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Der Morgen der Trunkenheit

Der Morgen der Trunkenheit

Titel: Der Morgen der Trunkenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fattaneh Haj Seyed Javadi
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verwöhnen kann.«
    Er schaute mir in die Augen, und mir stockte der Atem.
    »Was würde aus dir werden, wenn du nicht solch ein Mundwerk hättest, Mädchen!«
    Er brachte seinen Kopf näher. Der Alkoholgeruch stieg mir in die Nase. »Hast du schon wieder diesen Dreck getrunken?«
    »Ja, gefällt es dir nicht?«
    »Nein, ganz und gar nicht. Trink nicht mehr davon.«
    Er senkte seinen Kopf, um mich zu küssen. Plötzlich, wie auf Bestellung, öffnete seine Mutter die Tür und erschien zwischen den Türflügeln. Sie stemmte eine Hand in die Hüfte und sagte halb im Spaß, »Ihr könnt es anscheinend nicht lassen!… Es reicht. Ihr seid doch nicht mehr frisch verheiratet!«
    Rahim wandte sich um. Er legte eine Hand aufs Knie, stützte sich mit der anderen auf den Boden und sagte betrunken und ziemlich unverschämt, wie mir vorkam, »Was, bitte schön, ist Ihrer Meinung nach wichtiger?«
    »Schließlich ist es die sechste Nacht eures Kindes. Ihr müßt ihm einen Namen geben.«
    Rahim wandte sich an mich, »Welchen Namen hast du gewählt, Mahbube Djan?«
    Der Alkohol hatte seine Stimmung verändert und ihn beschwingt. Ich sagte, »Da mir Gott dich geschenkt hat, und du sein Vater bist, möchte ich ihn Enayat-ollah nennen.«
    Er lachte schallend, »Da Gott mich dir geschenkt hat, müßte ich Enayat-ollah heißen…«
    Seine Mutter verdrehte den Hals und sagte angewidert, »Hört auf damit. Laßt diese Mätzchen. Das ist doch kein Spiel. Wo bleibt der Respekt vor dem Alter? Üblicherweise wählen die Älteren den Namen für das Kind. Der Großvater, die Großmutter, irgend jemand.«
    Protestierend erwiderte ich, »Chanum, die Großeltern haben zu ihrer Zeit Geschmack bewiesen und ihren eigenen Kindern Namen gegeben. Jetzt sind wir an der Reihe. Da wir seine Eltern sind, möchten wir ihn Enayat-ollah nennen.«
    Plötzlich schossen ihr die Tränen aus den Augen. Beleidigt verließsie mein Zimmer und den Salon. Sie setzte sich auf die erste Stufe und sagte weinend mit lauter Stimme, »Ich Unglückliche soll angeblich die Großmutter sein. Wie gut haben es die Ammen und Sklavinnen. Mich fragt niemand. Und das ist die Schuld meines eigenen Kindes. Sie brauchen mich nur als Dienerin, zum Einkaufen, Kochen, Abwaschen und Kinder hüten. Das ist mein Lohn. Asche auf mein Haupt, daß mir von Anfang an Unglück beschert war. Seht bloß, wie dieser Zwerg von einem Mädchen sich aufführt!…«
    Rahim und ich sahen einander verwundert an. »Wohin gehst du, Rahim? Fang um Gottes willen keinen Streit an. Mir geht’s nicht gut.«
    Er antwortete nicht. Ich hörte seine Stimme vom Eiwan, »Was soll dieses Theater? Willst du dir eine Lungenentzündung holen und mir Ärger machen?«
    Weinend antwortete sie, »Hab keine Angst, ich mach dir keinen Ärger. Ich werde dich in Ruhe lassen. Tut es dir leid? Würdest du mich wirklich als deine Mutter betrachten, würdest du mir mehr Achtung entgegenbringen.«
    »Was meinst du damit? Willst du selber einen Namen aussuchen?«
    »Nein, ich werde mich hüten. Was habe ich mich einzumischen? Ich darf nur seine Windeln waschen.«
    »Ich sagte, sag, was für einen Namen du dir wünschst?«
    »Welchen Namen? Den Namen deines Vaters, Almass Chan.«
    »Gut, dann nenn ihn Almass. Da gibt’s doch nichts zu flennen.«
    Schweigen breitete sich aus. Die Tränen meiner Schwiegermutter waren versiegt. Mir sank das Herz in die Knie. Das Gesicht von Almass, dem schwarzen Eunuchen meiner Großmutter mit seiner fülligen und fleischigen Gestalt, kam mir in den Sinn.
    Rahim betrat das Zimmer. Er schloß die Tür und sagte, »Eine erwachsene Frau! Was für einen Aufstand sie wegen eines Namens veranstaltet! Hätte sie doch von Anfang an gesagt, daß sie ihn Almass nennen will, und Ruhe gegeben.«
    Flehend sagte ich, »Rahim Djan, Almass ist der Name von schwarzen Dienern! Es war der Name des Eunuchen meiner Großmutter. Ich mag ihn nicht.«
    Ärger und Zorn heuchelnd sagte er, »Fängst du jetzt auch damit an? Ein Name ist ein Name. Ist denn ein schwarzer Diener keinMensch? Wenn du ihn nicht Almass nennst, schmollt meine Mutter und geht. Dann sitzen wir in der Patsche.«
    »Warum regst du dich denn so auf? Ich habe nur…«
    »Du machst mich wütend. Für nichts und wieder nichts. Ständig suchst du nach irgendeinem Vorwand. Jetzt hat meine Mutter einmal etwas gesagt. Hat uns um etwas gebeten. Sieh bloß, was für einen Aufruhr du veranstaltest!« Beleidigt verließ er das Zimmer und schlief jene Nacht im Salon.
    Wir

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