohl
unwissentlich erfahren haben? Das lieferte immerhin einen
Grund für den Anschlag auf ihr Leben – sofern es sich um
einen Anschlag gehandelt hatte. Und es erklärte die
kostspielige Recorder-Ausrüstung in ihrem Koffer.
    Um fünf hatte er einen Termin beim Bürgermeister von
Carmel. Über das Sende- und Empfangsgerät in seinem
Wagen hörte er, daß Elizabeth zweimal angerufen hatte.
Der zweite Anruf war dringend.
    Sein Instinkt veranlaßte ihn, die Verabredung mit dem
Bürgermeister zum zweitenmal innerhalb von zwei
Wochen abzusagen und direkt nach Cypress Point Spa zu
fahren.
    Durch das große Aussichtsfenster konnte er Elizabeth
beobachten. Sie telefonierte. Er wartete, bis sie aufgelegt
hatte, bevor er anklopfte. Die dreißig Sekunden boten ihm
Gelegenheit, Elizabeth eingehend zu betrachten. Die
schrägen Strahlen der Nachmittagssonne mit ihren
Schatteneffekten brachten die hohen Wangenknochen, den
breiten, empfindsamen Mund, die leuchtenden Augen zur
Geltung. Wäre ich ein Bildhauer, hätte ich sie gern als
Modell, dachte er. Sie ist nicht nur schön, sondern besitzt
darüber hinaus Stil und natürliche Eleganz. Eines Tages
hätte sie Leila in den Schatten gestellt.
    Elizabeth übergab ihm die Tonbänder. Sie wies auf den
vollgeschriebenen Notizblock. «Tun Sie mir einen
Gefallen, Scott, hören Sie diese Bänder sehr, sehr

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