Der Mord zum Sonnntag
vergangen ist.»
«Komm.» Er nahm sie bei der Hand und führte sie zu
der Gruppe von Art-déco-Korbmöbeln an der Fensterfront.
Er schnitt ein Gesicht, als er sich niederließ. «Ich bemühe
mich unentwegt, Min beizubringen, daß diese Dinge zum
Anschauen, nicht zum Gebrauch gedacht sind. Und nun
berichte, wie’s dir ergangen ist.»
«Viel Arbeit. Natürlich will ich’s ja so haben.»
«Warum bist du inzwischen nicht mal hiergewesen?»
Weil ich wußte, daß ich hier Leila überall vor mir sehen
würde.
«Ich habe Min vor drei Monaten in Venedig getroffen.»
«Und außerdem enthält Cypress Point zu viele
Erinnerungen für dich, oder?»
«Das stimmt. Aber ihr habt mir beide gefehlt. Und ich
freue mich auf das Wiedersehen mit Sammy. Wie geht es
ihr deiner Meinung nach?»
«Du kennst doch Sammy. Sie klagt nie. Ich würde
allerdings eher vermuten – nicht gut. Ich glaube nicht, daß
sie sich jemals richtig erholt hat, weder von der Operation
noch von dem Schock durch Leilas Tod. Und dann ist sie
inzwischen über siebzig. Physiologisch noch kein hohes
Alter, aber …»
Die Außentür wurde energisch geschlossen, und Mins
Stimme ertönte aus dem Vorzimmer: «Wart’s nur ab, bis
du die Lotteriegewinnerin besichtigt hast, Helmut. Da hast
du mehr als genug zu tun. Wir müssen unbedingt
Interviews für sie arrangieren. Wenn sie loslegt, hört
sich’s an, als war’s hier wie im siebenten Himmel.»
Sie eilte auf Elizabeth zu und umarmte sie stürmisch.
«Wenn du wüßtest, wie viele Nächte ich wachgelegen und
mir Sorgen um dich gemacht habe! Wie lange kannst du
bleiben?»
«Nicht sehr lang. Nur bis Donnerstag.»
«Das sind ja bloß fünf Tage!»
«Ich weiß, aber der Staatsanwalt will am Freitag noch
mal meine Aussage durchgehen.» Elizabeth empfand es
als wohltuend, daß Mins Arme sie so fest und liebevoll
umfingen.
«Was müssen die denn durchgehen?»
«Die Fragen, die sie mir bei der Verhandlung stellen
werden. Die Fragen, die mir Teds Anwalt stellen wird. Ich
dachte, es würde genügen, einfach die Wahrheit zu sagen,
aber anscheinend will die Verteidigung zu beweisen
versuchen, daß ich mich mit dem Zeitpunkt des Anrufs
irre.»
«Meinst du, daß du dich da irren könntest?» Mins
Lippen streiften ihr Ohr, die Stimme hörte sich an, als
flüstere sie von der Bühne ins Publikum. Verwirrt löste
sich Elizabeth aus der Umarmung und sah, wie Helmut
warnend die Stirn runzelte.
«Min, glaubst du, wenn ich nur den leisesten Zweifel
hätte …»
«Schon gut», sagte Min eilfertig. «Wir sollten jetzt nicht
davon sprechen. Du kannst also fünf Tage bleiben, um
dich auszuruhen und verwöhnen zu lassen. Ich habe das
Programm für dich zusammengestellt. Du fängst gleich am
Nachmittag an mit einer kosmetischen Behandlung und
anschließender Massage.»
Elizabeth verabschiedete sich nach ein paar Minuten.
Schräge Sonnenstrahlen tanzten über die Blumenbeete
neben dem Weg zu ihrem Bungalow. Beim Anblick der
wilden Malven, der Heckenrosen, der blühenden
Johannisbeersträucher überkam sie irgendwo im
Unterbewußtsein ein Gefühl der Ruhe. Doch es vermochte
nicht darüber hinwegzutäuschen, daß sich hinter der
herzlichen Begrüßung und der scheinbaren Besorgnis von
Min und Helmut etwas ganz anderes verbarg.
Die beiden waren aufgebracht, beunruhigt und
feindselig. Und diese Feindseligkeit richtete sich gegen sie.
3
Syd Melnick fand die Fahrt von Beverly Hills nach Pebble
Beach unerfreulich. Während der ganzen vier Stunden saß
Cheryl Manning wortkarg und versteinert neben ihm. Die
ersten drei Stunden hatte sie ihm nicht erlaubt, das
Wagendach zurückzuklappen. Sie befürchtete,
Gesichtshaut und Haar könnten im Fahrtwind zu sehr
austrocknen. Kurz vor Carmel ließ sie ihn dann gewähren,
denn sie legte Wert darauf, bei der Fahrt durch die Stadt
erkannt zu werden.
Hin und wieder musterte Syd sie verstohlen. Keine
Frage, sie sah wirklich gut aus. Die blauschwarzen
Haarmassen, die ihr Gesicht umwogten, wirkten aufregend
sexy. Sie war sechsunddreißig; früher ein eher
jungenhafter Typ, hatte sie jetzt die starke erotische
Ausstrahlung der erfahrenen Frau, was ihr sehr zum
Vorteil gereichte.
«Denver» und «Dallas» hatten sich mittlerweile
verbraucht und ihre Anziehungskraft für die Zuschauer
verloren. Ein eindeutiger Trend zeichnete sich ab, mit den
amourösen Eskapaden von Frauen in den Fünfzigern
Schluß zu machen. Und in der Amanda hatte Cheryl
endlich die Rolle
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