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Der müde Bulle

Der müde Bulle

Titel: Der müde Bulle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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sahen Sie nach rechts, wo ganz deutlich Beweisstück Nummer zwei zu erkennen war, die Papiertüte mit ein paar Gramm Marihuana?«
    »Jawohl.«
    »Ich habe keine weiteren Fragen an diesen Zeugen«, schloß der Verteidiger, während mir allmählich Bedenken kamen, da er mich ins Kreuzverhör genommen hatte, als wäre er der Staatsanwalt und nicht der Verteidiger. Aber indem er mir die Gelegenheit geboten hatte, das Ganze noch einmal zu erzählen, arbeitete er letztlich uns in die Hände.
    Na ja, was soll's, dachte ich, als die Richterin sagte: »Sie können sich wieder setzen.«
    Ich nahm wieder Platz, und der Staatsanwalt beantwortete meinen fragenden Blick lediglich mit einem Achselzucken.
    »Vernehmen Sie nun Ihren nächsten Zeugen«, forderte die Richterin den Staatsanwalt auf und nahm einen Schluck Wasser, während der Gerichtsdiener hinausging, um Homer Downey zu holen. Homer war so mager, daß sich der Zwickel seiner Hose in der Höhe der Knie befand, als er in den Zeugenstand schlurfte. Er trug zu diesem Anlaß ein schmutziges weißes Hemd und eine ausgefranste Krawatte. Die Schuppen auf seinem Jackenkragen waren sogar von meinem Platz aus zu sehen. Sein Gesicht war ungefähr so gelb und verbeult wie eine Käsepizza.
    Er gab seinen Namen und die Adresse des Hotel Orchid an und erklärte, er würde dort seit drei Jahren als Geschäftsführer arbeiten. Dann fragte ihn der Staatsanwalt, ob ich mich am Tag der Verhaftung an ihn gewandt, mir von ihm das Gästebuch zeigen und den Zweitschlüssel hätte geben lassen und ob er etwa zehn Minuten später in das Zimmer des Angeklagten gekommen wäre und mich dort mit dem verhafteten Angeklagten gesehen hätte. Danach wollte der Staatsanwalt wissen, wie lange der Angeklagte dort gewohnt, ob Homer das Zimmer an den Angeklagten und nur an den Angeklagten vermietet hätte und ob all die bezeugten Geschehnisse in der City und im County von Los Angeles stattgefunden hätten. Da Homer ganz gut reden konnte und ebenfalls einen höchst aufrichtigen Eindruck erweckte, war die Sache nach wenigen Minuten erledigt.
    Als das Verhör zu Ende war, erhob sich der Verteidiger und begann wie in den Perry-Mason-Filmen auf und ab zu gehen, worauf ihn die Richterin aufforderte: »Setzen Sie sich bitte.« Er entschuldigte sich und nahm wie in einem richtigen Gerichtssaal wieder Platz, wo sich die Anwälte den Zeugen nur nähern dürfen, wenn ihnen der Richter dazu die Genehmigung erteilt hat, und wo für diese Theatralik kein Platz ist.
    »Mr. Downey, Sie haben ausgesagt, Officer Morgan hätte sich von Ihnen das Gästebuch zeigen lassen, als er an besagtem Tag zu Ihnen kam. Ist das richtig?«
    »Ja.«
    »Hat er Sie gefragt, wer in drei-neunzehn wohnte?«
    »Nein, er wollte nur das Gästebuch sehen.«
    »Wissen Sie noch, welcher Name für dieses Zimmer ins Gästebuch eingetragen war?«
    »Natürlich. Seiner.« Downey deutete auf Landry, der erbost zurückstarrte.
    »Meinen Sie damit den Angeklagten? Den Mann zu meiner Rechten?«
    »Ja.«
    »Und wie heißt dieser Mann?«
    »Timothy C. Landowne.«
    »Würden Sie seinen Namen bitte wiederholen und buchstabieren?«
    Mein Herz fing heftig zu klopfen an, der Schweiß brach mir aus, und ich sagte mir: Nein, das darf doch nicht wahr sein!
    »Timothy C. Landowne. T-I-M …«
    »Buchstabieren Sie bitte nur den Nachnamen«, sagte der Verteidiger lächelnd, während mir halb übel wurde.
    »Landowne. L-A-N-D-O-W-N-E.«
    »Und der Anfangsbuchstabe in der Mitte war C wie Charlie?«
    »Ja.«
    »Sind Sie sicher, daß Sie sich nicht täuschen?«
    »Natürlich bin ich mir sicher. Er wohnt ja jetzt schon an die vier bis fünf Monate im Hotel. Und letztes Jahr hat er auch ein paar Monate da gewohnt.«
    »Haben Sie je den Namen Timothy G. Landry im Gästebuch des Hotels gesehen? L-A-N-D-R-Y?«
    »Nein.«
    »Ist Ihnen dieser Name sonst irgendwie bekannt?«
    »Nein.«
    Ich konnte förmlich spüren, wie sich der Staatsanwalt neben mir verkrampfte, als er schließlich begriff, was hier gespielt wurde.
    »Haben Sie Officer Morgan gesagt, der Mann in dreineunzehn hieße Timothy G. Landry?«
    »Nein, natürlich nicht, weil das ja auch, so weit ich informiert bin, gar nicht sein Name ist und ich diesen Namen heute zum erstenmal höre.«
    Der Verteidiger nickte Homer freundlich zu. »Vielen Dank, Mr. Downey.«
    Ich konnte mir bestens vorstellen, wie Landry jetzt mit seinen Haifischzähnen grinste, während ich fieberhaft nachdachte, mit was für einem Lügenmärchen ich

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