Der Mord zum Sonnntag
blitzte etwas von der früheren eisernen
Entschlossenheit auf. Der Baron, wie immer tipptopp vom
Scheitel bis zur Sohle, von selbstverständlicher Eleganz,
als wäre das Sporthemd ein Hermelinmantel, reservierte
Haltung, wiedergewonnene Sicherheit. Auch für ihn waren
in dieser Nacht böse Geister ausgetrieben worden.
Cheryls Augen wanderten unablässig zu Ted, verengten
sich, wenn sie ihm ins Gesicht sahen. Mit ihrer spitzen
Zunge fuhr sie sich über die Lippen, wie eine Katze, die
zum Sprung ansetzt, um die verbotene Sahneschüssel
auszulecken.
Neben ihr räkelte sich Syd. Er strahlte etwas aus, das
ihm lange gefehlt hatte – ungezwungene Erfolgssicherheit.
Ted saß neben Elizabeth, den Arm auf ihrer Sessellehne,
beschützend und wachsam, als fürchte er, sie könnte ihm
entgleiten.
«Ich meine, wir sind nun am Ende des Weges
angelangt.» Scotts müde Stimme verriet, daß er in dieser
Nacht kaum geschlafen hatte.
«Craig hat Henry Bartlett als Anwalt genommen, der
ihm dringend empfahl, keine Aussage zu machen. Als ich
ihm jedoch Elizabeths Brief vorlas, gab er alles zu. Ich
möchte Ihnen diesen Brief ebenfalls vorlesen.» Scott zog
ihn aus der Tasche.
Lieber Scott Es gibt nur eine Möglichkeit, wie ich
meinen Verdacht beweisen kann, und das möchte ich jetzt
tun. Es könnte fehlschlagen, aber wenn mir irgend etwas
passiert, dann hat das seinen Grund darin, daß ich in
Craigs Augen der Wahrheit zu nahe komme. Heute abend
habe ich Syd und den Baron beschuldigt, Leilas Tod
verursacht zu haben. Ich hoffe, dieser Köder genügt, um
Craig in Sicherheit zu wiegen, wenn er mir etwas anzutun
versucht. Ich glaube, das wird am Schwimmbecken
geschehen. Meiner Meinung nach war er neulich abends
auch dort. Ich kann mich nur darauf verlassen, daß ich
schneller schwimme, und wenn er mich anzugreifen
versucht, hat er sich selbst entlarvt. Wenn es ihm jedoch
gelingt, machen Sie ihn dingfest – für mich und für Leila.
Inzwischen werden Sie die Bänder abgehört haben. Ist
Ihnen aufgefallen, wie erregt er sich anhörte, als Alvirah
Meehan zu viele Fragen stellte? Er versuchte, Ted das
Wort abzuschneiden, als dieser davon sprach, daß Craig
seine Stimme täuschend nachahmen könne.
Ich meinte Ted gehört zu haben, der Leila anschrie, sie
solle auflegen. Ich meinte sie sagen zu hören: « Du willst
ein Falke sein? » Aber Leila schluchzte. Deshalb habe ich
mich verhört. Helmut war in der Nähe. Er hörte sie sagen:
« Du willst mein Falke sein? » Er hat richtig gehört, ich
nicht.
Zu Alvirah Meehans Bandaufnahme im
Behandlungsraum. Hören Sie genau hin. Die erste Stimme
klingt wie der Baron, aber etwas stimmt nicht. Meiner
Meinung nach war es Craig, der den Baron imitierte.
Scott, all das ist kein Beweis. Den wird es nur geben,
wenn Craig mich als zu gefährlich ansieht.
Warten wir ab, was passiert. Eines weiß ich und habe es
in meinem Innern wahrscheinlich immer gewußt. Ted ist
unfähig, einen Mord zu begehen, und mich schert es nicht,
wie viele Zeugen noch auftreten und behaupten, sie hätten
gesehen, wie er Leila tötete.
Elizabeth
Scott legte den Brief hin und fixierte Elizabeth streng.
«Ich wünschte, Sie hätten mir vertraut und sich helfen
lassen. Sie sind fast dabei draufgegangen.»
«Es war die einzige Möglichkeit», entgegnete Elizabeth.
«Aber was hat er Mrs. Meehan angetan?»
«Eine Insulininjektion. Sie wissen ja, daß er während
seiner College-Zeit in den Sommerferien im Krankenhaus
gearbeitet hat. In den Jahren bekam er eine Menge
medizinische Kenntnisse mit. Das Insulin war allerdings
ursprünglich nicht für Alvirah Meehan bestimmt.» Er sah
Elizabeth an. «Seiner Überzeugung nach waren Sie
gefährlich. Er wollte Sie kommende Woche vor dem
Prozeß in New York irgendwie aus dem Weg räumen.
Doch als Ted sich entschloß hierherzufahren, überredete
Craig schließlich Min, Sie ebenfalls einzuladen. Wenn Sie
Ted sähen, würden Sie eventuell von einer Aussage gegen
ihn Abstand nehmen – mit diesem Argument überzeugte
er Min. Er wollte sich damit die Gelegenheit verschaffen,
einen Unfall zu arrangieren. Alvirah Meehan wurde zur
Bedrohung. Er besaß bereits das Mittel, sich ihrer zu
entledigen.» Scott stand auf.
«Und jetzt fahre ich nach Hause.»
An der Tür blieb er stehen. «Nur noch eine
abschließende Bemerkung. Sie, Baron, und Sie, Syd,
waren bereit, die Justiz zu behindern, als Sie Ted für
schuldig hielten. Sie taten ihm keinen Gefallen
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