Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Morgen der Trunkenheit

Der Morgen der Trunkenheit

Titel: Der Morgen der Trunkenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fattaneh Haj Seyed Javadi
Vom Netzwerk:
nannten meinen Sohn Almass.
    Allmählich konnte ich wieder aufstehen und umhergehen. Ich konnte mich um das Kind kümmern und langsam die Hausarbeit erledigen. Eines kalten und verschneiten Morgens sagte meine Schwiegermutter nach dem Frühstück, als Rahim zur Arbeit gehen wollte, »Nun, Rahim Djan, jetzt werde ich mich auch verabschieden.«
    Ich war entzückt. Rahim fragte, »Wohin? Weshalb willst du schon so früh gehen?«
    Meine Schwiegermutter sagte, während sie das Samowar-Geschirr aus dem Zimmer trug, »Nein, mashallah geht es Mahbube wieder gut. Und ich muß auch zurück zu meinem Haushalt. Allerdings nur, wenn du es für richtig hältst.«
    Rahim stieg arglos die Treppen hinunter. Er wollte durch die Haustür und zur Arbeit gehen. Da sah ich, wie meine Schwiegermutter ihm einen Wink gab. Wieder begann das Getuschel. Er kehrte zurück und betrat das Zimmer. Meine Schwiegermutter verschwand in der Küche. Ich wußte, daß ihr Getuschel mir Ärger bereiten würde, wie gehabt. Er sagte, »Mahbube Djan, meine Mutter hat etwas ganz Vernünftiges gesagt. Sie sagt, ›Warum solltest du für zwei Haushalte zahlen? Meine Miete bezahlen?‹ Sie sagt, ›Ich werde mich hier in irgendeinem Winkel einrichten. Insbesondere, wo das Haus genügend Platz hat…‹«
    Ich sagte, »Aber Rahim…«
    »Was ist? Stört es dich?«
    »Nein, aber dann wir wären nicht mehr unabhängig. Uns wären die Hände gebunden.«
    »Ist dir meine Mutter etwa zur Last gefallen? Was hat sie getan? Hat sie dir etwa nicht gedient? Hat sie dir etwa die Hände gebunden, so daß du nicht unabhängig bist? Willst du, daß ich eine Mieteextra bezahle? Na gut, ich werde ihr sagen, ›Pack sofort deine Siebensachen zusammen. Mahbube sagt, du mußt gehen.‹«
    »O weh, Gott lasse mich sterben. Sag’s nicht! Es wäre sehr unpassend. Wann habe ich je so etwas gesagt?« Insgeheim verfluchte ich seine Mutter. Ich wußte, daß sie schuld an dem Ärger war, antwortete jedoch gezwungenermaßen, »Na gut, soll sie bleiben. Tu, was du für richtig hältst.«
    »Dann, Mahbub Djan, biete du es ihr ebenfalls an. Schließlich ist sie meine Mutter.«
    Das fiel mir nun wirklich schwer. Ich wußte, daß ich ein Gesicht zog, sagte jedoch, »Geht in Ordnung.«
    Er sagte, »Mit Gottes Segen«, und ging fort.
    Es war, als hätte man mir Bleigewichte an die Beine gebunden. Ich ging in den Hof. Meine Schwiegermutter war nicht dort. Sie war in der Küche. Mühsam stieg ich die Stufen hinunter. Ich hatte noch Schmerzen. Sie beschäftigte sich mit dem Choresh-Topf. Ich sagte, »Chanum, Rahim hält es für angebracht, daß Sie hier bleiben. Daß Sie bei uns leben.«
    Ich konnte mich nicht umgangssprachlich ausdrücken. Ich hätte mir gewünscht, meinem Zorn auf irgendeine Art und Weise Luft zu machen, konnte es jedoch nicht und haßte mich für meine Schwäche. Sie wandte den Kopf. Ihre Augen blitzten. Ich weiß nicht, ob vor Vergnügen oder aus purer Gehässigkeit. Sie sagte, »Wallah, Mahbube Djan, ich wollte mein Zuhause auf keinen Fall aufgeben. Aber Rahim hat darauf bestanden. ›Bleib hier und hilf Mahbube. Sie ist jung. Sie ist zu unbeholfen, um sich sowohl um den Haushalt als auch um das Kind zu kümmern.‹ Was blieb mir übrig? Hätte ich abgelehnt, wäre er betrübt gewesen. Ich sagte, ›Wenn du darauf bestehst, werde ich, sofern Mahbube Djan ebenfalls einverstanden sein sollte, bleiben.‹ Nun ja, ich bring es nicht übers Herz, euch zu Winteranfang allein zu lassen. Macht nichts, wenn es mir schlecht geht. Wenn ihr sagt, ›Bleib‹, werde ich mich fügen. Was sollte ich sonst tun? Er ist mein Kind. Ich kann ihn nicht leiden sehen.«
    Wie gern hätte ich getan, wonach ich mich sehnte. Ihre Hand gepackt und sie aus dem Haus geworfen. Doch ich konnte nicht. Ich war unfähig dazu. Ich hatte es nicht gelernt. Hatte nicht gelernt, mich zu verteidigen. Wieder erinnerte ich mich an die Ermahnungen meiner Mutter: Sei eine Dame, Mahbub Djan, sei eine Dame. Ichplatzte vor Wut und lächelte. Ich blieb stumm. Sie hatte durch ihre Hinterlist erreicht, was sie wollte. Sie blieb und bürdete mir die Verantwortung dafür auf.
    Die Amme kam. Sie hatte mein Unterhaltsgeld mitgebracht. Leise sagte sie, »Ach, die ist ja immer noch da!«
    »Es ist beschlossen, daß sie hier bleibt. Sie hat sich hier eingenistet. Unter dem Vorwand, zu helfen, ist sie gekommen und nicht mehr fortgegangen. Sag um Gottes willen meinem Agha Djan nichts davon! Sag’s auch nicht meiner Chanum

Weitere Kostenlose Bücher