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Der müde Bulle

Der müde Bulle

Titel: Der müde Bulle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Konferenzraum hin und her rennen und beglückwünschte Yasser im stillen zu seinen Söhnen. Alle hatten es zu etwas gebracht, und nun arbeitete der jüngste im Geschäft mit. Die arabische Musik zog sanft durch den Raum und vermischte sich mit dem Essensgeruch, so daß mir richtig wohlig zumute wurde. In etwa einer Stunde würde die Musikgruppe auftreten. Drei Armenier sollten die Bauchtänzerin begleiten, auf die ich schon gespannt war. Ahmed ging bei der Wahl seiner Tänzerinnen nach strengsten Kriterien vor.
    »Alles in Ordnung, Bumper?« rief Ahmed in seinem arabischen Akzent zu mir herüber, da ihn andere Gäste hören konnten.
    »Aber sicher«, antwortete ich grinsend, während er bereits wieder in der Küche verschwand.
    Ich fing langsam an, mich im Rhythmus der sinnlichen Trommeln mitzuwiegen und besser und besser zu fühlen. Dabei betrachtete ich die Teppiche an den Wänden und die anderen Dekorationsstücke – Wasserpfeifen, mit denen die Jungen inzwischen Gras rauchten, und die Krummsäbel, die außer Reichweite angebracht waren, damit kein Betrunkener auf die Idee kam, damit einen kleinen Säbeltanz zu veranstalten. Abds Harem war wirklich ein tolles Lokal, dachte ich. Eine richtige Oase inmitten dieses sonst so hysterisch aufgeplusterten Teils von Hollywood, der mir in seinem unechten Glanz widerlich war.
    Ich sah, daß an diesem Abend Khalid, einer von Yassers Brüdern, an der Bar aushalf. Ich machte mich bereits darauf gefaßt, mit einem weiteren haarigen Kuß begrüßt zu werden, sobald er auf mich aufmerksam wurde.
    »Sind Sie bereit, Bumper?« Mit einem netten Lächeln schob Barbara ein Wägelchen an meinen Tisch.
    »Aber selbstverständlich!« Ich ließ meine Blicke über die Teller mit gebackenem Kibbi, Kibbi mit Joghurt, gefüllten Weinblättern und einem kleinen Shish-kebab- Spieß gleiten.
    »Yasser meinte, Sie sollten sich noch etwas Platz für die Nachspeise aufsparen«, verkündete Barbara, bevor sie sich wieder von meinem Tisch entfernte. In Augenblicken wie diesem konnte ich an nichts anderes mehr denken als an das Essen vor mir, und ich versuchte mir ernsthaft einzuschärfen, mir damit Zeit zu lassen und es wirklich zu genießen. Das galt vor allem für die gefüllten Weinblätter, die eine Überraschung für mich waren, da Yasser sie nicht jeden Abend machte. Ich schmeckte die aromatische Minze aus dem Joghurt heraus, den ich über die mit Lammfleisch, Reis, Petersilie und Gewürzen gefüllten Weinblätter goß. Und dazu gab Yasser dann noch die für meinen Geschmack genau richtige Menge Zitronensaft.
    Nach einer Weile kam Barbara wieder an meinen Tisch, wo ich, mit mir und der Welt zufrieden, genüßlich meinen Wein trank.
    »Wie wär's mit einem kleinen Nachtisch, Bumper? Baklawa?«
    »Bitte nicht, Barbara!« Ich hob flehend die Hände. »Bitte kein Baklawa! Sonst platze ich wirklich noch.«
    Sie lachte. »Na gut. Yasser hat aber was anderes für Sie etwas ganz Besonderes. Dafür werden Sie sicher noch ein bißchen Platz haben.«
    »Bitte nicht!« jammerte ich, während sie das Wägelchen mit den leeren Tellern davonrollte.
    Die Araber waren so gastfreundlich, und es machte ihnen solchen Spaß, mir beim Essen zuzusehen, daß mir nichts schwerer gefallen wäre, als die Früchte ihrer Arbeit zurückzuweisen. Mein Bauch wölbte sich inzwischen so weit vor, daß ich meinen Stuhl fünf Zentimeter zurückschieben mußte, und mein Hemd war zum Zerreißen angespannt.
    Ein paar Minuten später kam Barbara mit einem riesigen Eisbecher zurück.
    »Moosh moosh!« fuhr ich auf. »Es ist sicher schon ein Jahr her, daß ich das letztemal Moosh moosh hatte.«
    Barbara lächelte. »Yasser hat gemeint, Allah hätte Sie heute abend gesandt, da er Ihren Lieblingsnachtisch gemacht und an Sie gedacht hätte.«
    »Moosh moosh!« wiederholte ich noch einmal und schüttelte den Kopf, als Barbara wieder ging. Dann nahm ich einen Löffel voll und ließ ihn auf meiner Zunge zergehen, so daß ich den unverkennbaren Geschmack von Aprikosen und Zitronenschale an meinem Gaumen spürte. Dabei mußte ich daran denken, wie Yassers Frau Yasmine die Aprikosen, die geriebenen Zitronenschalen und den Zucker vermischte und unter dieses Püree dann die geschlagene Sahne zog, bevor das Ganze kaltgestellt wurde. Sie alle wußten, daß ich nichts lieber mochte als Moosh moosh. Und so blieb es auch nicht bei diesem ersten Becher. Ich aß noch zwei weitere, worauf ich wirklich am Ende war. Barbara räumte zum letztenmal den

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