Der Mord zum Sonnntag
Gegenüberstellung oder so was.»
Sammy seufzte tief. «Zerbrich dir darüber nicht den
Kopf, Tony. Sowie wir die Knete haben, kann Willy
Meehan im Hudson nach undichten Stellen suchen.»
Zwei Wochen danach ließ sich Alvirah im Salon von
Louis Vincent, um die Ecke von der Wohnung im Central
Park South, frisieren. «Seit der Sendung krieg’ ich jede
Menge Post», erzählte sie Vincent. «Sogar einen Brief
vom Präsidenten, können Sie sich das vorstellen? Er hat
uns zu unserer vernünftigen Finanzgebarung
beglückwünscht. Wir seien ein Musterbeispiel für stetige
Vermögensbildung, schreibt er. Ich wünschte, er hätte uns
zum Dinner ins Weiße Haus eingeladen. Davon hab’ ich
schon immer geträumt. Na, vielleicht klappt’s irgendwann
mal.»
«Denken Sie bloß daran, sich dann rechtzeitig bei mir
anzumelden», ermahnte Vincent sie, als er ihrer Frisur den
letzten Schliff gab. «Bekommen Sie eine Maniküre?»
Im nachhinein wußte Alvirah, sie hätte auf diese
seltsame innere Stimme hören müssen, die ihr riet, in die
Wohnung zurückzukehren. Dann hätte sie Willy noch
erwischt, bevor er zu den Männern im Wagen stürzte.
Als der Portier sie eine halbe Stunde später sah, lächelte
er erleichtert. «Mrs. Meehan, das muß ein Irrtum gewesen
sein. Ihr Mann war völlig außer sich.»
Ungläubig hörte Alvirah zu, als Jose ihr berichtete, daß
Willy in Tränen aufgelöst aus dem Fahrstuhl gerast kam.
Alvirah habe unter der Trockenhaube einen Herzanfall
gehabt, schrie er, und sei sofort ins Roosevelt Hospital
gebracht worden.
«Draußen wartete ein Typ mit einem schwarzen
Cadillac», erläuterte Jose. «Er bog in die Auffahrt ein, als
ich die Tür öffnete. Der Arzt hat Mr. Meehan seinen
Privatwagen geschickt.»
«Hörst sich komisch an», sagte Alvirah langsam. «Ich
sause gleich rüber zum Krankenhaus.»
«Ich ruf Ihnen ein Taxi», erbot sich der Portier. Sein
Telefon klingelte. Er lächelte entschuldigend, als er den
Hörer abnahm.
«Zwo-elf Central Park South.» Er lauschte, sagte dann
verblüfft:
«Es ist für Sie, Mrs. Meehan.»
«Für mich?» Alvirah griff zum Telefon und hörte
entgeistert auf diese Flüsterstimme: «Alvirah, passen Sie
genau auf. Sagen Sie dem Portier, daß es Ihrem Mann
bestens geht. Das Ganze war ein Mißverständnis. Er wird
Sie später treffen. Dann fahren Sie nach oben in Ihre
Wohnung und warten auf weitere Anweisungen.»
Willy war entführt worden. Alvirah wußte es. Mein Gott,
dachte sie. «Sehr gut», brachte sie mühsam heraus. «Sagen
Sie Willy, ich hole ihn in einer Stunde ab.»
«Sie sind wirklich auf Draht, Mrs. Meehan», flüsterte die
Stimme.
Ein Klicken. Alvirah wandte sich zu Jose.
«Falscher Alarm natürlich. Der arme Willy.» Sie
versuchte zu lachen. «Ah … ha … ha …»
Jose strahlte. «In Puerto Rico hab ich noch nie was
davon gehört, daß ein Arzt seinen eigenen Wagen
schickt.»
Die Wohnung lag im zweiundzwanzigsten Stock und
hatte eine Terrasse mit Aussicht auf den Central Park.
Normalerweise lächelte Alvirah, sobald sie die Tür
öffnete. Das Apartment war so hübsch, und sie hatte einen
Blick für Möbel, wie sie selber sagte. All die Jahre, in
denen sie die Häuser von anderen Leuten putzte, hatten ihr
viel über Inneneinrichtung beigebracht.
Doch diesmal blieb die Wirkung aus. Die
elfenbeinfarbene Couch und das passende zweisitzige
Sofa, Willys tiefer, bequemer Sessel mit dazugehörigem
Sitzpolster, der karminrote und königsblaue Orientteppich,
der schwarz lackierte Tisch und die Stühle in der Eßecke,
die späte Nachmittagssonne, die über die Decke aus
buntem Herbstlaub im Park tanzte – nichts vermochte sie
zu trösten.
Wozu war all das gut, wenn Willy irgend etwas zustieß?
Alvirah wünschte aus tiefstem Herzen, sie hätten nie in der
Lotterie gewonnen und wären wieder in Flushing, in ihrer
Wohnung über der Schneiderwerkstatt von Orazio
Romano. Um diese Zeit würde sie gerade vom
Saubermachen bei Mrs. O’Keefe zurückkommen und aus
Jux zu Willy sagen, Mrs. O’Keefe müsse mit einer
Grammophonnadel geimpft worden sein. «Sie hält nie die
Klappe, Willy, überschreit sogar noch den Staubsauger.
Ein Segen, daß sie wenigstens nicht schlampig ist. Sonst
würde ich im Leben nicht mit der Arbeit fertig.»
Das Telefon läutete. Alvirah sauste zum Apparat im
Wohnzimmer, überlegte es sich dann anders und hastete
ins Schlafzimmer. Dort befand sich der Anrufbeantworter.
Sie schaltete ihn ein, als sie den
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