Der Mord zum Sonnntag
die roten
Ampeln zu kümmern. Elizabeth fühlte sich glücklich und
zu Hause. «Mir gefällt’s hier», erklärte sie.
«Mir auch, Spatz. Und du hast mir den Tag gerettet. Ich
weiß wahrhaftig nicht, wer von uns auf wen aufpaßt. Und
Min ist ein prima Kerl. Aber eins haben sie mir endgültig
beigebracht, Spatz – mein Widerling von Vater, das Pack,
mit dem sich Mama eingelassen hat, oder dieser Lump
gestern: Nie wieder trau ich einem Mann über den Weg.»
2
Elizabeth schlug die Augen auf. Der Wagen glitt
geräuschlos am Pebble Beach Goldin Club vorbei über die
mit Bäumen gesäumte Straße, von der man hinter Hecken
aus Bougainvilleen und Azaleen die Landhäuser sehen
konnte. Jason drosselte das Tempo, als er eine Kurve
nahm und der Baum, dem Cypress Point Spa seinen
Namen verdankte, ins Blickfeld kam.
Schlaftrunken strich sie sich das Haar aus der Stirn und
sah sich um. Neben ihr lächelte Alvirah Meehan verklärt.
«Sie müssen fix und fertig sein, Kindchen», sagte sie. «Sie
haben praktisch die ganze. Strecke verschlafen.» Sie
schaute hinaus und schüttelte den Kopf.
«Ist das ’ne Wucht!» Der Wagen fuhr durch den
prachtvollen schmiedeeisernen Toreingang zum
Hauptgebäude hinauf, einer weiträumigen, dreistöckigen,
elfenbeinfarben verputzten Villa mit hellblauen
Fensterläden. Mehrere Schwimmbecken waren über das
Gelände verteilt, jeweils in Reichweite der verschiedenen
Bungalow-Gruppen. Am Nordende des Grundstücks
befand sich eine Terrasse, davor ein fünfzig Meter langes
Schwimmbecken, das an beiden Seiten von Tischen mit
Sonnenschirmen flankiert wurde. Dahinter erhoben sich
zweistöckige, lavendelfarben gestrichene Zwillingsbauten.
«Das sind die Kurzentren für Männer und Frauen»,
erklärte Elizabeth.
Die rechts vom Hauptgebäude gelegene Klinik war
dessen verkleinertes Ebenbild. Eine Reihe von mit hohen,
blühenden Hecken gesäumten Wegen führte zu
verschiedenen Eingängen, durch die man in die
Behandlungsräume gelangte. Diese waren jeweils so weit
voneinander entfernt, daß die Gäste nicht zusammentrafen.
Als die Auffahrt eine Biegung machte, beugte sich
Elizabeth schwer atmend vor. Zwischen Haupthaus und
Klinik war ein gutes Stück weiter hinten ein riesiger
Neubau zu sehen, dessen durch wuchtige Säulen
akzentuierte schwarze Marmorfassade an einen drohend
aufragenden Vulkan erinnerte, der jeden Augenblick
ausbrechen konnte. Oder an ein Mausoleum, dachte
Elizabeth.
«Was ist denn das?» erkundigte sich Alvirah Meehan.
«Die Kopie eines römischen Bades. Als ich vor zwei
Jahren hier war, wurde gerade der Grund ausgehoben. Ist
es schon eröffnet, Jason?»
«Noch nicht fertig, Miss Lange. Die bauen endlos
weiter.»
Leila hatte sich unverhohlen lustig gemacht über dieses
Projekt.
«Wieder so eins von Helmuts bombastischen
Hirngespinsten, um Min ihr Geld abzuknöpfen», lautete
ihr Kommentar. «Der ist doch erst glücklich, wenn Mins
Bankrott amtlich besiegelt wird.»
Der Wagen hielt vor der Treppe des Haupthauses. Jason
war mit einem Satz draußen und riß die Tür auf. Alvirah
Meehan zwängte sich wieder in ihre Schuhe und wuchtete
sich aus den Polstern.
«Vom Fußboden kommt man auch nicht schwerer
hoch», meinte sie. «Sehen Sie mal, da ist ja Mrs. von
Schreiber. Ich kenn’ sie von Fotos. Soll ich sie mit
Baronin anreden?»
Elizabeth antwortete nicht. Sie streckte die Arme aus, als
Min rasch, aber dennoch würdevoll die Verandastufen
hinabkam. Leila hatte diese unnachahmliche
Bewegungstechnik immer mit der Queen Elizabeth verglichen, wenn sie majestätisch in den Hafen einfährt.
Min trug ein schlichtes, bedrucktes Baumwollkleid, dem
man erst auf den zweiten Blick ansah, daß es sich um ein
Modell von Adolfo handelte. Das üppige dunkle Haar war
zu einem Knoten hochgedreht. Sie schloß Elizabeth in die
Arme und drückte sie stürmisch an sich. «Du bist viel zu
mager», zischelte sie. «Im Badeanzug siehst du bestimmt
wie ein Klappergestell aus.» Nach einer weiteren
ungestümen Umarmung wandte Min ihre Aufmerksamkeit
Alvirah zu. «Mrs. Meehan, die glücklichste Frau der Welt.
Wie schön, Sie hierzuhaben.» Sie musterte Alvirah von
Kopf bis Fuß. «In zwei Wochen wird jeder denken, daß
Sie schon als Baby vierzig Millionen schwer waren.»
Alvirah Meehan strahlte. «Genauso fühle ich mich
jetzt.»
«Du gehst nach oben ins Büro, Elizabeth. Helmut
erwartet dich dort. Ich bringe Mrs. Meehan zu ihrem
Bungalow und komme dann
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